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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Mensch in dem goldenen Käfig nur so eine ausgelassene Keller-Fata-Morgana sei.
    Jetzt gehe ich, um in seinem Abteil nachzusehen. Das Licht ist an, die Tür offen, und hinter ihr stehen zwei große Bücherpakete auf dem Boden. Ich schiebe sie weiter, lösche das Licht, hänge die Kette an die Tür, sperre das Vorhängeschloss zu und lasse den Schlüssel in meine Tasche gleiten. – Und erst jetzt befiel mich Entsetzen. Es war mehr als klar, dass mir alles entglitten war und sich in eine Richtung entwickelte, die ich überhaupt nicht beabsichtigt hatte. Ab dem Augenblick, da der Doktor die Szene betreten hatte, war plötzlich alles anders. Und zugleich wusste ich, dass ich aus dem fahrenden Zug nicht mehr aussteigen konnte. Schon in den nächsten Tagen und möglicherweise nächsten Stunden werden Dinge passieren, die ich nicht verhindern kann. Weil nämlich, fallser mit seiner Freundin (einer schlanken Brünetten mit türkisfarbenen Augen und einer ständig wie eine Trauerfahne ins Gesicht hängenden Haarsträhne, einmal haben wir bis tief in die Nacht bei den Pešeks Poker gespielt) bei sich zu Hause gewesen ist, ja, was dann? Und noch dazu, falls er ihr gesagt hat, dass er mit etwas oder wegen etwas noch in den Keller müsse, und falls diese Freundin (jetzt fiel’s mir ein: Klára!) mitten in der Nacht erwacht und aus dem Bett schlüpft und barfuß in der Wohnung herumzurennen beginnt und keine Spur von ihrem Geliebten findet und sich nur einen Reißnagel in den Fuß rammt – weil ich mir aus irgendeinem Grund, den ich jetzt nicht spezifizieren kann, vorstelle und jetzt sogar deutlich sehe, wie ein auf dem smaragdgrünen Teppich in Doktor Pešeks Wohnzimmer lauernder Reißnagel aufblitzt. (Pardon, ich korrigiere mich: Jolana!) Aber das ist mir nicht unbekannt bei mir, dass meine Fantasie auf meine Panikattacken eben mit verschiedenen bizarren Details reagiert. Also kann ich es doch spezifizieren?
    Ich kehre zurück in mein kleines Kellerabteil, mache die Tür zu und schließe die Stahltür in den Untergrund ab und spüre, dass ich hinaus an die Luft muss.
    Ich stehe vor der Haustür. (Entschuldigen Sie, ich korrigiere mich noch einmal: Květa!) Auf dem gegenüberliegenden Gehsteig läuft eine herumstreunende Stadtkatze, und jetzt hat sie mich angesehen und ist einen Moment lang stehen geblieben, als wolle sie mir etwas sagen, tut es aber nicht und läuft wieder weiter.
    Ich greife in die Tasche und gehe in die Hocke und lasse den Schlüssel von Pešeks Keller in den Kanal fallen.(Es ist peinlich, aber ich muss mich abermals korrigieren: eigentlich doch Klára!) Das ist unter Umständen die letzte meiner Sommernächte hier, die weiteren werde ich schon in einem vollends anderen Keller verbringen. Was ist das auch für eine Idee von mir gewesen, habe ich denn gedacht, ich würde dem Schicksal eine Ohrfeige geben?!
    Ich schließe die Haustür und gehe zurück in den Keller, und in dem Augenblick, als ich die Stahltür zum Untergrund öffne, höre ich etwas von irgendwo ganz hinten. Ich mache alle Lichter an und behelfe mir auch noch mit dem auf jene Stellen am anderen Ende des Untergrunds gerichteten Scheinwerfer und sehe dort in dem deutschen Möbellager Doktor Pešek, der mit einer Eisenstange an die Mauer klopft. Und was klopft er da? Na freilich, er tippt das SOS-Signal, Save Our Souls – Rettet unsere Seelen!
    Ich habe vergessen, den Käfig abzuschließen, und Pešek ist aus der Narkose erwacht, und siehe da, das sind die Folgen. Ich renne mit dem Lichttrichter los, und Pešek hat sich jetzt umgedreht und wartet dort mit der Stange auf mich. Und in der gleichen Sekunde höre ich irgendwo hinter der Mauer etwas wie vier Schüsse, drei schnell hintereinander, der vierte ein wenig verspätet. Als ob jemand mit vier kurzen Schlägen an das Tor des Unglücks gepocht hätte. Ist das überhaupt möglich? Ich bücke mich und hebe irgendeinen Knüppel vom Boden auf, entschlossen zu kämpfen auf Leben und Tod, wenn es sein muss. Doktor Pešek hat in meinen Augen wahrscheinlich jene Flammen der Entschlossenheit bemerkt und wirft seine Stange weg und hebt die Hände und gibt auf und schreitmich an: Bringen Sie mich, bitte, nicht um, Herr Architekt …
    Doktor Pešek ist bereits wieder im Käfig, eingesperrt und ruhiggestellt mit einer weiteren Dosis Chloroform. Eigentlich weiß ich nicht, wie oft ich ihn, ohne ihm Schaden zuzufügen, chloroformieren darf. Seht an, was für rücksichtsvolle Gedanken mich noch beschäftigen

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