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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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ungewöhnlich korpulente Nachtfalter (Buchenspinner), und wie sie so gegen die feinen Kristallklunker stießen, brachten sie diese sanft zum Klirren, sodass die Arbeitsbesprechung des Privatschnüfflers mit dem Leiter vom Elektrohaus von sanfter Sphärenmusik begleitet wurde und auch von Daniels mit dem gelben Aufstrich auf jenen Brötchen beschmierten Fingern.
    Irgendwie habe ich mich nämlich mit ihren Eltern nicht vertragen, und das ist, gelinde gesagt, noch eine Untertreibung. Zwischen mich und die Verwandten meiner Frau hat jemand quasi ein Schwert gelegt, beantwortete der Leiter vom Elektrohaus die nicht gestellte Frage.
    Doch Dan, verblüfft von solch blumiger Sprache, war im ersten Moment ratlos, was das Schwert betraf. –Wollen Sie sagen, dass Sie Ihre Frau nie auf die Vysočina begleiten?
    Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen, lobte der Leiter vom Elektrohaus Dan. Aber einmal passierte es, dass ich mit meiner Frau dringend sprechen musste. Und es war so dringend, dass ich nicht mehr warten konnte, bis sie zurückkommen würde. Ich fuhr einfach los in diesen Flecken auf der Vysočina, nach Sněžné, und steuerte auf das Haus der Eltern meiner Frau zu – ungefähr so wie ein gebratenes Rebhuhn direkt auf den Mund des Gutsherrn zusteuert. (Ach, du hättest Dichter werden sollen, dachte Dan.) Übrigens handelte es sich dabei um ein größeres Bauernhaus mit Scheune, sodass sich sogar sagen ließe, dass es ein kleinerer Gutshof war. Sie hießen mich auf eine Art willkommen, in die ich Sie hier nicht einweihen werde, das ist jetzt auch nicht wichtig. Kurz gesagt, ich erfuhr, meine Frau hätte mit ihrer Schwester einen Ausflug unternommen und die Eltern wüssten eigentlich nicht, wohin, auch nicht, wann sie zurückkäme, nur dass es nicht in den nächsten zwei Tagen sein würde. Aber als ich mich wieder auf den Rückweg zur Autobushaltestelle machte, schaute ich mich noch nach dem Elternhaus meiner Frau um und erblickte im Fenster des Mansardenaufbaus ihre Schwester.
    Und Sie haben sich nicht getäuscht? Hätte es nicht jemand anderer aus der Verwandtschaft sein können und hat Ihre Frau vielleicht nicht zwei Schwestern? Eine Schwester, die mit Ihrer Frau gerade die Berge Devět skal und Žákova hora erwandert hat, und eine zweite, die lieber zu Hause hockte und Karolina Světlá las?
    Ach wo, Sie werden mich nicht durcheinanderbringen. Solange ich meine Frau kenne, hat sie immer nur eine Schwester gehabt. Ich kann mich sehr gut an sie erinnern, noch von meiner Hochzeit her. Diese Augen, die mir in Sněžné aus dem Mansardenfenster Blitze nachschleuderten, hatten mich hier schon bei der Hochzeit an die Wand des Festsaals genagelt, und ich hatte alle Hände voll zu tun gehabt, um nicht gekreuzigt dort hängen zu bleiben. Und als ich dann in Sněžné über eine Stunde auf den Autobus wartete und um die mit Brennnesseln überwucherte Trafostation kreiste und die Zeit totschlug, wusste ich schon mit Sicherheit, dass das Bruderherz meiner Frau sie nicht hierher, zu den Eltern nach Sněžné, chauffiert, sondern wer weiß wohin und vermutlich auf direktem Weg ins aufgeschlagene ehebrecherische Bett von wer weiß was für einem nichtsnutzigen Schweinehund. Aber wahrscheinlich sollten Sie jetzt das Zimmer meiner Frau sehen. Vielleicht finden Sie dort irgendwelche Spuren, die das ungeschulte Auge nicht sieht.
    Der Privatdetektiv wischte sich Finger und Lippen mit der Serviette ab, die der Leiter vom Elektrohaus ihm reichte, und sie stiegen zur Galerie über der Halle hinauf, und der Leiter vom Elektrohaus wies Daniel auf eine der Türen hin und zog drinnen dann die Jalousien hinunter und machte Licht.
    Vor dem Privatdetektiv tat sich eine Frauenwelt auf, die buchstäblich vollgestopft war mit so viel Schnickschnack, dass ich hier um Gottes willen nicht jedes Detail aufzählen möchte. Aber Dan ließ sich nicht davon bluffen und begann sogleich alles mit dem Blick des Privatdetektivszu betrachten. Er war durch all seine Vorprotektorats-, Protektorats- und Vorfebruar-Detektivfälle mit einer Erfahrung ausgestattet, die wir mit dem „Entwendeten Brief“ E. A. Poes charakterisieren könnten. Weil das, was wir suchen und was höchstwahrscheinlich die wichtigste Spur darstellt, sich immer irgendwo direkt in Sichtweite befindet. Und diejenigen, die etwas besonders geschickt verbergen wollen, schon irgendwie intuitiv wissen, dass das Prinzip des „Entwendeten Briefs“ die beste Möglichkeit ist, um etwas zu

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