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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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um sich selbst zu beweisen, was sie hätte durchmachen müssen mit dieser zusätzlichen Behinderung. Der Es-hätte-auch-schlimmer-kommen-können-Trick funktionierte hier leider überhaupt nicht, weil sie sich gar nichts Schlimmeres vorstellen konnte als ihre jetzige Lage, allein mit diesem Fremden, der ganz in Schwarz gekleidet war, auch nachts noch eine Sonnenbrille trug und sie »Baby« nannte und »Schätzchen«. Ihre anderen Tricks klappten allerdings auch nicht.
    Während er sie ungeduldig über das Lagunenbecken zerrte, zog sie ihr rechtes Bein nach, als ob das Gehen ihr große Mühe machte. Sie mußte Zeit schinden, um nachdenken, sich einen neuen Dreh ausdenken zu können.
    Schließlich war sie noch ein Kind, und so einfach fielen einem keine guten Tricks ein, selbst dann nicht, wenn man so gerissen war wie sie. Ja, nicht einmal einem Kind, das zehn Jahre lang so viele schlaue Drehs und Kniffe erdacht hatte, um den anderen vorzugaukeln, daß sie auf sich selbst aufpassen konnte, daß sie zäh war und daß sie niemals weinte. Nur war jetzt ihre Trickkiste erschöpft, und Regina empfand größere Angst als je zuvor in ihrem Leben.
    Er zerrte sie an großen Flachbooten vorbei, wie die Gondeln in Venedig, die sie von Bildern her kannte, doch diese hier hatten einen drachenförmigen Bug wie Wikingerschiffe. Der Fremde riß sie schon wieder weiter, und so humpelte sie an einem fürchterlich schnaubenden Schlangenkopf vorbei, der noch größer war als sie selbst.
    Welke Blätter und Papierreste rotteten in dem leeren Becken vor sich hin. In der manchmal kräftig aufblasenden Nachtbrise wirbelte der Dreck mit dem Klatschen einer gespenstischen See um sie herum.
    »Komm schon, mein Schätzchen«, sagte er mit honigsüßer und doch kalter Stimme. »Ich möchte, daß du dein Golgatha zu Fuß erklimmst, genau wie Er. Findest du nicht auch, daß das passender wäre? Ist das zuviel verlangt? Hm? Ich bestehe ja nicht darauf, daß du auch noch dein eigenes Kreuz hinaufschleppst, nicht wahr? Was meinst du, mein Schatz, wirst du gefälligst deinen Hintern in Bewegung setzen? «
    Regina wurde von Todesangst gepackt, keine List vermochte ihr mehr zu helfen, kein Trick ihre Tränen zurückzuhalten. Sie zitterte und begann zu weinen, und ihr rechtes Bein wurde nun wirklich schwach, so daß sie nicht mehr imstande war, aufrecht zu stehen, geschweige denn, schneller zu gehen, wie er es verlangte.
    In alten Zeiten hätte sie sich in einem solchen Augenblick an Gott gewandt, hätte mit ihm geredet und geredet, weil niemand sonst sich so oft und so offen mit Gott unterhielt, wie sie es seit ihrer jüngsten Kindheit tat. Sie hatte allerdings auch schon im Auto mit Ihm gesprochen und nicht gemerkt, daß Er sie hörte. In all den Jahren war ihre Unterhaltung immer einseitig gewesen, gewiß, doch sie merkte jedesmal, ob Er ihr zuhörte, zumindest spürte sie einen Hauch Seines großen, steten Atems. Jetzt wußte sie mit Sicherheit, daß Er nicht hinhörte, denn wenn Er erkannte, in welch verzweifelter Lage sie sich befand, hätte Er nicht gezögert, ihr dieses eine Mal zu antworten. Er war fort, verschwunden, und sie fühlte sich so verlassen wie nie.
    Als die Tränen und ihre Schwäche sie so übermannten, daß sie überhaupt nicht mehr vorwärts kam, hob der Fremde sie auf. Er war sehr stark. Regina sträubte sich nicht, hielt sich aber auch nicht an ihm fest. Sie verschränkte einfach die Arme vor ihrer Brust, ballte ihre Hände zu kleinen Fäusten und zog sich innerlich vor ihm zurück.
    »Laß mich dich tragen, mein kleiner Jesus«, sagte er. »Mein süßes Lämmchen, es ist mir eine Ehre, dich tragen zu dürfen.« Trotz der süßen Worte schwang keine Wärme in seiner Stimme. Bloß Hohn und Haß. Sie kannte diesen Ton, hatte ihn schon hundertmal gehört. Egal, was man anstellte, um dazuzugehören und mit jedermann gut Freund zu sein, es gab Kinder, die einen verabscheuten, wenn man sich zu sehr von ihnen unterschied, und in ihren Stimmen lag dann genau dieses Etwas, das einen schaudern ließ.
    Er trug sie durch die offenstehenden morschen Türen in eine Finsternis, in der sie sich ganz klein fühlte.
     
    Lindsey machte sich nicht einmal die Mühe auszusteigen und nachzusehen, ob das Tor sich öffnen ließ. Als Hatch die Richtung wies, trat sie einfach das Gaspedal ganz durch. Der Wagen bäumte sich auf und schoß vorwärts. Sie bahnten sich krachend ihren Weg auf das Parkgelände, rissen das Tor um und handelten sich noch ein paar

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