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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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im Stiefel. Wie eine große Handvoll Schnee, die ihm über den Kopf gestülpt worden war und jetzt langsam schmelzend an ihm hinunterlief, hatte ihn, kaum dass er das Billardzimmer verlassen hatte, das ungute Gefühl beschlichen, dass er vielleicht einen Fehler gemacht hatte.
    Wenigstens nicht den größten Fehler deines Lebens.
Sein Mundwinkel zuckte und ein bitteres Lachen drohte von einem rebellischen Ort in seinem Inneren aus hervorzubrechen. Zum Teufel mit ehrenwerten Absichten. Würde er es denn nie lernen? Er wollte immer Gutes tun, und jedes Mal führte es zu einer heillosen Katastrophe.
    Er hörte Schritte im Flur – zu viele Schritte – und eine Erinnerung durchzuckte ihn, bevor sein Gehirn sie ausschließen konnte. Die erste Nacht im
Beecham’s
, seine Zuflucht in der Bibliothek, und die Schritte, die ihn aufgeschreckt hatten, schwere und leichtere. Sie kam also nicht allein. Das verhieß vielleicht nichts Gutes.
    Tat es auch nicht. Als sie im Türrahmen erschien, war Roanoke an ihrer Seite und hielt sie am Ellbogen, wie um sie an der Flucht zu hindern. Sie trug nur Nachtwäsche und einen Morgenmantel, Halbstiefel in einer Hand und einen Stapel Kleidung, vermutlich für morgen, unter dem anderen Arm. Ihr Haar hing in Zöpfen auf ihren Rücken.
    Verflucht. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie halbnackt durchs Haus gezerrt werden würde. Stocksteif stand sie da und starrte geradeaus, ausdrucksloser denn je.
    »So, ich habe sie abgeliefert.« Kieferknochens Gesicht war ebenfalls ausdruckslos. »Für mehr kann ich nicht garantieren.« Tatsächlich umgab seine Mätresse Widerwille wie Nebel ein Moor. Selbst ein so begriffsstutziger Mann wie Roanoke konnte das nicht übersehen.
    »Gut.« Will nickte knapp, blieb aber, wo er war. »Den Rest schaffe ich schon.«
    »Viel Glück.« Er schob Miss Slaughter ein paar Schritte weiter über die Schwelle. »Aber schicken Sie sie ja nicht zurück, wenn Sie Ihnen nicht zusagt. Ich habe den Platz in meinem Bett heute Nacht anderweitig vergeben.«
    Will fühlte sich, als versinke er im Morast wie ein Stiefel. Der Flegel hatte eine der anderen Kurtisanen engagiert. Verflucht sei seine mangelnde Weitsicht. Auf diese Möglichkeit war er gar nicht gekommen, und schon gar nicht auf die Idee, dass Roanoke es vor Miss Slaughter verkünden würde.
    Sie stand noch immer genau dort, wo er sie hingeschoben hatte, und gab keinerlei Antwort. Sie sah so aus, wie sie vermutlich ausgesehen hätte, wenn man sie an den Pranger gestellt hätte: weder beschämt noch trotzig, sondern bewusst abwesend, alle Empfindsamkeiten enger und enger verschnürt, bis sie überhaupt nichts mehr zu spüren brauchte. Wenn die Menge begann, sie mit verfaulten Äpfeln zu bewerfen, würden diese von einer leeren Hülle abprallen.
    »Schließen Sie bitte die Tür hinter sich.« Er würdigte Roanoke keines Blickes mehr.
    Die Tür klickte und Miss Slaughter erwachte zum Leben. Entschlossen schritt sie zur Fensterbank hinüber und ließ Schuhe und Kleidung fallen. »Haben wir’s uns anders überlegt, ja?« Ihr Tonfall hätte Milch sauer werden lassen.
    »Es tut mir so leid, Lydia!« Er machte ein, zwei Schritte auf sie zu; weiterzugehen hätte sich anmaßend angefühlt. »Glaub mir, ich hatte keine Ahnung, dass ich ihn zu so grobem Verrat anspornen würde.«
    »Ich bin nicht so naiv, zu glauben, dass es das erste Mal ist.« Sie wandte ihm noch immer den Rücken zu. »Ich weiß nicht, was er dir versprochen hat, aber ich fühle mich an kein Versprechen gebunden. Er hatte nicht das Recht, mich zu verschachern.«
    »Das hat er auch nicht. Ich habe die Wette vorgeschlagen.«
    Sie wandte sich halb um, sodass er ihr Profil sehen konnte. »Was zum Teufel sollte dann der ganze Unsinn heute Morgen? Ist das deine Vorstellung davon, wie man das Vertrauen einer Dame gewinnt? Oder hast du den Plan völlig aufgegeben und beschlossen, dich doch mit einem kleinen Techtelmechtel zufriedenzugeben?«
    »Traust du mir so etwas wirklich zu?« Er machte noch ein paar Schritte auf das Fenster zu, um in ihrem Blickfeld zu sein. »Glaubst du,
das
ist mein Dank für das, was du mir heute Morgen erzählt hast?«
    »Ich weiß nicht mehr,
was
ich noch glauben soll!« Sie wandte sich wieder dem Fenster zu. »Ich bin über Nacht in deinem Schlafzimmer, wegen einer Wette, die auf deinem Mist gewachsen ist. Sag mir, wie ich das zu deuten habe!«
    Er legte eine Hand auf die Lehne eines Sessels und fuhr sich mit der anderen durchs Haar. »Ich

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