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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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sich merkwürdigerweise quer und verteidigte am Ende „Edison“, indem er mit dem Staatskünstler Vítězslav Nezval, dem frischen Träger der Medaille des Weltfriedensrats, argumentierte, dessen Poem „Edison“ gerade in der schon x-ten Ausgabe herauskam. Die Aufsichtsorgane, die es nicht gewohnt waren, nachzugeben, waren diesmal unschlüssig: Nezval war Nezval, das war sogar bis zu ihren Ohren vorgedrungen, und daher blieben die Buchstaben
ED
auf dem Elektrohaus.
    Aber das führe ich hier nur deswegen an, um für den Leiter vom Elektrohaus gewisse Sympathien zu wecken, inder Hoffnung, dass sie sich auf diese Weise aus den Köpfen und Herzen der Leser auch in Daniels Kopf (und Herz) übertragen und so unsere Erzählung weitergehen kann. Was, sieh mal einer an, tatsächlich geschah, denn wie ließe es sich sonst erklären, dass Daniel Kočí am Ende resignierte, dem Drängen des Leiters vom Elektrohaus nachgab und sich seines Falls annahm.
    Das war eine völlig andere Arbeit als für Radek Stolař. Der Leiter vom Elektrohaus hatte es nämlich nicht nötig, sich von einem bösen Verdacht zu befreien, und brauchte sich nicht zu vergewissern, dass seine Frau keine Liebhaber hatte. Im Gegenteil, er wollte Beweise in der Hand haben, die ihm eine Scheidung aus ihrem Verschulden ermöglichen würden, um so den Besitz, eine herrliche Villa, die ihm gleich nach dem Krieg Architekt Modráček gebaut hatte, zu behalten.
    Wobei wir uns gleich sputen hinzuzufügen, dass sie bei Weitem nicht so herrlich war, ja es war eine jener Kitschblüten aus Modráčeks Nachkriegsernte, mit denen er sich die Taschen vollstopfen konnte, bis der Sieg des arbeitenden Volkes ihn vom Geldfluss abschnitt.
    Und da sind wir schon in jener Villa, bei der ein gewollt vornehmes neoklassizistisches Gepräge und ein modischer englischer Touch zusammengepantscht waren zu einem monströsen kleinbürgerlichen Zwitterwesen.
    Es ist ein Spätsommerabend und unter den Fenstern die ruhige Klecandova im ruhigsten Brünner Viertel, in Černá Pole. Aber der Leiter vom Elektrohaus schließt dennoch die zweiflügeligen Fensterläden, vielleicht um denriesigen Kristallluster anmachen zu können, der von der Decke der hohen Halle hängt, die in Höhe des ersten Stocks von einer Galerie umrundet ist. Daniel Kočí, der in einer bescheidenen Wohnung in der Orlí ulice wohnt, nimmt, während er sich in dieser Halle umsieht, zur Kenntnis, dass er nach langer Zeit endlich wieder einen Auftraggeber hat, wie er ihn sich verdient, einen von der Art, wie er sie vor dem Krieg und zu Protektoratsbeginn zu haben pflegte, eine vornehme Person, die in diesen widrigen Zeiten ihr gesellschaftliches Niveau zu halten verstand. Und ebenso erfreute es ihn, dass er endlich wieder mit der Leica arbeiten und seine Objekte keineswegs würde schonen müssen, ja sie im Gegenteil schamlos bis auf die Unterwäsche würde ausziehen und versuchen können, sie in flagranti zu verewigen, um dann in der Dunkelkammer im Entwickler zu schauen, welche intimen Details ihm einzufangen gelungen war, und ob es nicht gut wäre, damit noch unter dem Vergrößerer herumzuexperimentieren. (Der Privatdetektiv besaß eine Privatsammlung unter dem Vergrößerer bearbeiteter intimer Details, und wer diese großformatigen Obszönitäten in die Hand nähme, würde nicht ahnen, dass er in einen Stall prominenter und hochgestellter der Promiskuität huldigender Stuten hineinguckt.)
    Sie hat einen Bruder, der hier in der Brünner Waffenfabrik beschäftigt ist, und ab und zu bringt er sie zu den Eltern auf die Vysočina.
    Und jenes Ab-und-Zu ist gerade jetzt?
    Und der Leiter vom Elektrohaus nickte.
    Und Sie haben den Verdacht, dass das kein unschuldiger Besuch bei den Eltern wird? Und dass er sie zum Beispiel gar nicht irgendwohin auf die Vysočina kutschiert?
    Der Leiter vom Elektrohaus nickte erneut.
    In der Mitte der Halle stand ein reich gedeckter Tisch, und der Kristallluster hing genau über ihm wie die Sommersonne über einem üppigen Feld, und der Privatdetektiv manövrierte eine seiner Flossen irgendwohin zwischen die Schinkenbrötchen (Schinken war zu jener Zeit so selten wie das Auftreten von Tropenmalaria in der Region Lednice-Valtice, davon hatte Dan eine Ahnung, also schacherte der Leiter vom Elektrohaus wohl in großem Stil mit Glühbirnen), während sein Gastgeber duftenden englischen Tee in die Tassen goss, der noch mit etwas aromatisiert war. Und rund um den Kristallluster taumelten zwei

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