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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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und knurrten, als er an ihnen vorbeifuhr.
    Trotz seines Entsetzens und seiner Orientierungslosigkeit merkte Hatch, daß die Schreckensgestalten an den Tunnelwänden nicht echt waren. Alsbald konnte er auch das ratternde Geräusch einordnen: Er befand sich in seinem Auto in einer Geisterbahn und raste gerade auf einen Gipfel zu, hinter dem es steil bergab ging.
    Hatch machte sich gar nicht erst die Mühe, sich einzureden, daß das alles nicht sein konnte, und versuchte nicht, sich wachzurütteln. Er gab einfach auf. Er wußte inzwischen, daß es egal war, ob er seinen Augen traute oder nicht, die Fahrt würde trotzdem weitergehen. Also konnte er genausogut die Zähne zusammenbeißen und die Sache durchstehen.
    Daß er aufgab, hieß aber nicht, daß er keine Angst hatte. Im Gegenteil, die Hosen schlotterten ihm vor Angst.
    Einen kurzen Moment lang erwog er, die Wagentür zu öffnen und auszusteigen. Das würde vielleicht den Bann brechen. Er ließ es sein aus dem unguten Gefühl heraus, daß er beim Aussteigen nicht auf dem Parkplatz vor dem Waffenladen, sondern im Tunnel stehen und sein Wagen ohne ihn weiter bergauf fahren würde. Wenn er den Kontakt mit seinem roten Mitsubishi verlor, würde er vielleicht endgültig die Tür zur Realität zuschlagen, sich für immer dieser Halluzination verschreiben, aus der es kein Entkommen mehr gab.
    Der Wagen fuhr an dem letzten künstlichen Monster vorbei, erreichte den Gipfelpunkt. Schob sich durch eine Schwingtür. Ins Dunkel. Die Tür schloß sich hinter ihm. Der Wagen kroch vorwärts. Vorwärts. Vorwärts. Unvermittelt schoß er nach vorn und stürzte in eine bodenlose Tiefe.
    Hatch schrie auf, und mit seinem Schrei klärte sich die Dunkelheit. Der sonnige Frühlingstag war wieder da. Der Parkplatz. Der Waffenladen.
    Seine Hände hielten das Steuer so fest umklammert, daß die Knöchel weiß hervortraten.
     
    Den ganzen Vormittag lang wachte Vassago mehr als daß er schlief. Sobald er jedoch einnickte, befand er sich wieder auf dem ›Tausendfüßler‹ in jener glorreichen Nacht.
    In den Tagen und Wochen nach den tödlichen Vorkommnissen in Fantasy World hatte er sich ohne Zweifel als wahrer Meister bewiesen und seinen zwanghaften Wunsch zu töten mit eiserner Disziplin unterdrückt. Schon der Gedanke an seine vergangenen Mordtaten reichte, um den Druck ab zulassen, der sich regelmäßig in ihm aufbaute. Hunderte von Malen durchlebte er erneut die sinnlichen Details jedes einzelnen Todes und löschte, zumindest für kurze Zeit, das Feuer, das in ihm loderte. Und die Gewißheit, daß er, wenn möglich, jederzeit wieder töten würde, setzte seiner Hemmungslosigkeit weitere Schranken.
    Es dauerte zwei Jahre, bis er wieder tötete und im Alter von vierzehn Jahren einen Jungen im Feriencamp ertränkte. Der Junge war kleiner und schwächer als Jeremy, wehrte sich aber mit aller Kraft. Als er mit dem Gesicht nach unten im Teich treibend gefunden wurde, drehten sich die Gespräche im Camp nur noch um dies eine Thema. Wasser konnte genauso aufregend sein wie Feuer.
    Als Jeremy sechzehn und im Besitz eines Führerscheins war, legte er zwei Anhalter um.
    Den einen im Oktober, den anderen wenige Tage vor Thanksgiving im November. Bei dem letzten handelte es sich bloß um einen Collegestudenten auf dem Weg nach Hause in die Ferien. Doch der erste war ein besonderer Fall, ein Gauner, der glaubte, in Jeremy ein naives Opfer für seinen eigenen Lustgewinn gefunden zu haben. Jeremy hatte beide Male ein Messer benutzt.
    Mit siebzehn entdeckte er den Satanismus und konnte nicht genug darüber lesen, überrascht, daß seine geheime Philosophie bereits kodifiziert war und Eingang in Geheimkulte gefunden hatte. Oh, da gab es auch mildere Erscheinungsformen, von kleinherzigen Schlappschwänzen propagiert, denen nur daran lag, ein klein wenig von der Gottlosigkeit zu kosten, als Entschuldigung dafür, dem Lustprinzip frönen zu wollen. Es gab aber auch die wirklich Überzeugten, die fest daran glaubten, daß es Gott nicht gelungen war, den Menschen nach Seinem Bilde zu schaffen, daß die Masse der Menschheit einer Viehherde glich, daß Selbstsucht lobenswert war und der Genuß das einzig erstrebenswerte Ziel darstellte und daß der höchste Genuß überhaupt nur in der brutalen Ausübung von Macht über andere erlangt werden konnte.
    Aus einem im Selbstverlag gedruckten Bändchen hatte Jeremy gelernt, daß die ultimative Form von Macht sich darin ausdrückte, diejenigen zu vernichten, die einen

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