Das Versteckspiel (T-FLAC) (German Edition)
erst am Sonntag in einer Woche von hier wegkommen.
»Hoffentlich passen dir die Stiefel, die ich gefunden habe. « Wo, verriet er nicht, und sie stellte keine Fragen. Zwischen Delanies Zehen und den Schuhspitzen klafften gut sechs Zentimeter. Doch das war immer noch besser, als wenn sie barfuß gehen müsste. Nachdem er die Lücken mit Watte ausgestopft hatte, verknotete er die Schnürsenkel. »Steh auf! «, befahl er, ergriff ihre Oberarme und zog sie hoch. Schmerzhaft strömte das Blut zu ihrem rechten Knöchel hinab.
»Oooooh…«
Kyle drückte ihre Stirn an seine Brust, während sie keuchend nach Luft rang. Schließlich rückte sie von ihm ab. Ihre Augen wirkten viel klarer. Aber der Schmerz ließ nicht nach. Vorerst konnte er nichts dagegen tun. »Gehen wir. «
Obwohl sie etwas wackelig auf den Beinen war, folgte sie ihm tapfer zur Tür. »Wo fangen wir zu suchen an? «
Jetzt hatte er keine Zeit, um ihre Gefühle zu berücksichtigen. »Lauren ist nicht hier«, erklärte er und öffnete die Tür eines kleinen Schranks. Darin fand er, worauf er hoffte unter einer Schalttafel, neben einem Generator, standen Benzintanks. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Küche kam er mit einer halb vollen Fünf-Pfund-Zuckerpackung zurück. Diese Menge reichte, um das Benzin zu verunreinigen und den Generator außer Funktion zu setzen. Dann nahm er die Kontrolltafel auseinander und vernichtete das Kommunikationssystem.
»Hast du nachgesehen? « Er wandte sich zu Delanie, die am Türrahmen lehnte.
»Ja.« Nun erschien ihm ihr Gesicht noch bleichen Aber er verhärtete sein Herz und bezwang den Impuls, sie zu umarmen. Wenn sie in Wut geriet oder sich hintergangen fühlte, war sie am stärksten. Und jetzt brauchte sie ihre ganze Kraft. »Sollte deine Schwester irgendwo auf diesem Berg festgehalten werden, finden wir sie ganz bestimmt. «
Dass er vor der Besprechung mit Montero und dessen Partnern in Vorausschau auf den nächsten Tag alle Hubschrauber zerstört hatte, erwähnte er nicht. Falls Lauren die letzten vierundzwanzig Stunden auf dem Izquierdo verbracht hatte, musste sie immer noch hier sein.
Irgendwo
.
Bevor die Verstärkung eintraf, wollte er die Tiefe des Dschungels erreichen. Anhand seiner Infrarotfotos hatte er irrtümlich vermutet, dieses Gebäude würde zum Drogenlabor gehören. Also waren sie etwa dreißig oder vierzig Minuten von der Hazienda entfernt. Bis die Wachablösung hier ankam, die toten Kameraden fand, die zerstörte Telefonanlage entdeckte und ins Haupthaus zurückeilte, würden mehrere Stunden verstreichen.
Fluchend steckte Delanie vier Finger unter ihr goldenes Halsband und ballte die Hand. »Nimm mir das ab, bevor wir gehen. « Wenn sie noch fester an dem verdammten Ding zerrte, würde sie sich womöglich enthaupten. Als er hinter sie trat und ihren Nacken berührte, schob sie hastig ihr Haar beiseite. »Findest du die Schließe nicht? « Sie spürte seinen warmen Atem, seine rauen Finger. Endlich, nach einer halben Ewigkeit, glitten die goldenen Glieder von ihrem Hals.
»So, jetzt bin ich dran. « Er ging um sie herum, kehrte ihr den Rücken und kauerte sich vor ihre Füße. »Wenn du die untere Seite abtastest, wirst du ein paar ungleichmäßige Glieder finden. «
Um seinen Nacken zu entblößen, legte Delanie seinen Zopf über eine breite Schulter nach vorn. Seine Haut fühlte sich heiß an, das Hemd etwas feucht. Sorgsam fuhr sie mit einer Fingerspitze über die Innenseite des Halsbands, um die Schließe zu suchen.
»Deine Hand ist kalt. «
Entnervt und erschöpft, voller Sorge um Lauren, gab sie ihm keine Antwort. Während ihr Zeigefinger mehrmals über die goldenen Glieder strich, spannten sich Kyles Nackenmuskeln an. Ihr Atem bewegte die feinen Härchen unter seinem Zopf. Er musste ihr deutlicher erklären, wie der unsichtbare Mechanismus funktionierte. Nach scheinbar endlosen Minuten fand sie ihn. Beide atmeten erleichtert auf, als das Halsband in seine ausgestreckte Hand fiel.
Dann stand er auf und verstaute die zwei Halsbänder in einer seiner Hosentaschen. Draußen im Flur glaubte er immer noch, Delanies Fingerspitze auf seiner Haut zu fühlen.
»Versprichst du mir etwas? « Schaudernd ging sie an dem Zimmer vorbei, in dem Isabella…
»Was?«
»Wenn ich aus irgendeinem Grund nicht von hier wegkomme -wirst du meine Schwester aufspüren und in Sicherheit bringen? « Obwohl er ihr einen seltsamen Blick zuwarf, fügte sie unbeirrt hinzu. »Ich besitze eine
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