Das Versprechen des Architekten
schmalen Gang hinaus und kehrte in die Kabine zurück und schaltete das Diapositiv für Damen mit Hütchen aus. Und all das wurde vom Leiter vom Elektrohaus, der sich diesmal hinter eine vor einer Wand stehende Säule gequetscht hatte, umsichtig observiert.
Na schau, ein Fall für dich. Nächste Woche wirst du dich beeilen, Rychlíks Frau in flagranti zu ertappen.
Weit entfernt davon, Meli, das war kein Fall, das war eine Falle für mich. Das, Meli, ist eine Falle für Dan Kočí gewesen.
In der Minoritengasse, unter dem Fenster von Dans Eckerker, fuhr ein mit Futter und Schrot beladenes Pferdefuhrwerk vorbei, und von der anderen Seite wiederum, aus der Josefsgasse, kam ein schwerer Lkw, der mit Ersatzteilen für Turmdrehkräne, sogenannte Wolfkräne, beladen war. Der Auspuff des Lasters knallte zweimal hintereinander, wie wenn aus einer Kanone geschossen worden wäre, und die Pferde begannen zu scheuen und wieherten. Dan sprang aus dem Bett und lief zum Fenster, schob den Vorhangweg. Der Kutscher kletterte wie der Blitz vom Kutschbock herunter und versuchte die Pferde zu bändigen. Hier ist es angebracht, in Erinnerung zu rufen, dass der Stadtkern von Brünn damals noch von Rossäpfeln übersät war wie Marschall Masturbows Brust mit Medaillen und dass durch Brünns historisches Zentrum in gleichem Maße Traktoren und Pferdegespanne zu fahren pflegten wie Škodas und Tatras. Auf der Kreuzung Adler-, Minoriten- und Josefsgasse hatte sich durch Verdienst des wütenden Kutschers und des erregten Lkw-Chauffeurs die Situation inzwischen verkompliziert, und Dan Kočí war erstaunlicherweise auf Seiten des Chauffeurs, vielleicht aber nur deswegen, weil der Chauffeur, wie er jetzt so vor dem Kutscher stand und wild mit den Händen fuchtelte, ihn derart an seine Buchlovicer Tante erinnerte, wie diese früher ebenso schnell und gewandt mit den Stricknadeln hantierte, dass dem kleinen Dani – ach, dreißig Jahre ist das schon her! – davon schwindlig wurde. So wandeln manche Erinnerungen aus der Kindheit durch unser Leben wie eine Prozession von Mönchen durch einen Kreuzgang ins „Paradiesgärtlein“, und wir sind ihnen hilflos ausgeliefert. Hingegen ging Meli in Saft, als sie vom Bett aus auf Dans Rücken schauen musste, der dicht bekritzelt war von den Krallen seiner diversen Mätressen:
Also wird jetzt geplaudert oder auf die Straße geglotzt?
Es wird sich schwerlich jemand vorstellen können, was dieses Handwerk, diese Manie meines Lebens mir bedeutet, und dass ich, seiner beraubt, von solch gespenstischer Wehmut aufgefressen werde und eine so ohnmächtigeLeere verspüre, dass mir davon das Herz bricht. Und daher verlangte es mich, obwohl eine unheilvolle Ahnung mich warnte, so verzweifelt nach diesem weiteren Fall. Und um zu belegen, wie sehr ihm daran lag, dass ich Rychlíks Frau in flagranti erwischte, drückte mir der Leiter vom Elektrohaus gleich neun neue Glühlämpchen für den Blitz meiner Leica in die Hand. Das Glühlämpchen, Meli, brennt nämlich aus bei jedem Blitz, und das ist, als müsstest du dir für jeden Orgasmus immer einen neuen Liebhaber zulegen.
Das könnte mir aber sogar gefallen, wenn ich mit jedem Orgasmus meinen Liebhaber versengen und verbrutzeln würde.
Und so hatten diese neun Glühlämpchen mir sagen wollen, dass ich so viele Bilder wie möglich schießen sollte, die Rychlíks Frau in all ihrer nackten Obszönität kompromittieren würden. Es regnete ohne Unterlass, vom Morgen an, und ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich einen Schirm oder lieber eine Regenpelerine nehmen sollte, das eine wie das andere hat seine Vorteile wie auch Nachteile. Ich war wahnsinnig nervös, es nagte jene unheilvolle Ahnung in mir, die ich mir nicht eingestehen wollte. Dreimal zog ich die Pelerine an und streifte sie dreimal wieder ab, um sie am Ende zum vierten Mal anzuziehen, und obwohl ich mich wie Skafandr Fox darin fühlte, stiefelte ich los in Richtung Kino Lucerna.
Alles war so, wie der Leiter vom Elektrohaus es mir geschildert hatte. Mittwoch, vor halb sechs Uhr abends, ich kaufte mir eine Karte für den Film „Roter Schein über Kladno“, und weil die Garderobe noch außer Betrieb war,konnte ich die nasse und raschelnde Regenpelerine nirgendwo ablegen und rollte sie daher zu einem kleinen Kokon zusammen, und diesen nassen Kokon stopfte ich dann in die Hosentasche. Das allerdings war ein Fehler, wie du noch sehen wirst. Es hätte mir vermutlich verdächtig vorkommen müssen, dass die Tür
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