Das Versprechen des Opals
Mund. Als sie sah, dass er sie beobachtete, verzog sie das Gesicht. »Hab ein bisschen Kopfweh, aber das vergeht gleich.«
Er folgte ihr durch die Diele ins Wohnzimmer. In dem behaglichen Zimmer schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Es erstreckte sich über die ganze Seite des Hauses und bot einen Ausblick auf den Hof und die hintere Koppel. Die tiefen Sessel waren mit Chintz bezogen; die Vorhänge bestanden aus dem gleichen verblichenen Stoff. Ein dicker Teppich bedeckte den Holzfußboden beinahe vollständig, und die altmodischen, schweren Möbel glänzten liebevoll gepflegt. Die beherrschende Attraktion des Zimmers bildeten jedoch der steinerne Kamin und das Gemälde, das darüber hing.
Miriam hielt sich zurück, als Jake das Zimmer durchquerte und vor dem Bild stehen blieb. Es war immer interessant zu sehen, was die Leute davon hielten.
»Hat Ihr Vater das gemalt?« Er versuchte die beinahe unleserliche Signatur zu entziffern.
»Ja. Es war sein letztes.«
»Ich bin kein Fachmann«, murmelte er, »aber die Qualitätist erstaunlich. Wie er das Licht eingefangen hat, das Pathos der Figuren – wundervoll.« Er drehte sich um. »Solche Bilder sind zurzeit sehr in Mode. Wenn Sie es reinigen lassen, können Sie ein Vermögen dafür bekommen. Es ist hoffentlich versichert.«
»Es ist nicht zu verkaufen«, sagte sie schroff und ließ sich in einen Sessel sinken. »Aber versichert ist es, ja.« Sie seufzte. »Obwohl, wenn es verloren ginge oder gestohlen würde – kein Geld der Welt könnte es je ersetzen. Es ist praktisch das letzte Erinnerungsstück, das ich von ihm habe.«
Jake lehnte sich an das Kaminsims und verschränkte die Arme. »Was ist denn aus seinen anderen Bildern geworden? Er muss doch eine stattliche Sammlung besessen haben, als er starb.«
Miriam betrachtete das Bild, und die allzu vertraute Szene ließ ihre Erinnerungen lebendig werden. »Sie mussten verkauft werden«, sagte sie kurz.
»Warum?«
»Alles zu seiner Zeit«, antwortete sie tief betrübt. »Aber wenn Sie verstehen wollen, warum gerade dieses Bild mir so viel bedeutet, müssen Sie die Geschichte kennen, die sich dahinter verbirgt – und den Preis, der bezahlt wurde, um es zu behalten.«
Zum ersten Mal im Leben hatte Paddy Dempster das Gefühl, irgendwo dazuzugehören. Er verspürte nicht den Drang, seine Reisegefährten zu bestehlen oder zu betrügen. Henry Beecham und er hatten sich in den letzten vier Monaten angefreundet, und zu seiner großen Überraschung stellte Paddy fest, dass er den Mann wirklich mochte – trotz dessen Herkunft. Mit Maureen lag die Sache natürlich anders. Sie war zu scharfsinnig, zu hellsichtig, und obgleich er sein Bestes getan hatte, umihre Sympathie zu gewinnen, musste er sich mit ihrer kühlen Höflichkeit begnügen. Aber Henry war der, auf den es ankam. Henry würde in seinem Plan die entscheidende Rolle spielen und ihm helfen, ein Vermögen zu machen.
Paddy gefiel es in der Enge des Zwischendecks; ihm gefiel die Kameraderie, die zwischen den unverheirateten Männern entstanden war. Ledige Frauen waren auch an Bord – jung und fest entschlossen, sich einen Mann zu angeln, ehe sie in Australien landeten. Aber Paddy hatte nur Augen für Kate.
Er saß an seinem gewohnten Platz an Deck, rauchte seine Pfeife und beobachtete Henry beim Zeichnen, als er Kate herankommen sah. Henry war es offenbar nicht entgangen, dass er aufmerksam wurde und sich allzu beiläufig den Kragen zurechtzog, denn er hielt in der Arbeit inne und schaute zu Kate hinüber. »Wie ich sehe, hat unsere Kate dich verzaubert, Paddy«, sagte er vergnügt. »Aber ich wäre vorsichtig. Sie wird einem Mann ganz schön zu schaffen machen, und ich glaube, du hättest kaum eine Chance.«
Paddy klopfte sorgfältig die Pfeife aus und warf die Asche über Bord. »Sie ist ein Prachtweib«, sagte er leise und starrte bewundernd auf ihre wehenden Röcke. »Wer es da nicht wenigstens versucht, ist ein Dummkopf.«
»Ich werde ein Wort für dich einlegen«, sagte Henry augenzwinkernd. »Aber allzu viel Hoffnung würde ich mir nicht machen, dass sie deinem Charme erliegen könnte. Dazu ist sie viel zu nüchtern.«
Kate errötete, als sie Paddys Blicke bemerkte, und wandte sich rasch Henry zu. »Ich habe gerade ein paar Minuten Zeit«, sagte sie. »Ich dachte, ich könnte mit Maureen plaudern, aber ich kann sie nicht finden.«
»Sie kann nicht weit weg sein.« Henry ließ seinen Blick über das Gewimmel an Deck und über die Ställe mit
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