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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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eindringenden Tageslicht.
    Da entdeckte er das Seil, das von der Decke hing. Er griff nach der Schlaufe und zog einmal vorsichtig daran, zog stärker, bis die Klapptür aufschwang. Sie war gut geölt und öffnete sich lautlos.
    Dann schob er die dreiteilige Trittleiter an der Innenseite der Klapptür behutsam auseinander. Er ging langsam vor, denn er wollte keine unnötigen Geräusche machen.
    Schließlich kletterte er in die Bodenkammer über der Garage. Im Dachstuhl mußten irgendwo Luftschlitze sein, doch im ersten Moment schien der Ort hermetisch abgeschlossen, so dick war die Luft. Vassagos hochsensible Augen erfaßten einen Dielenboden, jede Menge Pappkartons und ein paar Möbelstücke, die mit Schutzbezügen abgedeckt waren. Keine Fenster. Genau über sich konnte er die rauhe Unterseite der Dachdecke zwischen den Sparren erkennen. Zwei Glühbirnen baumelten an jeweils einem Ende des langgezogenen Spitzdachs, aber er brauchte ja kein Licht.
    Ganz vorsichtig und langsam, wie in einem Stummfilm, streckte er sich bäuchlings auf dem Dachboden aus, langte durch die Bodenluke, zog die Klappleiter Stück für Stück herauf und sicherte sie an der Innenseite der Klapptür. Dann drückte er die Tür behutsam zu. Nur ein leises Klicken war zu hören, als die starke Verriegelungsfeder einrastete. Jetzt war er eingeschlossen.
    Er zog ein paar Schutzbezüge von den Möbeln, sie schienen relativ sauber, legte sie auf den Boden zwischen den Kartons und baute sich ein Lager. Hier wollte er warten, bis der Tag sich neigte.
    Regina. Lindsey. Ich bin da.

Sechstes Kapitel
1
    Am Mittwochmorgen brachte Lindsey Regina zur Schule. Bei ihrer Rückkehr fand sie Hatch am Küchentisch sitzend vor. Er war dabei, ihre zwei Browningpistolen Kaliber 9 mm zu reinigen und zu ölen. Vor fünf Jahren hatte er sie angeblich zu ihrem Schutz erworben, kurz nachdem die Diagnose über Jimmys unheilbaren Krebs gefallen war. Als Ausrede hatte er die alarmierende Zahl von Verbrechen benutzt, obwohl die Quote in ihrem Teil von Orange County nie besonders hoch war – und damals erst recht nicht. Lindsey wußte genau, ließ es sich aber nie anmerken, daß Hatch weniger Furcht vor Einbrechern hatte als vor der Krankheit, die ihm seinen Sohn rauben würde. Weil er dem Krebs gegenüber machtlos war, suchte er unbewußt nach einem Gegner, den er mit einer Waffe bekämpfen konnte.
    Bislang waren die Pistolen aber nur auf einem Schießplatz zum Einsatz gekommen. Hatch hatte darauf bestanden, daß auch Lindsey lernte, mit einer Waffe umzugehen, aber seit einem oder zwei Jahren waren sie nicht einmal mehr zum Zielschießen gekommen.
    »Hältst du das wirklich für klug?« fragte sie und wies auf die Pistolen.
    »Ja«, antwortete er knapp. »Vielleicht sollten wir die Polizei einschalten.«
    »Wir haben doch schon mehrfach durchdiskutiert, warum das nicht geht.«
    »Wir könnten es ja trotzdem versuchen.«
    »Sie werden uns nicht helfen. Können es auch nicht.« Lindsey mußte zugeben, daß er recht hatte. Sie besaßen keinerlei Beweis dafür, daß sie in Gefahr waren. »Übrigens«, fuhr er mit einem Blick auf die Pistolen fort, während er die Läufe reinigte. »Ich hatte den Fernseher an, um nicht so allein bei dieser Arbeit zu sein. Die Morgennachrichten.«
    Das kleine Fernsehgerät auf dem drehbaren Bord am Ende des Küchentresens war jetzt ausgeschaltet.
    Lindsey fragte nicht, was in den Morgennachrichten gewesen war. Sie hatte so ein Gefühl, daß sie es bereuen würde, zugleich ahnte sie, daß sie es bereits wußte.
    Schließlich blickte Hatch auf und sah sie an. »Steven Honell wurde letzte Nacht gefunden. Er war mit allen vieren an die Bettpfosten gebunden und ist mit einem Feuerhaken erschlagen worden.«
    Lindsey stand wie erstarrt. Dann zog sie einen Stuhl heran, sie mußte sich setzen.
    Gestern noch hatte sie Steven Honell eine Zeitlang richtiggehend gehaßt. Mehr als das. Jetzt empfand sie keinerlei feindselige Gefühle mehr ihm gegenüber. Nur noch Mitleid für einen verklemmten Menschen, der seine Unsicherheit hinter Arroganz und Selbstgefälligkeit verborgen hatte. Ein mieser, kleinlicher und gemeiner Kerl, doch jetzt war er tot; und diese Strafe war zu hoch für derlei Charakterschwächen.
    Lindsey senkte den Kopf und legte ihn auf ihre verschränkten Arme auf dem Tisch. Sie konnte nicht weinen, es gab nichts an ihm, was ihr gefallen hätte, bis auf sein Talent vielleicht. Wenn das Auslöschen dieses Talents schon keine Tränen bei ihr

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