Das Versteckspiel (T-FLAC) (German Edition)
kleiner Hals spielt keine besondere Rolle. Hier geht’s um wichtigere Dinge. «
»Lass mich …« Sie musste über ihre trockenen Lippen lecken, und Kyle beobachtete sie mitleidlos. Nein, das war sicher nicht die Miene eines Mannes, der Witze machte. »Verdammt, lass mich los! Ich erzähl dir alles. «
Langsam strich sein Daumen über den rasenden Puls in ihrer Halsgrube, als suchte er die beste Stelle, wo er ihr die Luft abschnüren könnte. Er war ein Arzt. Und er wusste natürlich genau, wo und wie … Und dann drückte er zu.
Aus ihrem Kopf entwich das Blut. Sie schaute in Kyles Augen und hoffte, er würde ihr die Panik nicht anmerken. Bevor er sie von seinem Würgegriff befreite, zögerte er etwas zu lange. Wütend starrte sie ihn an und rieb sich die Kehle.
»Also? Warum hast du dich an Montero rangemacht? Wie bist du auf diese haarsträubende Idee gekommen? « Eine Schulter an den Rahmen der Badezimmertür gelehnt, verschränkte er die Arme vor der Brust und presste seinen langen Zopf ans schwarze T-Shirt. Mit halb geschlossenen Augen beobachtete er Delanie.
Schwerfällig stand sie auf, ging zum Fenster und zog die Vorhänge auseinander. Eine dünne Nebelschicht lag über dem Schmutz von San Cristobal. Durch diesen Schleier schimmerten die letzten Sonnenstrahlen und verliehen der Stadt eine weiche, romantische Aura, die sie im hellen Tageslicht nicht besaß.
Das Hotel stand auf einem Hügel, und Delanie blickte über ganz San Cristobal hinweg. Jenseits der roten Ziegeldächer glänzte das aquamarinblaue Wasser der halbmondförmigen Bucht. Auf ihm lagen große weiße Jachten, zu winzigen Punkten verkleinert. Sie drehte sich zu Kyle um. »Weil er meine Schwester in seiner Gewalt hat. Lauren hat für ihn im Cobra gearbeitet. In Vegas.« Sie versuchte langsamer zu sprechen, vernünftig zu wirken. Aber für Subtilitäten war es zu spät. Und sie hatte sich in eine viel zu heikle Lage gebracht, um jedes Wort sorgsam abzuwägen. »Meine Schwester ist in seiner Gewalt«, wiederholte sie unglücklich. Oh, verdammt, niemals hätte sie Lauren erlauben dürfen, nach Vegas zu fliegen.
»Sprich weiter. «
»An einem Donnerstagabend rief sie mich an, völlig hysterisch. Sie erklärte, ich müsste sofort nach Vegas kommen und ihr helfen. Was sie sagte, klang ziemlich verrückt. Davon verstand ich nur die Hälfte. « Um Kyles forschendem Blick auszuweichen, starrte sie einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand an. »Meine Mom ist ein bisschen flatterhaft, um es milde auszudrücken. Leider gerät Lauren nach ihr. Beide sind schön und temperamentvoll und locken die Männer an wie Honig die Bienen. Und Lauren ist so vertrauensselig, so gefühlvoll. Dauernd steckt sie in irgendwelchen emotionalen Krisen … O Gott, bevor sie verschwand, hätte ich nie gedacht, ich würde es eines Tages nicht mehr schaffen, ihr Leben in Ordnung zu bringen. «
»Sie ist doch erwachsen und trifft ihre eigenen Entscheidungen. «
»Meistens die falschen.« Seufzend runzelte sie die Stirn. »Bei Lauren weiß man nie, was wirklich und was erfunden ist. Plötzlich war sie paranoid. Jedes Mal, wenn sie mich anrief, wurde sie entweder beobachtet oder verfolgt. Dass sie diesmal ernsthafte Probleme hatte, wusste ich nicht. Ich versuchte, sie zu beruhigen. Dann wartete ich noch zehn Tage, bis zum Beginn der Ferien«, fügte sie in bitterem Ton hinzu. »Zehn Tage, bevor ich ins billigste Flugzeug stieg.«
»Was haben deine Eltern dazu gesagt? «
»Meine Mutter wohnt in L.A. «
Mit der neuesten »großen Liebe ihres Lebens«, dem 24-jährigen Jason.
»Und mein Vater ist bei seiner Familie. Wahrscheinlich in Washington, D.C.«
»Weißt du nicht, wo sich dein Vater aufhält? «
»Ich kenne ihn nicht. Vermutlich sollte ich ihn gar nicht Vater nennen. Eher Samenspender. Zehn Jahre lang hatte er eine wilde Affäre mit meiner Mutter. Und während sie in Sacramento Lauren und mich zur Welt brachte, schenkte ihm seine Ehefrau, die für einen Lehrer-Eltern-Ausschuss arbeitet, drei Söhne und eine Tochter in Washington. Nicht, dass uns das gestört hätte. Wir kamen sehr gut ohne ihn aus. Meistens musste ich mich um Lauren kümmern. Sie ist furchtbar eigensinnig. Diesen dramatischen Szenen ist Mom nicht gewachsen. «
Nachdenklich schaute Kyle vor sich hin. Was sollte er sagen? So ungewöhnlich war die Situation gar nicht. »Und was geschah in Vegas? «
»Ich ging zu Laurens Apartment. Da war sie nicht. Also befragte ich die Nachbarn, und die
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