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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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den goldenen Käfig gesperrt, damit sie sich nicht verwurstelten zwischen seinen Beinen, und anschließend widmete er sich lange und sorgfältig der Auskleidung des Untergrunds mit einer, mit mehreren Schichten Schalldämmung, durchlässig nur für das komplizierte Ventilationssystem, und als er diese ersten Mieter dannaus dem Käfig ließ, hatten sie keine Chance mehr, sich zu irgendjemandes Ohren durchzuklopfen, der Frau Architekt war inzwischen die Puste ausgegangen, sie hatte zu kreischen aufgehört, und der Doktor nutzte das gleich aus, kniete sich neben sie hin und horchte jetzt nach jeder Kontraktion die Herztöne des Kindes ab und tastete mit beiden Händen ihren Bauch ab, um sich dann zu mir umzuwenden, dass alles in Ordnung sei und die Geburt
per vias naturales
verlaufe – der Fötus ist mit dem Kopf dem Beckeneingang zugewandt, das Köpfchen mit der Stirn zum Perineum, es wird keine Komplikationen geben –, alle wissen wir sehr gut, dass der Schauspieler Dlask hier so was wie ein Kapo ist, der Herr Architekt kommt zweimal täglich, morgens und abends, und nicht nur ich habe bemerkt, dass er zuerst immer Dlask zu sich holt und die beiden eine gewisse Zeit miteinander verbringen, offensichtlich berichtet ihm Dlask am Morgen genau, wie die Nacht verlaufen ist, und bei Modráčeks Abendbesuch wiederum, wie der Tag verlaufen ist, Dlask ist einer der besten Schauspieler auf den Brünner Bühnen gewesen, ich sah ihn in Molières „Don Juan“ und in Shakespeares „Macbeth“, die beiden so unterschiedlichen Rollen saßen ihm wie angegossen, ich leugne es nicht, ich habe zu Dlasks Bewunderinnen gehört, wenn ich von den Vorstellungen kam, wo er brillierte, hatte ich am ganzen Körper Gänsehaut von dieser berückenden Schönheit, hier jedoch ist er mir aus tiefster Seele zuwider, was für eine armselige Rolle er da spielt: Modráčeks stets willfähriger Arschkriecher, aber der Herr Architekt vertraut ihm trotzdem nicht, Modráček traut hier niemandem und wird hiernie jemandem trauen, und dabei haben sich gut zwei Drittel von uns schon damit abgefunden, wie wir hier leben, sie haben den Status quo akzeptiert, zwei Drittel, das sind vierzehn Mieter, zum Beispiel sämtliche Frauenzimmer außer mir und Irena, aber trotzdem gibt es immer noch ein paar echte Rebellen und unter ihnen vor allem Dan Kočí, obwohl er zu den „Alteingesessenen“ gehört (er ist unter den Ersten gewesen, jenen, die Modráček noch in den goldenen Käfig sperrte), er versucht immer von Neuem, Modráček irgendwie aufs Glatteis zu führen, ihm beizukommen, ihm irgendwie ein Bein zu stellen, organisiert die ganze Zeit Revolten, denkt sich Fallen für unseren Kerkermeister aus, wenn auch manchmal nur noch bloß so, aus Beharrlichkeit, damit das Gespräch nicht versiegt, folglich hat der Herr Architekt ihn davon überzeugen müssen, dass es ihm todernst war, als er uns warnte, er würde, ohne zu zögern, jeden erschießen, der versuchen würde ihn anzugreifen oder der versuchen würde zu fliehen, und daher hat der Architekt bei einem von Kočís glücklosen Versuchen ihn ins linke Bein geschossen, Štefl hatte vor einiger Zeit Modráček instruiert, was er in der Chirana in der Cejl kaufen solle, vom Stethoskop bis zu Skalpellen, dadurch konnte er Kočí jetzt chirurgisch versorgen, doch unter all den Medikamentenvorräten, die Modráček gleich zu Beginn, als er an einem einzigen Tag sämtliche Brünner, aber auch die Apotheken der Umlandgemeinden abgefahren war, mit den Rezepten des Doktors besorgt hatte, hat es kein Anästhetikum und auch kein Analgetikum, nichts zur Schmerzmilderung gegeben, und jetzt, als er wollte, dass nicht nur Dan Kočí, sondern wiralle diese warnende Strafe richtig auskosteten, kam jenes Versäumnis dem Herrn Architekten höchst gelegen: der hartgesottene Dan Kočí nämlich brüllte wie zehn Auerochsen und warf sich herum wie zwanzig Aale, wir hatten Mühe, ihn festzuhalten, als der Doktor in seinem Bein rumbohrte, die ganze Zeit, bis er sich mit der Pinzette schließlich die Kugel aus der Walther auf die flache Hand gelegt hatte, am 1. Juni, am Internationalen Kindertag, beschloss der kommunistische Staat, die Eltern an den Bettelstab zu bringen, er führte eine drastische Währungsreform durch, obwohl der Präsident noch am Vortag versichert hatte, nichts in der Art stünde bevor und alles sei nur die Propaganda amerikanischer Hetzsender, der Herr Architekt berichtete uns davon mit riesigem Vergnügen,

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