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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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behutsam«, riet Jonas.
    Kari regelte die Temperatur.
    Sie mußten den Körper erwärmen, aber bei einer zu schnellen Erhitzung konnten neue Probleme auftreten. Jede Wiederbelebung war eine Gratwanderung.
    Jonas injizierte mehr Vitamin E und C und chemische Mittel.
    Der Patient lag bleich und regungslos da. Er erinnerte Jonas an eine lebensgroße Figur in einer alten Kathedrale: ein Christus aus weißem Marmor, im Grabe liegend, vor der erfolgreichsten Auferstehung aller Zeiten.
    Kari Dovell hatte Harrisons Lider für die ophtalmoskopische Untersuchung geöffnet, und nun starrte er blicklos an die Decke, während Gina künstliche Tränen in seine Augen tröpfelte, damit die Linsen nicht austrockneten. Bei dieser Arbeit summte sie »Little Surfer Girl« vor sich hin. Sie war ein Beach-Boys-Fan.
    In den Augen der Leiche stand weder Schock noch Angst geschrieben, wie man vielleicht hätte erwarten können. Statt dessen hatten sie einen beinahe friedlichen Ausdruck, so als hätten sie im Moment des Todes etwas Wunderbares geschaut.
    Gina hatte dem Patienten die Augentropfen verabreicht und warf wieder einen Blick auf die Uhr. »Achtundsechzig Minuten.«
    Jonas ertappte sich bei dem unsinnigen Wunsch, ihr den Mund zu verbieten, als würde die Zeit stehenbleiben, wenn sie nicht Minute für Minute angäbe.
    Blut wurde durch die Herz-Lungen-Maschine gepumpt.
    »Siebzehn Grad.« Helga sagte das in so strengem Ton, als würde sie den Toten am liebsten dafür verprügeln, daß er sich mit dem Erwärmen soviel Zeit ließ.
    Nullinien auf dem EKG.
    Nullinien auf dem EEG.
    »Nun komm schon«, drängte Jonas. »Los, nun mach doch!«
4
    Er betrat das Museum der Toten nicht durch eine der oberen Türen, sondern durch die wasserlose Lagune. In der flachen Vertiefung lagen noch immer drei Gondeln auf dem rissigen Beton. Sie waren für jeweils zehn Fahrgäste gedacht, aber diese Gleiskettenboote waren schon vor langer Zeit von den Schienen gekippt worden, auf denen sie einst ihre glücklichen Passagiere transportiert hatten. Sogar bei Nacht und mit Sonnenbrille konnte er sehen, daß diese Gefährte nicht den schwanenhalsartigen Bug der echten venezianischen Gondeln besaßen, sondern mit grinsenden Wasserspeiern als Bugfiguren versehen waren, aus Holz handgeschnitzt und grell bemalt, früher vielleicht furchterregend, nun aber rissig, verwittert und abgeblättert. Die Lagunentüren, die sich in besseren Zeiten schwungvoll geöffnet hatten, sobald eine Gondel angefahren kam, wurden nicht mehr betrieben. Eine war in geöffneter Stellung festgefroren, die andere war geschlossen, hing aber nur noch an zwei ihrer vier verrosteten Scharniere. Durch den offenen Türflügel betrat er einen Gang, der viel schwärzer war als die Nacht, die hinter ihm lag.
    Er nahm die Sonnenbrille ab. In dieser Finsternis brauchte er sie nicht.
    Er benötigte aber auch keine Taschenlampe. Wo jeder normale Mensch blind gewesen wäre, konnte er sehen.
    Der Betonkanal, durch den die Gondeln einst gefahren waren, war einen Meter tief und zweieinhalb Meter breit. Eine viel schmalere Rinne im Boden enthielt den verrosteten Gleiskettenmechanismus – ein endloses Band aus fünfzehn Zentimeter hohen stumpfen Haken, die einst in die Stahlösen auf der Unterseite des Bootsrumpfes eingerastet waren und auf diese Weise die Gondeln fortbewegt hatten. Als das Fahrgeschäft noch in Betrieb gewesen war, hatte Wasser diese Haken unsichtbar gemacht und die Illusion verstärkt, daß die Gondeln einfach in der Strömung trieben. Nun aber sah dieser in der Ferne verschwindende Mechanismus wie die Wirbelsäule eines riesigen prähistorischen Reptils aus.
    Die Welt der Lebenden besteht nur aus solchen Täuschungsmanövern, dachte er. Unter der glatten Oberfläche laufen heimliche Mechanismen ab, die weniger schön sind.
    Er ging tiefer in das Gebäude hinein. Die Abschüssigkeit des Kanals war zunächst kaum wahrnehmbar, aber ihm fiel sie auf, weil er diesen Weg schon so oft gegangen war.
    Über seinem Kopf gab es auf beiden Seiten des Kanals meterbreite Wartungsgänge. Dahinter lagen die Tunnelwände, die schwarz gestrichen worden waren, unauffällige Kulissen für das gruselige Geschehen im Vordergrund.
    An manchen Stellen entlang des Kanals gab es Nischen oder sogar richtige Zimmer. In früheren Zeiten waren hier die Figuren untergebracht gewesen, die die Fahrgäste amüsieren oder erschrecken sollten – oder beides: Geister und Trolle, Dämonen und Monster, mit Äxten bewaffnete

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