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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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wusste. Dass es sich um einen äußerst bedeutenden Beamten handelte und Dan schon von irgendwoher sein Gesicht kannte. Wie allerdings sollte er es anstellen, dieses Gesicht in ein Muster einzuordnen und seinen Platz zu finden in seiner „Kartei“?
    Und dann kam ihm bereits eine Idee. Autos wurden im Fall von Zivilisten damals nämlich nur Ärzten zugeteilt und außer ihnen nur noch Trägern des Ordens der Arbeit, und das nur solchen in wirtschaftlich wichtigen Positionen. Also ein wirklich hochgestellter Beamter: wahrscheinlich der Direktor von einem der großen Brünner Betriebe.
    Und dann wusste er schon, welche Stelle er aufsuchen musste. In der Jezuitská ulice befand sich der Staatliche Filmverleih. Verliehen wurden Filme ausnahmslos nur an sozialistische Organisationen und Werksklubs. Aber auch die Fleischer und Wurstmacher hatten ihren Arbeiterwerksklub, und kulturelle Initiativen seiner Mitglieder waren, wie wenigstens behauptet wurde, willkommen. Und so versammelten sich am Vorabend des Geburtstages irgendeines kommunistischen Staatsmannes (kulturelle Aktionen standen unter der Schirmherrschaft von Jubiläen) die Fleischer und Wurstmacher des Ersten Stadtbezirks aufDans Initiative in ihrem Klubkino. Und nahmen dort Platz unter dem handgemalten Lenin-Motto „Von allen Künsten ist die Filmkunst für uns die wichtigste“. Die vom Blut unserer tierischen Brüder und Schwestern getränkten Hände lagen in ihrem Schoß, um auf diese Weise dort etwaige spontane Aufstände diskret zu verbergen, wenn sie Adina Mandlová oder Lída Baarová auf der Leinwand erblicken würden, wie ihnen womöglich verheißen worden war. Aber Versprechungen sind Futter für Narren. Das Zelluloidmenü bestand diesmal nämlich nur aus den drei Wochenschauen zum 1. Mai der Jahre 1949 bis 1951. Schon bei den ersten zwei verkrümelten sich die Fleischer und Wurstmacher leise, sodass bei der dritten nur der Feuerwehrmann beim Eingang, der Vorführer in seiner Kabine und Dan Kočí im Zuschauerraum des Klubkinos zurückgeblieben waren. Dan war dabei überzeugt, er würde im Brünner 1.-Mai-Umzug alle Direktoren der Brünner Fabriken an der Spitze ihrer Betriebsdelegationen marschieren sehen. Das sah er dann zwar auch, aber die wirkliche Überraschung erwartete ihn erst ein Weilchen später. Und zwar, als die Umzüge bis zum Platz der Roten Armee gepilgert waren. Dort, auf der Festtribüne vor dem Denkmal des Rotarmisten, stieß Dan auf seinen Mann. Hier nämlich hielt dieser als Sekretär des KPTsch-Stadtausschusses vor Genossinnen und Genossen eine Rede. Und Dan, der die Politik stets angeekelt an den äußersten Rand seiner Wahrnehmung verbannt hatte (für Politiker hatte er keinen Platz in seiner „Kartei“), fand sich jetzt schwer damit ab, mit diesem Individuum von der Maitribüne künftig ein wenig Sherlock Holmes spielen zu müssen.
    Er suchte sich im Telefonbuch die Adresse des Parteisekretärs heraus (anfangs der Fünfzigerjahre waren ihre Adressen noch öffentliches Eigentum der Werktätigen), wusste dabei jedoch schon, dass er in der nächsten Woche nicht in der Hybešova, vor der Wohnung von Radeks Frau, sondern im Jirásek-Viertel, vor der Villa des Sekretärs, auf diesen warten würde. Er rechnete sich aus, wann das Auto mit der Liebesfracht dort auftauchen würde, und fuhr am betreffenden Tag mit der Straßenbahn zum Platz des Friedens, und von dort war es nur noch ein Katzensprung in die Havlíčkova ulice, vor die (vermutlich von Architekt Ernst Wiesner gebaute) funktionalistische Villa.
    Zu seiner Überraschung jedoch stellte er fest, dass ihm schon jemand zuvorgekommen war. Und dass das keine auf die Sicherheit eines namhaften Apparatschiks bedachte Bonzen-Leibwache war, sondern dass es sich im Gegenteil um Aufpasser handelte, die den Unterschlupf von jemandem bewachten, der offenbar in Ungnade gefallen war oder in den nächsten Tagen in Ungnade fallen würde. Dan konnte das einwandfrei unterscheiden, wie auch nicht, vor allem aber nahm er zur Kenntnis, dass es zwei Stümper, also nur angelernte Kräfte, waren, zumindest was diese Profession betraf. Dan vermutete, dass man sie am ehesten aus den Reihen der Arbeiterschaft angeworben hatte und sie im Gegensatz zu ihm, also Dan, vielleicht mit dem Presslufthammer in Schlackengruben zu arbeiten oder in einer Kokille einen Ingot zu gießen vermochten (der arme Dan wusste nicht einmal, was eine Kokille war, und der Erzähler dieser Geschichte, mit achtzehn kurz auf Brigade

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