Das Versprechen der Kurtisane
den nur sie beide verstanden.) »Mein Anteil muss auf Sie übergegangen sein. Ich hoffe, Sie werden sich daran erinnern, wenn Sie mich morgen auf der Straße betteln sehen!«
Morgen
,
heute
–
huit
. Gütiger Gott, acht Jetons! Hundertsechzig Pfund.
Doch er tat, was sie wollte, und ließ sie ab und zu wie versehentlich in seine Karten gucken, damit sie ihr weiteres Vorgehen planen konnte. Er achtete auf Hinweise, ob er kaufen oder stehenbleiben sollte, und wog sie gegen sein eigenes Verständnis des Spiels ab. Fünfzehn gegen die offenen neun des Bankiers; auch wenn sie nicht Daumen und Zeigefinger zusammengelegt hätte, wäre ihm klar gewesen, dass er kaufen musste. Ein Paar Zehnen gegen eine Sieben, da wäre er natürlich stehengeblieben, ob sie mit ihrem Armband spielte oder nicht.
Er gewann nicht jede Runde. Selbst, wenn die Aussichten gut standen, bekam er manchmal eine schlechte Karte oder sah den Bankier eine gute ziehen. Dann bildete er sich ein, zu spüren, wie sie ihn stumm beschwor, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Ihre Zuversicht umgab ihn wie eine Mauer, gegen die er sich lehnen konnte. Nicht, dass er das jetzt noch gebraucht hätte. Trotz gelegentlicher Verluste tendierte das Spiel eindeutig zu seinen Gunsten. Er zuckte bloß die Schultern und gab dümmliche Kommentare darüber ab, wie wichtig es war, ein guter Verlierer zu sein. Und wartete auf ihre nächste verschlüsselte Anweisung.
Der Teufel wusste, wie viel Zeit vergangen war, als sie beide Hände hob, um ihre Frisur zu richten. Das Schlusssignal. Er hatte zwei Runden hintereinander verloren – zum Glück mit moderaten Einsätzen – und sie hatte offenbar beschlossen, dass die Zusammensetzung des Stoßes nicht nach ihrem Geschmack war.
Ein Teil von ihm wollte sich weigern und einfach sitzen bleiben. Er verspürte ein rares Glücksgefühl dabei, in stummer Eintracht mit einer Frau zusammenzuarbeiten, ihr gemeinsames Ziel allen Anwesenden verborgen, ihr Bewusstsein füreinander geschärft durch die Heimlichkeit ihrer Verbindung.
Die andere Hälfte war nur allzu bereit, zu gehen. Je früher sie von diesem Tisch aufstanden, desto früher durften sie einander wieder kennen und ihren Erfolg feiern. Er stopfte sich die Jetons mit vollen Händen in die Taschen und empfahl sich, um sich seinen Gewinn von über tausend Pfund auszahlen zu lassen.
Eintausendeinhundertzweiundsechzig Pfund. Auch mit den achtunddreißig, die sie verspielt hatte, und den vierzig, die er beim Baccara vergeudet hatte, war es ein glorreicher, glorreicher Anfang.
Lydia stahl sich aus dem Spielsalon und schritt den Korridor entlang. Sie war noch eine halbe Stunde geblieben, nachdem er gegangen war, um mit Mr Keller zu flirten – ein angenehmer, harmloser Geselle, der ihre Aufmerksamkeit und ihre Schmeicheleien genoss, sich mehr aber nicht leisten konnte – und um sicherzugehen, dass niemand auf den Gedanken kam, ihren und Mr Blackshears Aufbruch miteinander in Verbindung zu bringen.
Mr Blackshear war wunderbar gewesen! Nach ihrem Tête-à-Tête hatte sie schon befürchtet, er habe doch nicht die Nerven für ein solches Unterfangen. Aber dann war er eine wahre Mauer gewesen. Ein Felsen. Verluste von hundert und zweihundert Pfund hatte er mit einem Schulterzucken abgetan wie ein Hengst, der eine lästige Mücke loswerden wollte, und er hatte prächtig dabei ausgesehen! Das würde sie ihm auch sagen, in etwas schicklicheren Worten. Sie würde seine ruhige Entschlossenheit loben und lachend bemerken, dass er seinen Reitmantel ruhig öfter tragen sollte und vielleicht sogar über eine romantische Langhaarfrisur nachdenken konnte.
Dunkler und dunkler wurde es, als sie sich vom Spielsalon entfernte. Als sie um die Ecke bog, konnte sie kaum mehr etwas sehen. Sie spürte ihn jedoch, seine warme, kräftige Anwesenheit irgendwo vor sich, und dann spürte sie ihn ohne jeden Zweifel, als seine Hände hervorschossen und sie in die Dunkelheit zogen.
Er fasste sie an der Taille und wirbelte sie herum, ebenso ausgelassen wie sie. Sie legte die Hände auf seine Schultern, fest und kräftig unter seinem Mantel, und biss die Zähne zusammen, um nicht laut zu jubeln. Münzen klimperten fröhlich durch das Retikül an ihrem Handgelenk, und auch in seinen Manteltaschen, die passende Musik zu ihrem improvisierten Freudentanz. Ganz unerwartet hatte sie hier etwas Neues mit einem Mann kennengelernt, die keusche Zusammenkunft von Körper, Geist und Verstand, eine Freude, die sie
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