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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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von Pappkartons und Möbelstücken aufgeschlagen und lag im Halbdunkel. Es roch nach trockenem Holz und muffiger Pappe.
    Weil er keinen Schlaf fand, begann er sich zur Entspannung auszumalen, wie herrlich das Inventar dieser Dachkammer brennen würde. In seiner krankhaften Phantasie stiegen flammende Feuerwände mit gelben und roten Spiralen auf, und die Splinte im brennenden Dachgebälk zerbarsten mit lautem Knall. Pappkartons und Papierverpackungen, entzündliche Erinnerungsstücke gingen in Rauchwolken auf, begleitet von einem Prasseln, das an den fernen Theaterapplaus eines fanatischen Publikums erinnerte. Obwohl sich der Brand nur in seiner Phantasie abspielte, mußte Vassago die Augen vor dem imaginären Feuerschein schließen.
    Die Vorstellung von dem Feuer war nicht unterhaltsam – vielleicht deshalb, weil in der Dachkammer nur Dinge brannten, leblose Objekte. Wo lag da der Spaß?
    Achtzehn waren im Spukhaus verbrannt – oder zu Tode getrampelt worden – in jener Nacht, als Tod Ledderbeck im Tunnel des ›Tausendfüßlers‹ den Tod gefunden hatte. Das war ein Feuer gewesen.
    Jeremy hatte es zwar verstanden, jeden Verdacht in bezug auf den Tod des Astronauten-Asses oder den Brand im Spukhaus abzuwehren, die Nachbeben seiner Nacht des Großen Spiels holten ihn jedoch ein. Die Vorkommnisse in Fantasy World machten mindestens zwei Wochen lang Schlagzeilen und bildeten für einen Monat das Hauptgesprächsthema in der Schule. Der Vergnügungspark schloß vorübergehend die Pforten, machte wieder auf bei schleppendem Geschäft, schloß erneut wegen Umbauarbeiten, nahm den Betrieb wieder auf mit schwindendem Publikum und gab schließlich angesichts permanent schlechter Presse und einer drohenden Prozeßlawine auf. Ein paar tausend Menschen verloren ihren Arbeitsplatz. Mrs. Ledderbeck erlitt einen Nervenzusammenbruch, der Jeremys Ansicht nach nur gespielt war. So zu tun, als ob sie Tod wirklich geliebt hätte, war ja wohl der Gipfel an Heuchelei.
    Andere Erschütterungen, mehr persönlicher Natur, trafen Jeremy. Unmittelbar nach dem Geschehen, nach einer langen schlaflosen Nacht, mußte er sich eingestehen, daß er vollkommen die Beherrschung verloren hatte. Nicht als er Tod umbrachte. So etwas schickte sich nicht, wenn der Meister des Spiels seine Meisterschaft unter Beweis stellte. Doch vom Moment von Tods tödlichem Sturz aus dem Wagen an war er trunken vor Macht gewesen und in dem Vergnügungspark herumgetaumelt, als hätte er sechs oder ein Dutzend Dosen Bier runtergeschüttet. Berauscht, benebelt, breit und stinkbesoffen vor Macht, weil er in die Rolle des Todes geschlüpft und der geworden war, den alle Menschen fürchteten. Das Erlebnis hatte jedoch nicht einfach nur eine berauschende Wirkung: Es machte süchtig. Jeremy wollte es am nächsten Tag wieder tun, am übernächsten und dann jeden Tag, solange er lebte. Er mußte noch einmal jemanden anzünden und herausfinden, wie man sich fühlte, wenn man mit einem scharfen Messer, mit einer Pistole, mit einem Hammer, mit den bloßen Händen ein Leben auslöschte. Jene Nacht hatte schlagartig eine frühe Pubertät bei ihm ausgelöst, die Phantasien vom Töten ließen ihn erigieren, und das Ausmalen der vor ihm liegenden Mordtaten brachte ihn zu einem bis dahin unbekannten Höhepunkt. Erschrocken über die Heftigkeit seines ersten Orgasmus und den feuchten Erguß, traf ihn bei Morgengrauen die Erkenntnis, daß der wahre Meister des Spiels nicht nur keine Angst beim Töten empfinden durfte, sondern vielmehr die ungezähmte Gier, erneut zu töten, die sich aus dem ersten Mal speiste, beherrschen mußte. Glatt mit einem Mord davonzukommen, bewies seine Überlegenheit den anderen Spielern gegenüber, er würde jedoch nicht lange unbehelligt bleiben, wenn er die Selbstbeherrschung verlor und Amok lief, wie diese Kerle im Fernsehen, die in einer Einkaufspassage mit einer halbautomatischen Waffe in die Menschenmenge feuerten. So einer war kein Meister, eher ein Dummkopf, ein Verlierer. Ein Meister suchte sorgfältig aus, traf seine Wahl, selektierte sein Opfer und eliminierte es stilgerecht.
    Auf seiner Lagerstatt in der Bodenkammer sann Vassago darüber nach, daß ein Meister wie eine Spinne vorgehen mußte. Ein geeignetes Jagdrevier suchen. Das Netz spinnen. Sich hinsetzen, die langen Beine einziehen und sich ganz klein und unsichtbar machen … und lauern.
    Eine Menge Spinnen leisteten ihm unter dem Dach Gesellschaft. Mit seinen extrem lichtempfindlichen Augen

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