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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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und folgte ihnen.
    Sie wussten nicht, dass ich sie beschattete. Bestimmt meinten sie, ich würde immer weiter in Richtung des Lärms des liquidierten Lagers marschieren. Die Elektrische Belinda in Pulli und Hose, angezogen wie für jenen Ausflug auf die Vysočina, und jetzt sah ich, wie ihr die Hand des Dompteurs hinten in die Hose fuhr. Sie fuhr sehr tief hinein und quartierte sich dort sogleich besitzergreifend ein: Ich konnte nachgerade plastisch sehen, wie sie der Elektrischen Belinda zwischen die Pobacken fuhr und dort hartnäckig die Stellung hielt. Ich öffnete das Etui mit der Leica, prüfte, ob das Glühlämpchen sitzt, und bemühte mich schnell herauszufinden, wie man ihnen jetzt in den Rücken fallen könnte.
    Sie sind echt gut, wie super Sie dieses schweinische Detail aufgenommen haben und sie gleichzeitig dazu gebracht haben, sich zu Ihnen umzudrehen und ins Objektiv zu schauen, gerade als Sie geblitzt haben …
    Ich gab ihm zum Foto auch das ausgebrannte Blitzglühlämpchen dazu. Vergnügt spielte er damit in seiner Hand, für ihn hatte es ja den Wert eines ganzen Vermögens:eine kinderlose Ehe, geschieden aufgrund der Untreue der Frau, was konnte sich einer mehr wünschen, der sich billig der Gattin entledigen musste.
    Ich nahm meine Prozente aus jenem Vermögen in Empfang, von dem ihm nun niemand mehr verschwenderisch was abbeißen würde, und ich wusste sogleich, wozu ich sie verwenden würde. Im Jirásek-Viertel gibt es ein sympathisches Altwaren- und Antiquitätengeschäft, wo sie meine Besessenheit, meine Leidenschaft für Chittussi gut kennen, und schon vor einiger Zeit hatten sie mich wissen lassen, dass dort zwei seiner Bilder auf mich warteten. Zwar ein wenig teuer für die finanziellen Verhältnisse eines Verkäufers in einer Konsum-Fleischerei, aber sie waren bereit zu warten, weil sie wussten, dass meine Leidenschaft sich am Ende einen Weg zu Geld finden würde.
    Der Altwarenhändler lächelte mich an, sowie er mich in der Tür sah. Auch wenn er sich mir nicht sofort widmen konnte. Er hatte nämlich einen Kunden dort, der sich gerade eine kuriose vergoldete Kleinigkeit von der Größe eines zu etwas annehmbareren Dimensionen zusammengelegten Eisenbahnwaggons kaufte. Und ich, von Natur aus ein zuvorkommender Mensch, sprang gemeinsam mit dem Händler herbei und half dem Kunden, die Kleinigkeit auf den Gepäckträger seines Autos zu laden. Der lächelte uns dann freundlich an und bedeutete uns, uns einen Augenblick zu gedulden, holte etwas aus seinem Auto und kam mit einer Schachtel kubanischer Zigarren zurück, riss sie auf und reichte eine mir und eine dem Händler. Zigarren von der Insel, wo Diktator Batista regiert, sind eine große Seltenheit bei uns, und obwohl ichnur Gelegenheitsraucher bin, nahm ich diese Bescherung wie eine Art Aperitif zu dem reichlichen Hauptgang, der mich jetzt erwartete, entgegen.
    Aber bevor jener Hauptgang, genauer gesagt Doppelgang, an die Reihe kam, erzählte mir der Händler noch etwas zu jener Kleinigkeit von der Größe eines Eisenbahnwaggons. – Das ist ein vergoldeter Klappkäfig für einen Bären. Der reiche jüdische Geschäftsmann Schlesinger hat ihn im Garten seiner Villa in Pisárky gehabt und in ihm einen echten Bären. Er besaß nämlich eine Firma, die Bär & Sohn hieß. Dann jedoch endete er samt seinem Sohn im KZ, und während des Protektorats lebte irgendein Gestapo-Mann in der Villa, an ihrem Zusammenleben ist der Bär krepiert. Und nach dem Krieg haben die Erben der Villa, Schlesingers jüdische Verwandte, die den Krieg in Amerika überlebten, den leeren Käfig verkauft.
    Also hat sich der neue, glückliche Besitzer des Käfigs auch einen Bären gekauft?
    Der Händler zuckte mit den Achseln. Hier stieß ich bereits an den Wall seiner händlereigenen Diskretion und Loyalität gegenüber den Kunden.
    Und dann war schon die Zeit für meinen Doppelgang gekommen. Ich wurde zum glücklichen Besitzer gleich zweier Bilder von Chittussi: das kleinere ein südböhmischer Teich bei Sonnenuntergang und dazu Devět skal in Winterstimmung. Ich trug die Bilder ans Licht und untersuchte sie: die Signatur und Chittussis mir wohl vertraute impressionistische Farben. Es schien alles in Ordnung zu sein. Ich zahlte eine Summe, für die ich mir eine Jawa 250 hätte kaufen können.
    Spätestens übermorgen liefere ich sie Ihnen ins Haus. Orlí 18, richtig?
    Nicht doch, ich nehm’ sie gleich heute mit. Unter jedem Arm eins.
    Der Altwarenhändler packte mir die

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