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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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ausgewählten Mätressen hatte Will mehrere neue Damen entdeckt, die engagiert worden waren, sich um die unversorgten männlichen Gäste zu kümmern. Er hatte sich am Abend zuvor eine volle Minute lang in der Bibliothek mit einer von ihnen unterhalten, bis er verstanden hatte, was sie ihm anbot.
    »Wenn ich so leicht aufgeben würde, wäre ich nicht lebendig vom Kontinent zurückgekehrt. Das gestern war doch nur Übung. Heute mache ich Ernst.« Von Frauen sagte er nichts. Er war nah dran, einer Frau wegen die Wände hochzugehen, er kochte fast über vor Wut über die Ungeheuerlichkeiten, die sie ertragen hatte, und über die Machtlosigkeit, mit der er ihnen gegenüberstand. Was er wollte, war Ablenkung, und das nicht durch eine Frau.
    »Na, das werden wir ja dann sehen.« Der Viscount rieb sich die Finger. »Fünf Pfund, dass meine erste Kugel näher an die Bande kommt als deine.«
    Zehn Minuten später hatten sie einen Tisch, und Will hatte etwas, worauf er seine Gedanken richten konnte. Bei Billard zahlte Übung sich aus: Will bemerkte, dass er längst nicht mehr so eingerostet war wie am Vorabend. Cathcart gewann die fünf Pfund, doch Will gewann das Spiel.
    Es war eine Kunst, oder vielleicht eine Wissenschaft, vielleicht auch beides. Kunst lag ohne Zweifel im Glänzen der Elfenbeinkugeln, in der geschmeidigen Armführung, im Klacken der zusammenprallenden Kugeln und in ihrem gedämpften Aufprall auf die Bande. Und Wissenschaft, keine Frage, in den unsichtbaren Linien, die der Spieler vom Spielball zum Objektball, von Spielball zur Bande, vom Objektball zum Loch und vom Objektball zum gegnerischen Spielball zog, bis ein imaginäres Spinnennetz von Linien und Winkeln die sechs mal zwölf Fuß grünen Tuchs überzog.
    Dieser Aspekt würde ihr gefallen. Ob sie Billard spielte? Ja, so konnte er ruhiger an sie denken. Bestimmt wäre sie eine Spielerin, die die Lage auf dem Tisch analysierte und Möglichkeiten erkannte, nicht bloß für den nächsten Stoß, sondern vier oder fünf Runden im Voraus.
    Jetzt, da sie wieder miteinander sprachen, könnte er ja versuchen, sie an einem ruhigen Nachmittag zu einer Partie zu überreden, wenn die Tische frei waren. Falls sie noch nie gespielt hatte, könnte er ihr zeigen, wie man den Queue hielt, die Arme vorsichtig von hinten um sie haltend, den Körper einen Zentimeter von ihrem entfernt, um sie nicht zu berühren …
    »Schön!« Er blickte auf und sah, dass Roanoke ihnen von der Wand aus zusah. Er hatte seine Weste abgelegt und hielt ein Glas Rum in der Hand. Cathcart und Will waren in ihrem dritten Spiel – beziehungsweise hatte er das dritte Spiel soeben gewonnen, indem er die rote Kugel in der mittleren rechten Tasche versenkt hatte, Cathcarts Spielball in der oberen rechten und seinen eigenen über die Bande in der mittleren linken. Zehn Punkte mit einem Stoß. Wirklich schön, das konnte man nicht anders sagen.
    »Ach was, das war ein Glückstreffer!« Der Viscount hatte sich die Pfeife angezündet und sprach mit dem Mundstück zwischen den Zähnen. »Jedem Erbsenhirn kann es mal passieren, dass die Bälle zufällig richtig liegen. Sie hätten ihn mal gestern Abend sehen sollen!«
    »Das war nur Übung, wie gesagt.« Will ging um den Tisch herum und fischte die Kugel aus der linken Tasche. »Ich hatte eine Weile nicht gespielt. Jetzt bekomme ich das Spiel langsam wieder in den Griff.«
    »Ja, der richtige Griff macht viel aus.« Roanoke stand ihm jetzt genau gegenüber und kniff leicht die Augen zusammen, wie um Wills Können einzuschätzen. Eine wohlplatzierte Kugel würde ihm die Nase brechen. Wenn er sich Mühe gab, könnte er die Kugel nach dem Aufprall sogar im Rumglas lochen. Das wären drei Punkte … »Sie spielen öfter?«
    »Gelegentlich.« Roanokes Stimme stachelte ihn zu allen möglichen unüberlegten Dummheiten an.
Letztens habe ich ein wenig mit deiner Frau gespielt. Frag sie doch mal, wie sie meinen Griff findet …
Er biss sich auf die Zunge und rollte die Bälle über den Tisch. »In den letzten Jahren habe ich allerdings gar nicht gespielt.«
    »Ich schon.« Cathcart ging zum Kopffeld zurück, ließ die rechte Hand kreisen und streckte gemächlich die Finger aus. »Wir haben früher im College zusammengespielt, und ich habe danach weitergemacht.«
    »Dann müssen wir ein Match spielen!« Mussten sie es ihm in brennenden Lettern vor Augen führen, bis der arrogante Aufschneider merkte, dass seine Gesellschaft unerwünscht war? Er nickte, als sei es

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