Das Versprechen des Opals
mit mir, Henry«, fuhr sie ihn an. »Ich habe vielleicht nicht deine Bildung oder deine Erfahrung, aber in manchen Dingen bist du ein Narr. Trau du mir wenigstens zu, dass ich merke, wenn einer meinesgleichen Böses im Schilde führt.«
»Ich habe genug davon, Maureen«, sagte er steif. »Paddy hätte am Kai meine Taschenuhr mühelos einstecken können, und mit keinem Wort hat er auch nur angedeutet, dass er eine Belohnung haben will und dass er mehr verlangt als meine Freundschaft. Das Thema ist erledigt.«
Maureen marschierte empört davon. Tränenblind vor Wut, steuerte sie auf ihr Abteil zu. Sie liebte Henry leidenschaftlich, aber Herrgott, er war ein solcher Narr. Warum sah er nicht, was sie sah? Die Rückgabe der Uhr war ein raffinierter Trick gewesen, und seine ständige Anwesenheit, seine hilfreichen Ratschläge, die Extraration Milch und Wolldecken – das alles gehörte zu seinem Plan. Was das allerdings für ein Plan war,das wusste Maureen auch nicht, wie sie eingestehen musste. Sie wusste nur, dass sie Paddy Dempster entschieden misstraute, und je eher das Schiff im Hafen lag und jeder seiner Wege gehen konnte, desto besser.
Kate schloss die Tür, als die Kinder eingeschlafen waren. Als sie sich umdrehte, sah sie Peter Reed. »Ich gehe dann jetzt, Sir«, sagte sie und machte einen Knicks. Father Pat wäre stolz auf sie gewesen. Seit jenen ersten unbeholfenen Tagen im Pfarrhaus hatte sie eine Menge Fortschritte gemacht.
Er lächelte, und spinnwebfeine Fältchen legten sich um seine Augenwinkel. »Immer eilig unterwegs«, stellte er fest. »Kommst du nie zur Ruhe, Kate?«
»Es ist schon sehr spät, Sir, und ich habe jemandem versprochen, heute Abend noch vorbeizuschauen.«
»Ach.« Er zog eine braune Augenbraue hoch. »Es gibt also einen Mann, ja? Hätte ich mir denken können.«
Kate lächelte. »Nein, Sir. Maureen erwartet ihr erstes Kind, und ich habe versprochen, ihr heute Abend Gesellschaft zu leisten.«
Peter Reed hob sein Glas. »Bleib hier, und trink ein Glas mit mir, Kate«, lud er sie ein. »Du bist eine sehr viel angenehmere Gesellschaft als all die anderen Röcke. Hätte vernünftig genug sein sollen, nicht in der ersten Klasse zu reisen.«
»Das wäre nicht recht, Sir.« Aber sie zögerte. Peter Reed war ein gut aussehender Mann, und sie hatte die schmachtenden Blicke gesehen, die ihm die reichen jungen Frauen auf dem Oberdeck zuwarfen. »Im Salon der ersten Klasse gibt es sicher eine Menge junger Damen, die sich für Sie besser als Gesellschaft eignen.«
»Aber die haben nicht deine Energie, deine Neugier und deine Lebenslust.« Er schenkte sich noch einmal ein und betrachtetesie nachdenklich. »Du wirst es in Australien zu etwas bringen«, sagte er schließlich. »Du bringst die richtigen Eigenschaften mit.« Offenbar merkte er, dass er ihr mit seinen Komplimenten Unbehagen bereitete, denn er stellte sein Glas ab und öffnete ihr die Tür. »Geh nur, Kate«, sagte er sanft. »Ich wünsche dir einen schönen Abend.«
Kate verließ die Kabine und eilte den mit dicken Teppichen ausgelegten Korridor hinunter zu der Treppe, die zu den unteren Decks hinabführte. Sie mochte Peter Reed gern. Er war ein freundlicher und höflicher Arbeitgeber, der sich für ihre Träume und Wünsche interessierte, ohne je die Grenze zu überschreiten. Er hatte eine tiefe Stimme, und seine gedehnte Sprechweise hatte etwas seltsam Näselndes, es war nicht irisch, nicht Cockney – eher eine Andeutung der rauen Weiten Australiens, die er in Besitz genommen hatte.
Um wieder zu Atem zu kommen, blieb sie an der Reling stehen und blickte über das Wasser hinaus. Der Mond stand hoch an einem wolkenlosen Himmel, der von hellen Sternen übersät war. Ein Leuchten schimmerte in der rollenden See, das der Nacht einen Hauch von Magie verlieh, während das große Schiff dem endlosen Horizont entgegenstampfte.
»Die Seeleute nennen es Phosphoreszenz«, sagte eine Stimme hinter ihr.
Kate fuhr herum. »Was tun Sie hier oben?« Ihre Stimme klang schneidend; er war ihr ungemütlich nah.
Paddy kratzte sich am Kinn. »Ich komme abends oft hier herauf. Es ist ruhiger hier, und man hat mehr Platz zum Spazierengehen und zum Nachdenken.«
Kate wollte sich von der Reling entfernen, aber Paddy versperrte ihr den Weg. »Ich habe Maureen versprochen, noch vorbeizuschauen«, sagte sie so ruhig wie möglich. »Sie wird sich fragen, warum ich so spät komme.«
Paddy verbeugte sich spöttisch und reichte ihr seinen Arm. »Dann will
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