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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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aus, wo ich den Kopf aufstützen würde, und praktizierte auch schon – in der Dunkelheit vor den Tigerkäfigen – mein Sirsasana. Eine Hand in Kamelkot, oder was immer das war, gebohrt, sah ich dann für einige Sekunden die Elektrische Belinda und den Dompteur: Eine auf eine Orangenkiste gestellte Handlaterne beleuchtete ihr Liebeslager, mitten in der Manege und auf Zeltleinwand und zwischen Federbetten und Kissen warf sich der Hintern des Dompteurs hin und her, und die Elektrische Belinda hämmerte mit den Fersen wild in eine unsichtbare Trommel. Und da erblickte ich schon den vierten Tiger. Er bewachte sie vor Schaulustigen aus dem Zirkuspersonal, diesen hinterlistigen Kerlen. Er lief in dem Käfigtunnel, der gleich unter der Zeltplane ringsherum angebaut war, ständig rundherum, und ich begriff, dass er von seinem Herrn befohlen bekommen hatte, auf jede Bewegung in der Nähe des Zeltes zu reagieren.
    Ich ließ die Beine auf den Boden sinken, wischte mir im Gras die bis übers Handgelenk vom Kamelkot, oder was das war (dieser Zirkus hatte zwar kein einziges Kamel, aber das hinderte ihn offenbar nicht daran, wenigstens Kamelkot zu haben), vollgeschissene Hand ab, fand im Gras meine Leica wieder und begab mich mutig zum großen Zirkuszelt.
    Aber kaum war ich auch nur ein wenig näher gekommen, ertönte von innen ein dumpfes Knurren: eine Warnung für mich, Keinen Schritt weiter!, und zugleich ein Hinweis für die beiden, dass sich in der Nähe jemand herumtrieb.
    Die Anwesenheit des Tigers hatte bestimmt mehrere Zwecke, und die Rolle des Wächters war womöglich nicht die bedeutendste. Wer von den Zirkusleuten hätte es denn gewagt, den Dompteur bei seinem intimsten Tun zu stören? Zirkusleute sind bestimmt grässliche Ekel und tun einander allerlei Bestialitäten an, aber wer hätte sich getraut, es mit der Autorität eines Dresseurs aufzunehmen? Löwen- und Tigerbändiger genießen in Zirkussen besonderen Respekt. Folglich war jener Wache haltende Tiger dort eher nur so eine snobistische Geste, etwas wie die Wache vor dem Buckingham Palace … Und dann natürlich
das
Frauenaphrodisiakum! Ich habe immer noch das Kriegsende lebhaft in Erinnerung, wie rasend damals in den Kellern und Luftschutzräumen gevögelt wurde! Die Nähe einer tödlichen Gefahr ist für Frauen das wirksamste Aphrodisiakum. Die Elektrische Belinda, die an den Fingernägeln kaut in Erwartung des Tigerauftritts! Und jetzt in den Armen des Geliebten und gleichzeitignackt dem Blick, Geruchssinn und Gehör eines der blutrünstigsten Raubtiere ausgesetzt. Der Dompteur verstand nicht nur sehr viel von Tigern, sondern auch von Weibern, und verstand es deswegen, aus Belinda jetzt Höchstleistungen herauszukitzeln!
    Und damit endet bei Weitem noch nicht die Aufzählung der Möglichkeiten, die das Zusammentreffen von Tiger, Liebhaber und Elektrischer Belinda unter dem nächtlichen Zirkuszelt bietet. Vor allem war es ein herrlicher Spaß! Stellt euch das nur aus der Vogelperspektive vor, ein Tiger, der ein Paar beim Bumsen umkreist! Solch einen irren Blödsinn können sich nur so Verrückte, wie es leidenschaftliche Liebespaare sind, ausdenken! Aber trotzdem stand hier leider immer noch die Tatsache im Raum, dass das auch ein erstklassiger Wächter war. Sie in flagranti zu dokumentieren, würde mir nicht gelingen. Hier würde ich keine Fotos ergattern.
    Und so fuhr ich mit der letzten Nachttram ins nächstgelegene Stadtviertel, nach Žabovřesky, zurück.
    Vier Stunden im Hotel Zum Kosaken und mit der Morgentram wieder retour. Es dämmerte, eine Fledermausstaffel zog zu einem fernen Felsenvorsprung, und über der Svratka löste sich gerade erst der neblige Dunst auf, aber der Zirkus war schon auf den Beinen. Bereits von Weitem hörte ich die Zirkusarbeiter, die das Zelt abbauten, und auch den Traktor warfen sie schon an, der die Wohnwägen zieht. Erst glaubte ich, ich sei nur gekommen, um mich von einer Gelegenheit, die mir hoffnungslos durch die Lappen gegangen war, zu verabschieden, von einerChance, die ich verschissen hatte. Aber dann begegnete ich ihnen und wurde am Ende doch noch belohnt.
    Der Dompteur begleitete die Elektrische Belinda vom Lagerplatz zur Straßenbahnhaltestelle. Ich schlug die Augen nieder bei dieser Begegnung, damit sie von ihnen nicht etwas ablesen könnten, aber ich grüßte sie, wie sich zufällige Wanderer früh am Morgen auf einem einsamen Weg zwischen Feldern grüßen. Kaum waren sie vorbeigegangen, machte ich jedoch kehrt

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