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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Tändelei des Sekretärs mit Radeks Frau hätte sehen können, ging er einfach nur von der Sedlákova in die Foustkova und von dort hinunter in den Wilson-, dazumal freilich noch Jirásek-Wald, und suchte eine Weile nach einer geeigneten Stelle. Nachdem er endlich eine gefunden hatte, fegte er mit einem Zweig den kleinen Platz sauber und breitete auch noch ein Taschentuch aus. Dann kniete er sich nieder und platzierte seinenKopf an die Spitze eines von seinen Ellbogen begrenzten gleichschenkeligen Dreiecks. Danach stützte er die Stirn so auf den Boden, dass die ineinander verschränkten Finger eine Kopfstütze bildeten, hob sein Becken hoch und trippelte mit auf die Zehenspitzen gestützten Füßen näher, sodass sich seine Knie dem Rumpf näherten. Daraufhin verlagerte er das Gewicht seines Körpers und den ganzen Schwerpunkt auf Unterarme und Scheitel und hob, sie nach und nach anziehend, die Beine vom Boden, wobei der Kopf wie durch eine Schraube mit der Erde verbunden blieb. Aber da streckte er schon langsam die Beine, bis sie sich, senkrecht zum Boden, mit dem Rumpf in einer geraden Linie befanden.
    Ein indischer Geschäftsmann hatte Dan diese Position schon viele Jahre zuvor beigebracht, als Dan für ihn den angeblichen Selbstmord seines Bruders aufklärte, der sich in Wirklichkeit als Mord herausstellte (es hatte sich um den sogenannten Saphirschlangen-Fall gehandelt, für den wir hier allerdings keine Zeit haben). Und später stellte Dan fest, dass diese dem Yoga-Sirsasana sehr ähnliche Stellung ihm imaginative Einblicke in gerade zu lösende Fälle öffnete, was zwar, denn vor Gericht kommt man damit nicht durch, praktisch nicht verwendbar, aber sicher beachtenswert ist.
    Und so sah Dan auch jetzt nach einigen Minuten in der dem Sirsasana ähnlichen Stellung ziemlich deutlich das Zimmer, in welchem der Parteisekretär gerade vor der mit weit gespreizten Beinen daliegenden Lucie kniete und seinen Kopf in die Spitze ihres dicht behaarten und noch dazu gleichschenkeligen Dreiecks platzierte. Dann hobRadeks Frau, sie langsam anziehend, die Beine senkrecht zu ihrem liegenden Rumpf, und der Sekretär wiederum hob ein wenig sein Becken und trippelte mit den auf die Zehenspitzen gestützten Füßen mit kleinen Schritten so nahe an Lucie heran, dass er mit ihrer Hilfe sein Glied in ihre Muschi schieben konnte. Erst dann verlagerte er das Gewicht und den ganzen Schwerpunkt auf die Unterarme und das Becken, und zwar so, dass der Kopf wie durch eine Schraube mit Lucies Schulter verbunden blieb, in die er sich, das Luder (damit ist der Kopf gemeint), verbiss. Aber da pumpte der Sekretär schon – erst langsam, dann aber immer schneller.
    Und gleich nachdem alles schon abgelaufen war, wie es ablaufen sollte, und der Parteisekretär mit einem Schnaufer zu Ende gepumpt und sich weggewälzt hatte, erhob sich Lucie, schaute auf die Uhr und eilte ins Badezimmer, wo sie duschte, sich anzog und sich vor dem Spiegel zurechtmachte. Dann jedoch erblickte sie auf dem Glasbord einen Augenbrauenstift. Die Frau des Parteisekretärs, jetzt schon die zweite Woche irgendwo in Konstantinsbad weilend, hatte ihn dort vergessen. Lucie griff nach dem Stift und wandte sich plötzlich direkt Dan zu, sah ihm durch jenen imaginativen Einblick direkt in die Augen und machte sich dann auf der Stirn, über der Nasenwurzel, rasch einen schwarzen Punkt, zeigte auf ihn und blinzelte Dan zu, legte den Stift an seinen Platz, und in diesem Augenblick erlosch die Traumleinwand. Ende des Films.
    Und so ließ Dan gemächlich die Beine herab und verlagerte den Schwerpunkt auf seinen ursprünglichen Platz,erhob sich, nahm das Taschentuch, blickte auf die Uhr und eilte schon aus dem Wilson-, dazumal allerdings noch Jirásek-Wald, zurück in die Foustkova und von hier in die Sedlákova. Und an der Ecke der Rudišova begegnete er ihr.
    Sie ging zur Straßenbahn hinunter. Als sie aneinander vorbeikamen, erblickte er aus der Nähe, aus allernächster Nähe, auf ihrer Stirn, über der Nasenwurzel, den schwarzen Punkt. Aber Radeks Frau widmete Dan nicht die geringste Aufmerksamkeit und ging absolut gleichgültig, teilnahmslos an ihm vorbei. Hier in dieser wirklichen Welt, außerhalb der imaginativen Einblicke, existierte er nicht mehr für sie.

EINE SEELENPANNE
    Die Frage, warum gerade ich von all den nennenswerten Brünner Architekten in einer bescheidenen Wohnung in einem unscheinbaren Brünner Mietshaus wohnte, diese Frage war dermaßen präsent, dass sie mir

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