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Das Versteck der Anakonda

Titel: Das Versteck der Anakonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Lilienthal
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ist noch nicht wieder vollständig aufgerichtet. Vor höchstens zwei Stunden ist hier jemand durchgegangen.«
    »Und wenn es ein großes Tier war, vielleicht ein Tapir?«
    »Ein Tapir mit Profilsohlen?«
    Juanito war ein paar Schritte weitergegangen und zeigte auf einen Schuhabdruck im schlammig-weichen Boden.
    Es war nicht allzu schwer, dem Weg zu folgen, den Wolf und Joe vermutlich mehr als ein Mal gegangen waren.
    »Wo könnte er sein? Vielleicht rufen wir einfach?«
    Paul hatte kein gutes Gefühl. Es war ihm, als dürften sie keine Zeit verlieren.
    »Du hast recht.« Juanito holte tief Luft und rief, so laut er konnte: »Joe!«
    Paul tat es ihm nach. Doch bis auf einen Schwarm aufgeschreckter, kreischender Aras blieb es um sie herum still. Sie sahen
     einander mit sorgenvoller Miene an und setzten ihren Weg wortlos fort.
    Dass sich die Spur dann auf einmal teilte, konnte sogar Paul erkennen. Während die niedergedrückten Blätter und angebrochenen
     Zweige auf der einen Seite weiterhin quer über die ganze Insel führten, zweigte eine andere Spur nach rechts Richtung Fluss
     ab.
    »Und jetzt? Sollen wir uns aufteilen?«
    Pauls Stimme klang genauso ängstlich, wie er sich fühlte.
    »Lass uns noch mal rufen!«
    Doch sosehr die beiden Jungen auch auf eine Antwort hofften, es blieb still.
    »Traust du dich denn, alleine weiterzugehen?«, fragte Juanito besorgt.
    Statt zu antworten, nickte Paul nur tapfer mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Hier oder dort?«, fragte Juanito.
    »Lieber zum Fluss!«
    Juanito nickte stumm.
    »Und was mache ich, wenn ich ihn finde? Oder wenn ich Hilfe brauche?«
    »Kannst du pfeifen?«
    »Klar!«
    Die Probepfiffe der beiden Freunde hallten über die Insel.
    »Gut«, sagte Juanito, »sei vorsichtig. Wir sollten uns beeilen. Bis später.«
    »Bis später.«
    Während Juanito im nächsten Moment leichtfüßig und schnell loslief, folgte Paul den Trittspuren eher vorsichtig und ängstlich.
     Der Horrortrip mit Joe zu Juanitos Angelplatz steckte ihm noch immerin den Knochen. Außerdem fürchtete er sich davor, plötzlich vor Joe zu stehen – so wie er Wolf einschätzte, mussten sie mit
     dem Schlimmsten rechnen.
    Zum Glück war er schon bald am Ufer angekommen.
    ›Wenigstens kann von der Flussseite her kein Jaguar aus den Büschen springen‹, dachte er, während er den Sohlenabdrücken im
     schlammigen Boden weiter folgte.
    Obwohl er immer wieder deutliche Trittspuren sah, konzentrierte sich Paul sehr stark darauf, die Spur nicht aus den Augen
     zu verlieren. Er war gerade einmal zehn Minuten unterwegs, als er stutzig wurde. Zwischen den Tritten der Profilschuhe tauchte
     etwas anderes, Unverständliches auf. Eine Art breiter Rinne, die sanft zwischen den Stiefelabdrücken hin- und herschwang und
     sich dabei tief in den nassen Schlamm eindrückte.
    ›Sie haben irgendetwas sehr Schweres hinter sich hergeschleift‹, dachte Paul. ›Sieht aus wie eine Teppichrolle oder so.‹
    Er sah sich um. Ein wenig weiter vorne ragte eine knorrige, zur Hälfte ins flache Wasser eingeknickte Akazie über den übrigen,
     flachen Bewuchs hinaus.
    ›Vielleicht sitzt er ja im Schatten des Baums‹, vermutetePaul und ging weiter darauf zu. Auch die Schleifspuren zeigten in die gleiche Richtung.
    Der Baum war imponierend. Je näher Paul kam, desto majestätischer und älter wirkte er. Sein breiter Stamm barg eine ganze
     Reihe von Spalten und Höhlungen, dicke Pilze ragten aus dem vielfach morschen Holz. Doch von Joe war auch hier nichts zu sehen.
    Vergeblich suchte er nach weiteren Spuren, obwohl der Boden an vielen Stellen so weich war, dass Joes Trekkingschuhe sicher
     tiefe Abdrücke hinterlassen hätten.
    ›Was könnten sie hier gemacht oder gesucht haben?‹
    Paul schüttelte den Kopf und wollte gerade umkehren, als er vor sich im flachen Wasser eine flüchtige Bewegung wahrnahm.
    »Was war das?« Er hatte unwillkürlich laut gesprochen. Angst vor einer unbekannten Gefahr kroch seinen Nacken entlang, während
     er mit zusammengekniffenen Augen in das von Lichtreflexen gesprenkelte Wasser starrte.
    Und dann überfiel ihn die Erkenntnis wie ein Schlag in die Magengrube. Das Wasser starrte zurück!
    Zwei kleine dunkle Augen hatten ihn fixiert undverfolgten jede seiner Bewegungen. Und diese Augen steckten in dem größten Schlangenkopf, den Paul je gesehen hatte. Es war
     eine Anakonda. Und zwar nicht irgendeine, sondern – daran bestand nicht die Spur eines Zweifels –
die
Anakonda, von deren Fang sich

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