Das Versteckspiel (T-FLAC) (German Edition)
Regenwald tragen, so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone entfernen. Aber auch diese zärtliche Anwandlung bekämpfte er. Er hasste den Schmerz, den ihm die Sorge um Delanie zufügte.
Nein, er durfte sich nicht von seiner Mission ablenken lassen. Delanies Willenskraft würde sie am Leben erhalten, und er musste sich auf seinen Job konzentrieren.
Manchmal glaubte er zu hören, wie die Rädchen in ihrem Gehirn surrten. Immer wieder erlebte sie in Gedanken, was Isabella ihr angetan hatte. Wahrscheinlich würde sie dieses Grauen noch jahrelang in ihren Albträumen heimsuchen.
Und ihn auch.
Zwischen den Baumwipfeln schien Sonnenlicht herab und verstärkte die schwüle Hitze. Delanies röchelnder Atem beunruhigte Kyle. »Jetzt ruhen wir uns aus. «
»Würdest du auch eine Pause einlegen, wenn du allein wärst? «
»Ich bin nicht allein. «
»Gehen wir weiter. Ich bin okay. «
Resignierend erfüllte er ihren Wunsch und erinnerte sich an die speziellen Vorzüge ihres Zorns, der Adrenalin zu produzieren schien und ihr stets neue Kraft gab. Also würde er sich was ausdenken, das sie ärgern würde. Das fiel ihm nicht schwer. In sanftem Ton bemerkte er: »Du kannst ziemlich gut Distanz wahren, nicht wahr? «
»Was?«
»Du distanzierst dich von den Ereignissen, die in deiner unmittelbaren Umgebung passieren. «
»Wenn’s bloß so wäre …«
»Genauso ist es doch. Isabella hat dich grausam gequält. Deshalb warst du etwa zwanzig Sekunden sauer, dann hast du dir sofort wieder Sorgen um Lauren gemacht. Kümmerst du dich lieber um andere Leute als um dich selber? «
»Sei nicht albern. «
Nach einer kurzen Pause schlug er vor: »Erzähl mir mal, warum du mich an jenem Wochenende in dein Hotelzimmer mitgenommen hast. «
»Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? «
»Nun, das hängt von deiner Antwort ab. «
»Die willst du gar nicht hören. «
»Ganz im Gegenteil, die interessiert mich sogar sehr. Warum bist du in die Bar gegangen und hast mich aufgegabelt? «
Dieser Frage folgte ein langes Schweigen. Als sie die Achseln zuckte, änderte sich der Rhythmus ihrer Schritte. »Das weißt du. Ich war mit Anthony Russell verlobt, schon seit sieben Monaten, und unfähig, mit ihm zu schlafen. Frag mich nicht, wieso. Keine Ahnung. Ich wollte es einfach nicht. Darüber regte er sich furchtbar auf. Er verspottete mich und nörgelte dauernd an mir herum. Bevor er zu einer Konferenz nach San Francisco flog, stellte er mir ein Ultimatum. Wenn er zurückkommen würde, müsste ich mit ihm schlafen. Sonst würde er mir den Laufpass geben. «
»Hättest du dem Arschloch mal lieber gesagt, es soll dich im Mondschein besuchen. « Kyles Machete zerhackte einen mannshohen Farnwedel. »Und dann?«
»Ich beschloss, ihn in San Francisco zu überraschen, lieh mir ein paar von Laurens sexy Kleidern aus und kam unangemeldet in seinem Hotel an. «
»Und da war er mit einer anderen. «
»Ja. Wieso weißt du das? «
»Weil ich zwei und zwei zusammenzähle. «
»Hm …«
»Und um das Wochenende nicht zu vergeuden, wolltest du deine Jungfräulichkeit an einen Fremden verlieren. «
»So ähnlich.« Inzwischen hatte sich der Weg verbreitert, und Delanie ging an Kyles Seite. »Unser Sex war toll. Warum beklagst du dich? «
»Toll? « Mit unnötigem Kraftaufwand übersprang er eine Wurzel. »Wir hatten tollen Sex? Eigentlich dachte ich, es wäre ein bisschen mehr gewesen. «
»Okay, wir hatten
drei Tage lang
tollen Sex. « Delanies schweißnasses Hemd klebte verführerisch an ihren Kurven. Seufzend strich sie über ihr erhitztes Gesicht. Dann zog sie das Hemd aus und band die Ärmel um ihre Taille. Wie ein Gummihandschuh umschloss das darunter liegende grüne T-Shirt ihre Figur.
Kyle nahm ihr den Proviantbeutel ab und zog eine Plastikflasche heraus. »Da! Trink, so viel du kannst. « Ihre Hände zitterten, und er half ihr, den Verschluss abzuschrauben. Ohne seine wachsende Sorge zu zeigen, bemerkte er: »Dass du so unbedacht und verantwortungslos gehandelt hast, überrascht mich. «
»Ehrlich gesagt, mich auch. « Delanie hielt die Flasche hoch und inspizierte die Wassermenge. »Wie uncharakteristisch das war, ahnst du gar nicht. « Sie trank die Flasche zur Hälfte leer und gab sie ihm zurück.
Da irrte sie sich. Er wusste sehr gut, wie eklatant ihr damaliges Verhalten ihrem Wesen widersprach. Immer mehr Puzzleteile fügten sich zu einem Ganzen zusammen. Mit jeder Stunde lernte er Delanie Eastman besser kennen. Nachdem er
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