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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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sein. Aber da drangen auch schon die Schlussworte von Láskas Unterweisung zu mir. Er betraute mich mit der Beschattung der Kratochvil’schen Wohnung und aller Bewegungen um diese Wohnung herum. Abermals betonte er, er habe dort eigene Leute im Einsatz. – Aber Sie als langjähriger Nachbar haben Möglichkeiten, die sich unsere Leute nicht einmal träumen lassen können, falls Sie verstehen, was ich damit sagen will.
    Er zog langsam die Hände aus den Hosentaschen, ging zum Tisch und fischte auf der meinem Sitzplatz gegenüberliegenden Seite irgendwelche Papiere aus der Schublade heraus.
    Jetzt verfassen wir dazu einen Vertrag, bot er an.
    Ich möchte meine Schwester sehen, ich möchte mit ihr sprechen.
    Damit wird selbstverständlich gerechnet. Aber es wird nicht gleich sein. Alles hat seinen Ablauf und seine Ordnung.
    Und dann hob er meine gelähmte linke Hand und drückte seinen eigenen Füller in sie, überlegte es sich dann aber anders, sagte Pardon, das ist ein Irrtum, und gab die Feder aus meiner linken in meine rechte Hand, also jetzt ist es gut, lobte er und legte meine Hand unter den Schlussartikel des höchstwahrscheinlich schon lange vorbereiteten Vertrags. Als sich die Hand jedoch nicht bewegte, schnippte er leicht gegen mein Ohr, um mich aus dem Stupor zu wecken, und dann beobachtete er, wie die Hand über das Papier kroch. Das Ergebnis saugte er sorgfältig mit der Löschwiege auf und hob den Hörer des Diensttelefons und ließ den Deschurni kommen, der mich aus dem Untersuchungsraum abführte und mit dem Aufzug ins Erdgeschoss beförderte und mir dort die Tür öffnete, mir zunickte und mich auf die Straße hinausließ.
    Doch in dem Augenblick, in dem er mich hinausließ, spürte ich, dass ich auch jetzt demonstrieren sollte, wie sehr ich überschäumte vor Bereitschaft zur Zusammenarbeit, ja, dass ich ihnen bis zur völligen Aufgabe von Körper und Geist dienen würde, nur um sie zu überzeugen, dass sie solch einem vertrauenswürdigen Genossen seine Schwester anvertrauen könnten und sie nicht unnötig in einer dunklen und kalten Zelle festhalten müssten. Und so drehte ich mich um zu dem Deschurni, der mich hinausließ, und wollte ihm jene Bereitschaft so überzeugend wie möglich demonstrieren, aber in diesem Moment brachte ich kein einziges Wort mehr heraus, undvor lauter angestrengtem Bemühen quoll mir nur eine Blase aus der Nase und blähte sich zu gewaltigen Dimensionen auf und schillerte in allen Regenbogenfarben, um schließlich auf so mächtige Weise zu zerplatzen, dass der Deschurni es nicht mehr schaffte, zur Seite zu springen.

DERNÄCHSTE KOČÍ – FALL
    Daniel Kočí war gerade dabei, in der Auslage der Konsum-Fleischerei (wie damals Fleisch- und Wurstwarengeschäfte genannt wurden) die ideologische Dekoration auszuwechseln. Auch so eine Arbeit gehörte zu seinen Pflichten, weil die Wurstmacher damals keine Schaufensterarrangeure hatten. Er kniete vor einem Häufchen Pastetenkonserven und installierte die entsprechenden Parolen („Hände weg von Korea!“, „Kampf für den Frieden – Bollwerk gegen den amerikanischen Imperialismus!“), aber die ganze Zeit über spürte er jemandes Augen im Rücken. So fängt Paranoia an, fiel ihm ein, aber als er sich schließlich umdrehte, um zwischen den Gipsblutwürsten und Gipsleberwürsten Buntpapier, Stecknadeln und nicht verwendete Pappendeckelbuchstaben aufzulesen, sah er, dass jemand vor der Auslage stand und jetzt die Hand zum Gruß hob.
    Aber ich muss Sie enttäuschen, ich übe das nicht mehr aus.
    Herr Stolař hat mir gesagt –
    Dann vergessen Sie es ruhig. Er hätte Ihnen nichts sagen sollen.
    Ich zahle gut. Ich weiß, was für eine anspruchsvolle Arbeit das ist.
    Aber ich habe Ihnen für das Geld nichts anzubieten. Sie sind an der falschen Adresse, Verehrtester.
    Kunden kamen, er schnitt billige mehlige Würste für sie auf, reichte Schmalzbüchsen und versprach, dass es in der nächsten Woche wohl schon wieder ein wenig mehr als nur Knochen und Haut für die Suppe geben werde, aber jener zudringliche Interessent stand ein Stückchen weiter weg in einem fort da und wartete geduldig, bis der Verkäufer für ihn Zeit haben würde.
    Es war der Leiter vom Elektrohaus in der Jánská ulice. Weil über dem Eingang zum Elektrohaus aber die Großbuchstaben
ED
angebracht waren, nannten es die Leute „Edison“, was die Aufsichtsorgane aufbrachte, sodass sie dem Leiter die Anweisung gaben, die Buchstaben
ED
abzunehmen. Aber der stellte

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