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Das Versteck der Anakonda

Titel: Das Versteck der Anakonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Lilienthal
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im Aquarium des Frankfurter
     Zoos gesehen. Der Amazonas-Räuber galt als einer der größten Süßwasserfische überhaupt. Es sollten schon Exemplare von fast
     fünf Metern Länge gefangen worden sein.
    Juanito hatte gut getroffen. Der Speer durchbohrte den Fisch ungefähr dort, wo der Kopf in den Rumpf überging. Seine Bewegungen
     wurden immer schwächer. Juanito beugte sich nach vorne und bekam den Holzschaft zu fassen.
    »Der Speer hält was aus. Lass uns den Piraracu an Bord ziehen.«
    Obwohl das Kanu fast zu kippen drohte, gelang es ihnen, den Kopf des Fisches aus dem Wasser zu heben und ihm einen Strick
     aus Kokosfasern umzulegen.
    »Bei drei!« Juanito nickte seinem Freund zu und begann zu zählen: »Eins, zwei, dr…«
    »Uuuaaach!«
    Paul schrie vor Schreck auf und ließ den Speer los. Das Stöhnen aus dem geöffneten Maul des Piraracu war das grauenvollste
     Geräusch, dass er je gehörthatte. Es war, als hätte er einen verzauberten, ganz und gar verzweifelten Menschen jammern gehört.
    Juanito hatte Ruhe bewahrt und hielt den schweren Fisch noch immer am Seil fest.
    »Schnell – hilf mir!«
    Paul rappelte sich auf und griff erneut zu.
    Ein paar Minuten später hatten sie es endlich geschafft und der silbrig schimmernde Körper lag zwischen ihnen auf dem Boden
     des Kanus.
    »Was um alles in der Welt war das für ein Geräusch?«
    Juanito musste lachen.
    »Armer Pablo. Ich hab vergessen, dich zu warnen. Das war die Luft aus der Schwimmblase. Wenn der Piraracu stirbt, stöhnt er
     wie ein Mensch.«
    »Das habe ich gehört!«
    Nachdem Juanito den Fisch ausgenommen und mit den riesigen Blättern einer Bananenstaude umwickelt hatte, machten sie sich
     wieder auf den Weg.
    Eine halbe Stunde später, an einer stark bewachsenen Ausbuchtung des Flusses, unterbrach Juanito seine Paddelstöße. Das Kanu
     glitt in einer sanften Linkskurve darauf zu. Paul begriff. Sie hatten die Mündung des kleinen Flüsschens erreicht, von dem
     Juanito erzählt hatte.

[ Menü ]

    Hier stimmt etwas nicht!
    Paul war auf einmal sehr mulmig zumute. Bisher waren sie auf dem breiten Rio Napo fast wie auf einem See gefahren. Jetzt wurde
     es plötzlich eng. Die Uferseiten des schmalen Flüsschens kamen ihnen so nahe, dass sie einzelne der über ihnen herunterhängenden
     Lianen mit dem Paddel berühren konnten.
    In dem kleinen Flüsschen kam das Kanu nur noch langsam voran. Während Paul sein Paddel weiterhin gleichmäßig eintauchte, musste
     Juanito mit ein paar kräftigen Stößen immer wieder an den tief herabhängenden Ästen umgestürzter Bäume vorbeisteuern. Auch
     die Strömung war stärker als auf dem Rio Napo. Immerhin war das Flüsschen frei von Wasserhyazinthen und anderen Schwimmpflanzen,
     in denen sich die Paddel verheddern konnten.
    Anfangs hielt der Indianerjunge so viel Abstand von überhängenden Baumkronen wie möglich. Bis Paul plötzlich bemerkte, dass
     sie den mit allerlei Farnen und Bromelien behangenen Ästen und Zweigstümpfen immer näher und näher kamen. Außerdemkonnte er Juanito hinter sich irgendetwas murmeln hören.

    »Müssen wir so dicht ranfahren? Es ist doch genug Platz nebendran!?«
    »Wir sind nicht alleine auf dem Fluss unterwegs!
    »Wie meinst du das?«
    »Vor ein paar Tagen ist hier ein größeres Boot vorbeigekommen. Guck dort, der abgebrochene Zweig. Eben habe ich sogar einen
     Zigarrenstummel am Ufer liegen sehen. Und sieh mal   …«
    Juanito steuerte mit starken Paddelbewegungen den nächsten Baumstamm an, der sich wie eine Brücke quer über den ganzen Wasserlauf
     spannte. Und dann konnte auch Paul sehen, was er meinte.
    »Richtig abgeschlagen!«, stellte Paul fest. »Siehtso aus, als hätte hier jemand mit der Machete gearbeitet.«

    »Eher mit einem Beil.« Juanito wies auf die tief ins Holz eingedrungenen Kerben.
    »Was meinst du, wer könnte das gewesen sein?«
    Juanito zuckte mit den Schultern.
    »Weiß nicht. Vielleicht Jäger. Oder Touristen. Etwas unterhalb vom Camp ist eine Lodge. Ein paar Männer vom Cofán-Stamm machen
     Führungen in den Dschungel und solche Sachen.«
    Schweigend setzten die beiden ihre Fahrt fort. Wer immer das kleine Flüsschen hochgefahren war, hatte ihnen jedenfalls viel
     Arbeit erspart.
    Sie fuhren gerade wieder unter einem umgestürztenBaum wie durch einen Tunnel hindurch, als Juanito in das Gewirr der Äste und Blätter wies.
    »Siehst du die Wespen?«
    Paul sah zuerst gar nichts. Erst allmählich bemerkte er die Flugschneise, auf der sich die

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