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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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einen Akt können Sie mit nichts entschuldigen, die Geburt eines Kindes, das sollte der Schlüssel sein, der uns diese gepanzerte Tür öffnet, gerade die Geburt eines Kindes hat ja in der christlichen Symbolik seine höchst –, aber da hatte Modráček schon das Podium verlassen und ging durch die Aula bis zum ehrwürdigen Vater Klenovský und legte ihm die Hand auf die Schulter – ich werde mich gerne mit Ihnen über all das unterhalten, nur jetzt verstricken Sie uns nicht in Ihre philosophisch-theologischen Spinnweben –, Tatsache ist, aber das sagt nicht mehr Modráček oder Klenovský, sondern ich, Tatsache ist, dass wir uns hier zu Paaren zusammenzufinden beginnen, was mehr als alles andere darauf hindeutet, dass wir sogar hier, in diesen abnormalen Verhältnissen, so unglaublich das auch klingen mag,schon anfangen, irgendetwas, das einem normalen Leben gleicht, zu leben, man kann sagen, dass sich hier bei Tag und bei Nacht sogar so etwas wie Liebesdramen oder Liebesmelodramen abspielen und hässliche Eifersuchtsszenen, die Partner werden hier viel schneller gewechselt als in jener Welt dort über unseren Köpfen, weil die Zeit hier überhaupt komprimiert ist, manchmal habe ich, wenn ich auf das Ziffernblatt meines Chronometers blicke, das Gefühl, dass sogar die Zeiger sich hier eine Spur schneller drehen, und es gibt hier Tage, an denen es uns anscheinend gelingt zu vergessen, dass noch eine andere Welt als unsere „horizontale unterirdische Welt“ existiert, so wie sich die Bewohner unseres Planeten manchmal gar nicht bewusst sind, dass noch etwas außerhalb unserer Erde existiert, wovon wir bloß ein unscheinbarer Teil sind, banale wie außergewöhnliche Tage verstreichen hier, wir durchleben hier ganze lange Züge von miteinander verketteten Dummheiten und Stumpfsinnigkeiten, aber auch wirkliche Ereignisse oder wenigstens das, was wir für ein Ereignis halten wollen, Modráček versucht uns die ganze Zeit irgendwie zu beschäftigen, auf den Aufbau-Rummel irgendwo über unseren Köpfen antwortet er mit geschäftiger Arbeit hier unten, wir leben immer noch auf einer Baustelle, wir sind immer noch beschäftigt, endlich Modráčeks avantgardistisches architektonisches Werk fertigzustellen, unser Zwangszuhause, und immer noch finden sich welche unter uns, die dem Herrn Architekten an die Hand gehen, und wie die Zeit (gemessen am Aufdrehen und Abdrehen der Lichter, die hier für uns mechanisch die Tage von den Nächten und die Nächte von denTagen trennen) vergeht, nimmt die Anzahl derer, die sich schon mit dem Leben in dieser Zelle abgefunden haben, zu, an den Abenden organisiert Modráček mit Doktor Pešek und dem Trafikanten Tuček jene Bildungskurse, jeder soll was von dem austeilen, was er hierher mitgebracht hat, womit er hierher gekommen ist, und sogar für Spiele ist gesorgt zu dem Brot, das uns der Herr Architekt jeden Abend zusammen mit Konserven, Marmelade, Powidl in einem Touristenrucksack mitbringt, ich habe einen Koch aus dem Hotel Jakob zum Nachbarn, leider trennt mich von ihm nur eine Zwischenwand, der Koch ist ein Berserker, er bringt es fertig, im Zimmer herumzulaufen und jemanden in dessen Abwesenheit wütend zu beschimpfen, ich bin mir sicher, dass er auch vorher so war, ehe Modráček ihn gekidnappt hat, was mich nichts angeht, aber es geht mich verdammt was an, worin ich mir auch sicher bin, dass dieser Wüterich uns nämlich in die Sauce rotzt, und überhaupt, was macht er mit all dem, was er uns dann auf den Tellern serviert, aber das habe ich euch noch nicht erzählt, was für ein Renaissancespeisezimmer wir haben, Kopien berühmter Renaissancegemälde in schmalen dunkelbraunen Rahmen umgeben an den Wänden einen sehr langen Esstisch, allerdings stammt der nicht aus diesem von den Deutschen geerbten Mobiliar, Modráček hat ihn extra für uns anfertigen lassen, ein Silberring mit einem schönen Saphir ist dafür draufgegangen, der Tisch ist natürlich zusammenlegbar, Stück für Stück hat er ihn drei Tage lang ins Speisezimmer getragen und anschließend mit Dlask zusammengebaut, so einen Tisch sieht man nicht alle Tage, mein Vaterist Tischler gewesen, ich versteh’ was davon, aber zurück, ich wollte nämlich noch was, nun, ich wollte das Unmögliche, wollte mit dem Koch vereinbaren, dass er mit Dan Kočí das Appartement tauscht, doch der Scheißkerl hat augenblicklich kapiert, um was es mir ging, und mir ins Gesicht gelacht, ich überlegte nur einen Moment lang, ob ich nicht

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