Das Versteckspiel (T-FLAC) (German Edition)
bei der Generatorenhütte gegangen sind. «
»Daran erinnere ich mich nicht. Wieso?«
»Er hat dein Halsband deaktiviert«, entgegnete er im Konversationston, »das dich so irritiert. «
Abrupt blieb sie stehen. »De-deaktiviert?«
»Hattest du schon mal einen Hund? «
»Verdammt, Kyle …«
»Da drin ist ein kleiner Sensor versteckt. Sobald du dich hinter den Maschendrahtzaun wagst 一 klick. «
Mit bebenden Fingern berührte sie das goldene, anderthalb Zentimeter breite Band,das ihren Hals umschloss. »Klick? «, wisperte sie und hielt es von ihrer verschwitzten Haut weg. Wenn sie Lauren in der nächsten Nacht nicht aufstöbern und die geschützte Hazienda am Morgen verlassen wurde, musste sie sich entsprechend vorbereiten.
Klick?
»Wahrscheinlich ist der Zaun an der Innenseite elektrifiziert. Solche Vorrichtungen benutzt man, um Hunde an der Flucht zu hindern. Natürlich ist Monteros Methode viel raffinierter. Aber unser Freund hat ja auch einen ganz besonders kultivierten Geschmack entwickelt. Vierundzwanzigkarätiges Gold …«
Flehend schaute sie ihn an und umklammerte das bedrohliche Halsband. »Nimm mir das Ding ab! «
»Das geht leider nicht, Dschungel Girl. Sicher will’s Ramón wiederhaben, wenn du abreist. «
Bevor sie weiterstapfte, warf sie ihm einen vernichtenden Blick zu, und er verzichtete auf weitere Kommentare, was sie zu schätzen wusste. Der Schmuck aus den zierlichen goldenen Gliedern, der sie in den letzten Tagen nur geärgert hatte, zerrte jetzt schmerzhaft an ihren Nerven und fühlte sich an wie eine Würgeschlange.
Sollte sie die Schließe öffnen? Nein. Delanie verbannte das Halsband aus ihren Gedanken. Im Augenblick konnte sie nichts dagegen tun. Stattdessen konzentrierte sie sich auf ihren Peiniger. Wie problemlos sich der Liebhaber in einen Schurken und wieder zurückverwandelte, erschreckte sie. Das geschah blitzschnell, ohne Vorwarnung. Und es gab kein Entrinnen.
Hoch oben breiteten die Bäume ihre dicht belaubten Äste aus, und im Erdreich wanden sich dicke Wurzeln, um unvorsichtigen Wanderern Fallen zu stellen. Moos wucherte an Baumrinden, ein leuchtend grünes Heim zahlreicher Insekten, deren gedämpftes Summen nur gelegentlich von einem Vogelruf oder dem schrillen Schrei eines Affen durchbrochen wurde.
In der stickigen Treibhausatmosphäre klebte das gelbe Hemd unangenehm an Delanies Rücken, an allen Pflanzen verdunsteten Wassertropfen. Nur mühsam drang ihr die schwüle Luft in die Lungen und erschien ihr wie ein greifbarer Feind, während sie mit den anderen den Macheten folgte, die ein halbes Dutzend von Einheimischen schwang, um einen Weg durch das Dickicht zu bahnen.
Das welke Laub unter den Stiefelsohlen glich einem feuchten schwammigen Teppich. Aus dem Gestrüpp erhoben sich mannshohe Farnwedel. Immer wieder hielt sie nach Schlangen Ausschau. Vor jedem Schritt passte sie auf, wohin sie trat, die Zähne in ihre Unterlippe gegraben. Letzte Woche war es ihr gelungen, die Realität zu verdrängen. Und jetzt?
Mein Gott, wie soll ich Lauren hier rauskriegen 一 und das verdammte Halsband loswerden?
Sie warf einen Blick über die Schulten
Offensichtlich wollte Kyle sie möglichst schnell von hier fortschaffen. Wenn sie ihn bat, ihr bei der Suche nach Lauren zu helfen, und ihm Geld anbot … Darauf legte er anscheinend großen Wert. Vielleicht müsste sie das Haus verkaufen, für das sie so hart gearbeitet hatte. Zusammen mit ihren Ersparnissen konnte sie etwa hunderttausend Dollar auftreiben. Würde er sich mit dieser Summe begnügen und sie mitsamt ihrer Schwester in Sicherheit bringen? Falls sie Lauren überhaupt aufspürten…
»Natürlich«, würde er sagen. Das gaukelte ihr zumindest der erste optimistische Gedanke vor. Er würde sie zu ihrer Schwester führen, sie beide nach San Cristobal fliegen und ihnen zum Abschied freundlich nachwinken.
Doch der zweite, viel realistischere bedanke dämpfte ihre naive Zuversicht. Vermutlich wusste er ganz genau, wo Lauren festgehalten wurde, und hatte sogar mit der Entführung zu tun. In diesem Fall war es sicher besser, wenn sie ihm ihre Verwandtschaft mit der Gefangenen verschwieg.
Also war sie auf sich allein gestellt.
Pragmatismus so lautete ihr zweiter Vorname.
Irgendwo in der Nähe musste Lauren versteckt sein. Davon war Delanie überzeugt. Was ihre restliche Familie mittlerweile trieb, wusste nur der Himmel. Seit über einer Woche hatte sie mit niemandem telefoniert. Und so hatten ihre Verwandten genug
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