Das Versteckspiel (T-FLAC) (German Edition)
»Bedient euch, Gentlemen!«
Delanie nahm eine Packung feuchter Papiertücher aus ihrer Tasche und wischte Blut und Fett von ihrer Hand. Dabei rann ihr ein neuer Schauer über den Rücken. Wenn er ihr so etwas antat, ohne dass sie ihn provoziert hatte was war dann mit Lauren geschehen?
O Gott…
»Willst du dich setzen?«, fragte eine leise Stimme an ihrer Seite. Kyle umfasste ihren bebenden Arm.
»Nur Hackfleisch«, würgte sie hervor. »Damit habe ich schon oft einen Braten gemacht.«
Den ich nie wieder im Leben essen werde …
»Hat’s dich nicht geekelt?«
Statt zu antworten, zuckte sie nur die Achseln. Kyle verzog keine Miene. Aber in seinen Augenwinkeln bildeten sich diese vertrauten, entnervenden Lachfältchen, während er aus unerfindlichen Gründen ihr Gesicht beobachtete.
»Fürchtest du dich vor Schlangen?«
Ja. »Nein.«
»Vor Spinnen?«
Vor denen auch.
Sie starrte ihn an. »Nein.«
»Wie ist’s mit Ratten? Kröten? Giftigen Bora-BoraSchmetterlingen?«
»Vor gar nichts.« Unwillkürlich lächelte sie.
»So gefällst du mir schon besser. Vorhin fiel mir ein interessanter aschgrauer Farbton in deinen Wangen auf.« Er warf einen raschen Blick zu den Männern hinüber, die Hackfleisch ins Wasser schleuderten. Dann ließ er Delanies Arm los und ging zum Ufer.
Irgendwie gewann sie den Eindruck, er hätte sie gehänselt.
Sobald sie ins Haus zurückkehrten, hielten die Männer eine Besprechung ab. Obwohl sich Delanie am liebsten in Kyles Schlafzimmer verkrochen hätte, verschwendete sie keine Zeit, zog ihren dezentesten Badeanzug aus lindgrünem Nylon an und ging zum Pool hinaus.
Im Schatten der weinumrankten Pergola, unter der ein großer Tisch für den Lunch gedeckt war, ließ sie ihre Segeltuchtasche neben einen Sessel fallen.
Die Erinnerung an Monteros brutales Grinsen zerrte noch an ihren Nerven. Wäre er nicht von Kyle davon abgehalten worden, hätte er ihre Hand zweifellos in den Piranha-Teich getaucht, um seinen Gästen ein perverses Amüsement zu bieten.
In die weiche Polsterung zurückgelehnt, legte sie die nackten Füße auf einen anderen Sessel und betrachtete den Pool. Von natürlichen Felsen umgeben, glich er dem Dschungelteich auf beängstigende Weise. Nur größer, viel größer. Ihre Haut prickelte, als würden Ameisen darüber kriechen. Wann immer sie an Monteros lässige Grausamkeit dachte, drohte ihr Blut zu gefrieren. So wie letzte Nacht, während er die Nagelfeile unter ihr Auge gehalten hatte. Oder an diesem Morgen, bei seinen strikten Befehlen, mit engelsgleichem Lächeln erteilt…
Heiliger Himmel, sie hatte tatsächlich geglaubt, sie könnte ihre Schwester vor diesem Mann retten und unversehrt entkommen.
Lebte Lauren noch? Diesem Teufel war alles zuzutrauen. Hatte er…? Nein, so etwas wollte sie sich nicht vorstellen.
Lauren lebte. Das spürte Delanie in der Tiefe ihres Herzens. Und verdammt noch mal sie würde ihre Schwester finden und nach Hause bringen. Egal wo sie sein mochte.
Um sich von ihrem Kummer abzulenken, beobachtete sie die Dienstboten, die einen kalten Lunch anrichteten und mehrere eisgekühlte Karaffen aus dem Haus trugen. Mit leicht bebenden Händen stellte sie das kleine Radio auf den Tisch, das sie in Kyles Zimmer gefunden hatte. Sie ergriff ein Glas und schenkte sich Fruchtsaft ein. Dann steckte sie kleine Kopfhörer in die Ohren und schaltete das Radio ein. Eine Zeit lang suchte sie auf der winzigen Skala die Frequenz eines Senders. Aber sie vernahm nur ärgerliche Störgeräusche. Schließlich schaltete sie das Gerat ab, riss die Kopfhörer aus den Ohren und stopfte alles in ihre Tasche.
Trotz der Hitze fröstelte sie, nippte an ihrem hellrosa Melonensaft und zwang ihr Gehirn, alle Gedanken zu verdrängen. Dicht vor ihr landete ein großer blaugoldener Keilschwanzsittich auf dem Tisch und knabberte an einer Orangenscheibe. Dabei konzentrierte er sich auf das saftige Zentrum. Das erinnert sie an Kyle. Auch er suchte stets nach dem Zentrum ihrer Emotionen und wusste genau, wo sich die zartesten, empfindsamsten Teile verbargen.
Von der anderen Seite des Hauses drangen die gedämpften Stimmen der Soldaten herüber. Wie immer um diese Tageszeit exerzierten sie auf dem großen Sandplatz.
Der grelle Glanz des Swimming-Pools blendete Delanie, und der Anblick des Papageis, der jetzt eine Pflaume verspeiste, begann, sie zu irritieren. Seufzend setzte sie ihre Sonnenbrille auf und schloss die Augen.
»
Qué, pasa
, Delanie?«
Als sie aufblickte,
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