Das Versprechen
ich recht habe oder nicht, wird sich ja dann feststellen lassen. Beginnen wir von vorn. Du hattest dich also am Waldrande bequem hingelagert?«
»Jawohl, Herr Polizeiwachtmeister.«
»Und geschlafen?«
»Richtig, Herr Polizeiwachtmeister.«
»Warum? Du wolltest doch nach Mägendorf.«
»Ich war müde, Herr Polizeiwachtmeister.«
»Weshalb hast du denn den Briefträger nach dem Polizisten in Mägendorf ausgefragt?«
»Um mich zu erkundigen, Herr Polizeiwachtmeister.«
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»Was wolltest du wissen?«
»Mein Patent war nicht erneuert. Da wollte ich wissen, wie es um die polizeilichen Verhältnisse in Mägendorf stünde.«
»Und wie stand es um diese polizeilichen Verhältnisse?«
»Ich erfuhr, in Mägendorf sei ein Stellvertreter. Da fürchtete ich mich, Herr Polizeiwachtmeister.«
»Ich bin auch ein Stellvertreter«, erklärte der Polizist trocken.
»Vor mir fürchtest du dich auch?«
»Jawohl, Herr Polizeiwachtmeister.«
»Aus diesem Grunde wolltest du auch nicht mehr ins Dorf?«
»Jawohl, Herr Polizeiwachtmeister.«
»Das ist gar keine so üble Version der Geschichte«, sagte Treuler anerkennend, »aber vielleicht gibt es noch eine andere Version, die nur den Vorzug hätte, wahr zu sein.«
»Ich habe die Wahrheit gesagt, Herr Polizeiwachtmeister.«
»Wolltest du nicht vielmehr vom Briefträger erfahren, ob ein Polizist in der Nähe sei oder nicht?«
Der Hausierer schaute Treuler mißtrauisch an. »Was wollen Sie damit sagen, Herr Polizeiwachtmeister?«
»Nun«, antwortete Treuler gemächlich, »du wolltest dich vor allem beim Briefträger über die Abwesenheit der Polizei im Rotkehlertälchen vergewissern, weil du auf das Mädchen gewartet hast, denke ich.«
Der Hausierer starrte Treuler entsetzt an. »Ich habe doch das Mädchen nicht gekannt, Herr Polizeiwachtmeister«, schrie er verzweifelt, »und selbst wenn ich es gekannt hätte, könnte ich es nicht getan haben. Ich befand mich ja nicht allein im Tälchen. Die Bauernfamilie war ja auf dem Felde. Ich bin kein Mörder. Glauben Sie mir doch!«
»Ich glaube dir ja«, begütigte ihn Treuler, »aber ich muß deine Geschichte überprüfen, das mußt du doch einsehen. Du hast erzählt, du seiest nach deiner Ruhepause in den Wald gegangen, um dann nach Zürich zurückzukehren?«
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»Es kam ein Unwetter«, erklärte der Hausierer, »da wollte ich die Abkürzung nehmen, Herr Polizeiwachtmeister.«
»Dabei bist du auf die Leiche gestoßen?«
»Ja.«
»Ohne die Leiche zu berühren?«
»Richtig, Herr Polizeiwachtmeister.«
Treuler schwieg. Obgleich ich das Gesicht des Hausierers nicht sah, fühlte ich seine Angst. Er tat mir leid. Doch war ich von seiner Schuld mehr und mehr überzeugt, wenn auch vielleicht nur, weil ich endlich den Schuldigen zu finden hoffte.
»Wir haben dir deine Kleider weggenommen, von Gunten, und dir andere gegeben. Kannst du dir denken, weshalb?« fragte Treuler.
»Weiß nicht, Herr Polizeiwachtmeister.«
»Um eine Benzidin-Probe vorzunehmen. Weißt du, was das ist, eine Benzidin-Probe?«
»Nein, Herr Polizeiwachtmeister«, antwortete der Hausierer hilflos.
»Eine chemische Probe, um Blutspuren festzustellen«, erklärte Treuler in gespenstischer Gemütlichkeit. »Wir haben an deinem Kittel Blut festgestellt, von Gunten. Es stammt von dem Mädchen.«
»Weil ... weil ich über die Leiche stolperte, Herr Polizeiwachtmeister«, stöhnte von Gunten. »Es war schrecklich.«
Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
»Und das hast du uns natürlich nur aus Angst verschwiegen?«
»Jawohl, Herr Polizeiwachtmeister.«
»Und nun sollen wir dir aufs neue glauben?«
»Ich bin nicht der Mörder, Herr Polizeiwachtmeister«, flehte der Hausierer verzweifelt, »glauben Sie mir doch. Holen Sie Herrn Doktor Matthäi, der weiß, daß ich die Wahrheit sage. Ich bitte Sie.«
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»Doktor Matthäi hat nichts mehr mit diesem Fall zu tun«, antwortete Treuler. »Er fliegt morgen nach Jordanien.«
»Nach Jordanien«, flüsterte von Gunten. »Das wußte ich nicht.«
Er starrte auf den Fußboden und schwieg. Es war totenstill im Zimmer, man hörte nur das Ticken der Uhr und manchmal, von der Straße her, ein Auto.
Nun griff Henzi ein. Zuerst schloß er das Fenster, dann setzte er sich hinter Matthäis Schreibtisch, freundlich und zuvorkommend, nur stellte er die Schreibtischlampe so, daß ihr Licht auf den Hausierer fiel.
»Regen Sie sich nicht auf, Herr von Gunten«, sagte der Leutnant überaus höflich, »wir wollen
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