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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Tod.
    »Vierundzwanzig Grad.«
    »Dreiundsiebzig Minuten.«
    Jonas injizierte weitere Drogen in das durch die Vene fließende Blut.
    Er vermutete, daß die Kollegen seinen Glauben an den Tod als übernatürliche Kraft mit einem eigenen Willen und Bewußtsein für dummen Aberglauben halten würden. Seine feste Überzeugung, daß der Tod manchmal in leiblicher Gestalt auf Erden wandelte und auch jetzt, wenngleich unsichtbar, in diesem OP gegenwärtig war, würden sie wahrscheinlich sogar als Symptom von geistiger Labilität oder gar beginnendem Wahnsinn werten. Aber Jonas selbst zweifelte nicht an seiner geistigen Gesundheit. Schließlich basierte sein Glaube an den Tod als Wesen auf empirischen Beweisen. Er hatte den verhaßten Feind gesehen, als er erst sieben Jahre alt war, er hatte seine Stimme gehört, hatte ihm in die Augen geblickt, seinen stinkenden Atem gerochen und seine eisigen Finger auf seinem Gesicht gespürt.
    »Fünfundzwanzig Grad.«
    »Haltet euch bereit«, sagte Jonas.
    Die Körpertemperatur des Patienten näherte sich einer Schwelle, jenseits derer die Reanimation jederzeit einsetzen konnte. Kari zog eine Spritze mit Epinephrin auf, und Ken schaltete schon mal den Defibrillator ein. Gina öffnete das Ventil eines Behälters, der eine Spezialmischung von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid enthielt, und nahm die Atemmaske zur Hand, um sich zu vergewissern, daß sie einsatzbereit war.
    »Sechsundzwanzig Grad«, sagte Helga. »Siebenundzwanzig.«
    Gina schaute auf ihre Uhr. »Gleich … vierundsiebzig Minuten.«
6
    Unten angelangt, betrat er einen höhlenartigen Raum von der Größe einer Flugzeughalle. Hier war einst die Hölle nachgebildet worden, wie ein nicht allzu phantasievoller Designer sie sich vorgestellt hatte, einschließlich der – mit Hilfe von Gas – erzeugten Flammen, die an den Felsformationen aus Beton entlang der Wände leckten.
    Das Gas war schon vor langer Zeit abgeschaltet worden. Die Hölle war jetzt kohlpechrabenschwarz. Aber natürlich nicht für ihn.
    Er bewegte sich langsam über den Betonboden, der durch eine gewundene Rinne mit einem weiteren Gleiskettenmechanismus zweigeteilt wurde. Hier wurden die Gondeln durch einen See befördert: Geschickte Beleuchtung und blubbernde Luftblasen, die kochendes Öl simulierten, hatten die Illusion eines Feuersees erzeugt. Bei jedem Schritt genoß er den köstlichen Verwesungsgeruch, der immer durchdringender wurde.
    Ein Dutzend mechanischer Dämone hatte einst von den Felsen aus für wohligen Schrecken gesorgt: Die Figuren hatten riesige Fledermausflügel ausgebreitet und aus glühenden Augen harmlose Laserblitze auf die Gondeln geschleudert. Elf Dämonen waren weggeschafft worden, in irgendeinen anderen Vergnügungspark oder zur Verschrottung. Aus unerfindlichen Gründen war ein Teufel hiergeblieben – verrostetes Metall, mottenzerfressene Stoffe, verbeulter Kunststoff, schmutzstarrende hydraulische Vorrichtungen. Er stand noch immer auf einer hohen Felsspitze und wirkte eher kläglich als furchterregend.
    Während er an dieser jämmerlichen Figur vorbeiging, dachte er: Ich bin der einzige echte Dämon, den dieser Ort je gesehen hat und je sehen wird, und das gefiel ihm.
    Schon vor Monaten hatte er seinen früheren Vornamen abgelegt und den Namen eines Dämons angenommen, der ihm aus einem Buch über Satanismus im Gedächtnis geblieben war. Vassago. Einer der drei mächtigsten Prinzen der Hölle, nur Seiner Satanischen Majestät Untertan. Vassago. Der Klang dieses Namens gefiel ihm sehr. Er kam ihm so leicht über die Lippen, als hätte er nie anders geheißen.
    »Vassago.«
    In der tiefen unterirdischen Stille hallte es von den Betonfelsen unheimlich wider: »Vassago!«
7
    »Achtundzwanzig Grad.«
    »Jetzt müßte es passieren«, sagte Ken.
    Kari ließ die Monitore nicht aus den Augen. »Nullinien, nichts als Nullinien.«
    Ihr Schwanenhals war so zart, daß Jonas den schnellen Puls in ihrer Halsschlagader sehen konnte.
    Er blickte auf den Toten hinab. Dessen Halsschlagader pulsierte nicht.
    »Fünfundsiebzig Minuten.«
    »Falls er zu sich kommt, ist es jetzt ein offizieller Rekord«, sagte Ken. »Wir werden feiern müssen, mit allem Drum und Dran: Besäufnis, große Kotzerei, Herumtorkeln, sich zum Gespött der Leute machen.«
    »Neunundzwanzig Grad.«
    Plötzlich schnaufte der Tote.
    Jonas zuckte zusammen und starrte auf die Monitore.
    Das EKG zeigte krampfartige Bewegungen im Herzen des Patienten.
    »Na also«, sagte Kari.
8
    Die

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