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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Sauerstoff versorgt wurde, bildeten sich trotz der verzögernden Wirkung von Hypothermie riesige Ansammlungen dieser freien Radikalen. Und zwar viel mehr, als der Körper unter normalen Umständen zu bewältigen hatte. Begann das Herz dann wieder zu schlagen, wurden diese zerstörerischen Moleküle ins Gehirn geschwemmt, mit verheerenden Folgen.
    Die Vitamine und chemischen Präparate würden die freien Radikale unschädlich machen, bevor sie irreversible Schäden anrichten konnten. So hoffte man jedenfalls.
    Jonas führte die drei intravenösen Spritzen an verschiedenen Stellen des Oberschenkels ein, injizierte den Inhalt aber noch nicht.
    »Fünfundsechzig Minuten«, sagte Gina.
    Der Patient war schon erschreckend lange tot.
    Der Rekord für eine erfolgreiche Reanimation lag bisher bei siebzig Minuten.
    Trotz der kühlen Luft fühlte Jonas, daß ihm auf der Kopfhaut, unter dem schütteren Haar, der Schweiß ausbrach. Er nahm emotional immer viel zuviel Anteil. Einige seiner Kollegen mißbilligten sein übersteigertes Einfühlungsvermögen, sie waren der Überzeugung, daß zwischen Arzt und Patient eine gewisse Distanz herrschen müsse, um die Urteilsfähigkeit nicht zu gefährden. Aber für Jonas war kein Patient nur Patient. Jeder dieser Patienten wurde von jemandem geliebt und gebraucht. Jonas war sich unmißverständlich klar, daß, wenn er versagte, davon nicht nur der Patient selbst betroffen war, sondern auch ein weites Netzwerk von Verwandten und Freunden, die um den Toten trauerten und weinten. Sogar wenn Jonas jemanden wie diesen Harrison behandelte, von dem er überhaupt nichts wußte, begann er sich die Angehörigen des Patienten vorzustellen und fühlte sich für sie genauso verantwortlich, als würde er sie persönlich gut kennen.
    »Der Junge sieht gut aus«, kommentierte Ken die Röntgenbilder und Sonogramme. »Keine Knochenbrüche. Keine inneren Verletzungen.«
    »Aber diese Sonogramme wurden nach seinem Tod angefertigt«, bemerkte Jonas. »Sie zeigen also keine funktionierenden Organe.«
    »Richtig. Wir werden weitere Aufnahmen machen, wenn er reanimiert ist, und uns noch mal vergewissern, daß alles in Ordnung ist, aber bis jetzt sieht es erst mal ganz gut aus.«
    Kari Dovell hatte ihre Untersuchung der Augen des Toten abgeschlossen und richtete sich wieder auf. »Er könnte eine Gehirnerschütterung haben. Schwer zu sagen.«
    »Sechsundsechzig Minuten.«
    »Jede Sekunde zählt jetzt, Leute. Seid ihr fertig?« mahnte Jonas, obwohl er wußte, daß das überflüssig war.
    Die kühle Luft gelangte nicht an seinen Kopf, weil er eine Haube trug, aber der Schweiß auf seiner Kopfhaut war eiskalt. Schauer liefen ihm über den Rücken.
    Im Rhythmus des künstlichen Pulsschlags der Herz-Lungen-Maschine wurde auf siebenunddreißig Grad erwärmtes Blut durch den transparenten Plastikschlauch in den Körper des Patienten gepumpt.
    Jonas injizierte die Hälfte des Inhalts der drei Spritzen in das erste Blut, das durch die Oberschenkelvene floß. Er wartete eine knappe Minute, dann injizierte er auch den Rest.
    Helga hatte nach seinen Instruktionen bereits drei weitere Spritzen vorbereitet. Er ersetzte die leeren durch die vollen, injizierte den Inhalt aber noch nicht.
    Ken stellte den tragbaren Defibrillator neben den Patienten. Falls Harrisons Herz nach der Reanimation unregelmäßig oder viel zu schnell schlagen sollte, könnte dieses Herzflimmern durch Stromstöße beseitigt werden. Diese Methode wurde aber nur im äußersten Notfall angewandt, denn die Defibrillation konnte bei einem soeben erst von den Toten auferweckten Patienten, dessen Zustand erwartungsgemäß noch äußerst labil war, auch eine gefährliche Gegenreaktion hervorrufen.
    Nach einem Blick auf das Digitalthermometer meldete Kari: »Seine Körpertemperatur ist erst bei vierzehn Grad.«
    »Siebenundsechzig Minuten«, sagte Gina.
    »Viel zu langsam«, meinte Jonas.
    »Externe Wärmezufuhr?«
    Jonas zögerte.
    »Na los. Wir sollten es versuchen«, riet Ken.
    »Fünfzehn Grad«, sagte Kari.
    »Wenn es in diesem Tempo weitergeht«, kommentierte Helga besorgt, »werden wir bei über achtzig Minuten ankommen, bevor er auch nur annähernd so warm ist, daß das Herz anspringen kann.«
    Bei der Vorbereitung des OPs waren für alle Fälle Heizkissen unter das Laken auf dem Operationstisch gelegt worden. Sie erstreckten sich über den Bereich des ganzen Rückgrats.
    »Okay«, entschied Jonas.
    Kari schaltete die Heizkissen ein.
    »Aber ganz

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