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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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kleinen Tatra, und als ich dann endlich losfahre, vibriert das Auto leicht von dem vergoldeten Monstrum auf seinem Dach, und ich komme mir vor wie ein Kellner, der ein riesiges, schlecht austariertes Tablett voll langstieliger Cremegläser trägt.
    Ich hatte den Käfig heruntergenommen und in den Hausflur geschleppt, nun sperrte ich die Kellertür auf und zog den Käfig auf den Treppenabsatz gleich hinter der Tür, sperrte von innen zu und ließ den Schlüssel im Schloss stecken. Dann suchte ich mein Abteil auf, um es auszuräumen, und auch, um den Eingang in die Unterwelt auszuweiten. Als ich nachher (eine unendliche Stunde lang) den Käfig über die enge Treppe zu meinem Kellerchen und dort hindurch und durch die Öffnung in das unterirdische Gewölbe transportierte, gewann ich den überwältigenden Eindruck, nun schon zu wissen, wie es war, als Jakob mit dem Engel kämpfte.
    Und in den unterirdischen Räumen, in jenem gigantischen steinernen Tresor, werde ich den Käfig dann aufstellen und ihn zu seiner ganzen Bärenschönheit entfalten.
    Ich fegte und säuberte die Kellertreppe, überall dort, wo ich beim Transport des Käfigs die Wand abgestoßen und abgeschürft hatte, und trug das ganze Gerümpel zurück in mein Abteil und schlichtete es so auf, dass von Neuem ein Paravent entstand, der den Blick auf den Eingang in den Untergrund unmöglich machte.
    Dann setzte ich mich auf die oberste Kellerstufe und hatte das Gefühl, alles, was in meiner Kraft stand, getan zu haben. Indem ich das mittelalterliche Gewölbe entdeckt und jenen Bärenkäfig dorthingebracht und einen Standort für ihn gefunden und ihn auseinandergeklappt hatte, hatte ich gleichsam einen rein symbolischen Akt vollbracht, ein Ritual, eine Zeremonie ausgeführt, wodurch ich meine Seele jetzt erleichtert hatte. Die Gefängniszelle steht bereit (obwohl sie für immer leer bleiben wird). Siehe, so groß ist die Kraft symbolischer Akte. Das Kapitel ist also abgeschlossen. Jetzt werde ich wieder ruhig fortfahren können in meiner nichtigen Existenz, und von meinem Schwesterchen wird mir hier mit der Zeit nur eine fühlbare, jedoch verheilende Narbe zurückbleiben.

DAS DAMENHÜTCHEN
    Das Meli und oft auch Meli Melierchen genannte Geschöpf (weil sie, wie schon erzählt, von Natur aus meliertes Haar hatte, was Dan einst zu ihr hinzog, wie der Duft von Wildbienen zottelige Bären anzieht), diese Meli also saß an ein Kissen gelehnt und ließ ihren mit Speichel angefeuchteten Finger um den Rand ihres Weinglases kreisen. Dan genehmigte sich zu dem Welschriesling auch noch eine Zigarre. Er stellte das Glas aufs Nachtkästchen, biss die Spitze der Zigarre ab und zündete sie an.
    Wo hast du diesen Mist her?
    Du fragst zu viel, Meli. Es war vor etwa zwei Monaten, in einem Antiquitätengeschäft im Jirásek-Viertel. Ich half dort jemandem, irgendeinen Krempel aufs Dach eines kleinen Tatra aufzuladen, und er hat sich mit einer Zigarre revanchiert. Zwei Monate lang spare ich sie mir schon auf. Und heute ist ihr Tag gekommen.
    Die stinkt ja gar nicht, ich würde sagen, der Mist duftet.
    Es ist ja auch kein Mist. Sie stammt aus Kuba, von der Insel Diktator Batistas. Dort gibt’s diese Zigarren haufenweise, auf Plantagen, wo Schwarze, Mestizen, Kreolen, Mulatten und andere brave Leute nicht weißer HautfarbeSklavenarbeit verrichten. Bei uns hier ist so eine Zigarre so viel wert wie der Brillant eines Fürsten, und ein Zigarrenliebhaber würde dafür, ohne zu zögern, die eigene Mutter verkaufen. Und heute ist ihr Tag gekommen. Ich muss nämlich nicht mehr in die Konsum-Fleischerei, Meli. Ich habe wieder einen richtigen Job. Ich bin jetzt Detektiv in der Kriminalabteilung.
    Das heißt, du bist jetzt ein Bulle?
    Du verwechselst da was, Meli. Bullen sind die, die auf den Gehsteigen patrouillieren, Streifenpolizisten. Ich gehöre zwar auch zum Korps der Nationalen Sicherheit, aber ich bin dort Kriminalbeamter, was eine wesentlich andere Kategorie darstellt. Und ich habe auch schon meinen ersten Fall. Aber ich darf niemandem davon erzählen.
    Also leg los, sagt Meli, damit du rechtzeitig fertig wirst, du wirst nämlich gleich andere Pflichten haben.
    Also ich weiß nicht, ich bin durch das Dienstgeheimnis gebunden.
    Na komm schon, ich entbinde dich. Wo ist denn dein Knoten?
    Meli, lass los, spinn nicht herum, entweder wir unterhalten uns oder wir vögeln.
    Aber ich belüge dich nicht, Dan, ich hab’ echt von einem Typen gehört, der einen so langen hatte, dass er sich

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