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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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sich zitternd ab, als sei sie eine Spinne, der er ins seidene Netz gegangen war. »Hör auf.«
    Ihre Hand fiel herunter. Ihre Haut sehnte sich bereits jetzt schmerzhaft nach seiner Berührung. Was war nur mit ihr geschehen? Vor einem Monat hatte sie sich wenigstens noch flüchtig geschämt, als sie seine Schwester für eine Dame gehalten hatte, der er den Hof machte. Jetzt war ihr alles egal. Sie wollte ihn besitzen, und alle Frauen Camden Towns zusammen konnten sie nicht davon abhalten.
    Das konnte nur er.
    »Es tut mir leid.« Seine Stimme zitterte. Er lehnte an der Wand, eine Armeslänge entfernt und das Gesicht abgewandt, dem Klang nach zu urteilen. »Lydia, es tut mir leid. Das will ich nicht.«
    Mitleid glomm in ihr auf, doch sie nährte die Flamme nicht. Das entsprach nicht ihrer Art. Bitterkeit kroch durch ihre Adern, kopflose Lust bemächtigte sich ihrer, und zahllose unterdrückte Wutfetzen füllten den Hohlraum, in dem das warme Herz einer Frau hätte sein sollen.
    Das will ich nicht
, hatte er gesagt.
    Als ob sie nicht gerade den Gegenbeweis in der Hand gehalten hätte.
    »Aha.« Wie ein Eiszapfen hing Lydias Stimme zwischen ihnen, kalt und zerbrechlich zugleich. »Meinen Glückwunsch, dann bist du ein hervorragender Schauspieler.«
    Als wenn er sich nicht schon mies genug gefühlt hätte. »Du weißt genau, was ich meine! Ich habe doch schon zugegeben, dass ich dich will. Aber …« Verdammt, konnte sie es denn nicht verstehen? »Ich möchte besser sein als das. Ich möchte kein Mann sein, der es im Korridor einer Spielhölle mit der Frau eines anderen treibt.«
    »Na, hoffentlich kannst du mir nachsehen, dass ich dich für so einen Mann gehalten habe.« Jetzt hatte der Eiszapfen eine tödliche Spitze. »Die Sache mit deinem Mund an meiner Brust war ein wenig verwirrend.«
    Verwirrend
war gar kein Ausdruck. Verblüffend, atemberaubend, überwältigend, elektrisierend. Zeit seines Lebens würde er sich daran erinnern, wie sie sich ihm auf Zehenspitzen entgegengestreckt hatte. Sie hatte genau gewusst, was sie wollte, und sich nicht geschämt, es zu verlangen.
    Zur Hölle! Warum konnte er es nicht einfach tun? Warum konnte er nicht nehmen, was sie geben wollte, und geben, was sie haben wollte, und der Lust die Verantwortung dafür überlassen?
    Weil er gesagt hatte, dass er es nicht tun würde.
Ich will nicht bloß ein weiterer Rüpel sein, der dich benutzen will
, hatte er gesagt, und sie hatte begonnen, ihm zu vertrauen. Und, verdammt noch mal, ihr Vertrauen bedeutete ihm etwas, und das sollte sie wissen. Er tastete vorsichtig nach dem Hosenknopf, den sie geöffnet hatte, und knöpfte ihn wieder zu. »Der Fehler liegt ganz allein bei mir. Es war falsch, damit anzufangen, und entsetzlich falsch, es so weit kommen zu lassen. Ich habe uns beide entehrt.«
    »Du kannst mich gar nicht entehren!«
    Zum Teufel mit ihm. Jeder ihrer Hiebe machte ihn nur noch steifer, machte es ihm noch schwerer, sie nicht in die Arme zu nehmen und ihre Wut in gleißende Leidenschaft zu verwandeln. »Du hast recht, Lydia.« Stattdessen musste er sie besänftigen. »Es tut mir leid.«
    »Das sagtest du bereits. Du sagtest auch, dass wir kein Wort hierüber verlieren würden. Ich dachte, du würdest zu deinem Wort stehen.«
    Ein bitteres Lachen ergriff ihn wie ein Hustenanfall, er konnte nichts dagegen tun. »Das war ein entscheidender Fehler deinerseits, fürchte ich.«
    »Ich habe nichts mehr zu sagen.« Immer leiser und frostiger wurde ihre Stimme. Er hörte das Rascheln von Seide. Vermutlich knöpfte sie ihr Überkleid wieder zu. »Ich hole meinen Mantel.«
    »Warte.« Seine Hand schoss an ihren Arm, der noch genauso weich war, wie er ihn in Erinnerung hatte. »Das geht nicht. Ich habe dich …« Gott, konnte es noch grausamer werden? »Du bist nicht präsentabel. Ich hole dir den Mantel.«
    Sie entwand sich seinem Griff. »Glauben Sie mir, Mr Blackshear, ich habe schlimmere Demütigungen erlitten als eine feuchte Stelle auf der Brust.« Wieder raschelte Seide, und dann das gedämpfte Klimpern von Münzen – sie hatte das Retikül aufgehoben. »Sparen Sie sich Ihr schlechtes Gewissen für Ihre gröberen Vergehen.«
    Ihre Worte trafen ihn wie der Kugelhagel eines Exekutionskommandos. Sie wusste es nicht. Sie konnte es nicht wissen. Doch einen Augenblick lang klang sie in der Dunkelheit wie die Inkarnation seiner unermüdlichen Selbstanklage. Auf seinem Gewissen lasteten in der Tat so grobe Vergehen, dass sie eigentlich jede

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