Das Versteckspiel (T-FLAC) (German Edition)
inspizierte das Brandzeichen. »Der Kopf einer Kobra. Dort, wo die Haut am dünnsten ist. Zum Teufel mit dieser Bestie!« Er schaute zum anderen Ende des Raums. In seinem Kinn zuckte ein Muskel. »Gib mir ein paar Minuten …«
»Wir dürfen keine Zeit verschwenden«, unterbrach sie ihn. Trotz ihrer Schmerzen richtete sie sich wieder auf. »Verstehst du denn nicht? Ich muss Lauren finden. Vielleicht ist sie immer noch hier … Was tust du? « Bestürzt schrie sie auf, als er ihre Schultern packte. Etwas Wildes, Gefährliches flackerte in seinen Augen.
»Jetzt will ich nichts von deiner verdammten Schwester hören! Kein einziges Wort!«
Sie starrte ihn verwirrt an. Noch nie hatte sie jemanden so wütend gesehen.
Fluchend sank er auf die Bettkante, umarmte Delanie und drückte ihr verweintes Gesicht an seine Brust. Unter ihrer Wange spürte sie seine heftigen Herzschläge 一 ausnahmsweise ungleichmäßig, und nach kurzem Zögern umschlang sie seine Taille. Seine Nähe tröstete sie ein wenig.
»Tut mir so Leid, Schätzchen«, flüsterte er in ihr Haar. »So schrecklich Leid.«
Offenbar hatte sie geschlafen, sicher und geborgen in Kyles Armen. Als sie erwachte, stand er neben dem Bett. »Was machst du? «, fragte sie leicht benommen. Ihr Bein pochte von der Hüfte bis zu den Zehen. Doch der Schmerz schien sich zu entfernen.
»Zum Glück haben die Schurken ein paar Erste-Hilfe-Utensilien dagelassen. Die Wunde muss behandelt und verbunden werden. Nun musst du dich zusammennehmen. Ich fürchte, das wird ziemlich wehtun. «
Im Spiegel gegenüber dem Bett sah sie Kyles Rucken, während er sich zu ihr herabbeugte und ihr die Sicht auf sich selbst versperrte. »Wie schlimm ist es denn? «
»So schlimm, wie sich’s vermutlich anfühlt. Sobald du wieder daheim bist, kann´s ein guter plastischer Chirurg in Ordnung bringen. « Nach einer kurzen Pause bat er: »Reiß dich zusammen, Dschungel-Girl, das wird höllisch brennen. «
»Noch viel-grausiger als die Hölle.«
Vorsichtig trug er eine Salbe auf der Wunde auf, und Delanie biss in ihren Handrücken. Den intensiven Schmerz vermochte sie nach wie vor nicht zu lokalisieren. »Es kommt mir so vor, als wäre das Brandmal riesengroß. Aber wahrscheinlich ist es so klein wie ein Zehn-Cent-Muck. «
»Ja.« Fachkundig umwickelte er den Fuß mit einer Bandage. »Okay?«
Sie nickte, und er schenkte ihr ein anerkennendes Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. Nur mühsam bezähmte er seinen Zorn. »Braves Mädchen. Schau mal. « Er nahm etwas aus der Brusttasche seines Hemds und legte es in Delanies Hand. »Kennst du das? «
»O Gott, Laurens Ohrring …« Ihre Stimme brach. »Diesen Schmuck habe ich ihr zum High School-Abschluss gekauft. Wo hast du ihn gefunden? «
»Da drüben am Boden.«
»Isabella hat mir erzählt, Lauren sei vor Monaten verkauft worden. «
Angewidert runzelte Kyle die Stirn. »Du musst nicht alles glauben, was dieses Biest behauptet. «
»Meinst du, meine Schwester ist noch hier? «
»Das werde ich feststellen«, versprach er und knipste die Nachttischlampe aus. Graues Dunkel erfüllte den Raum.
»Lass das Licht an! «
»Nein«, entgegnete er und legte sich zu ihr. »Ich habe die Lampe ausgeschaltet, damit sie uns nicht mehr beobachten können. «
Sobald sich ihre Augen an die Finsternis gewohnt hatten, schaute sie sich nach einer Kamera um.
»Vorhin haben sie uns durch den Spiegel gesehen. Schlaf nicht ein, Dschungel-Girl. In dieses Zimmer strömt Lachgas. Nicht zu viel, dass wir das Bewusstsein verlieren würden 一 gerade genug, um uns ruhig zu stellen. Vor einer Weile habe ich´s runtergedreht, so gut es ging. « Als sie den Atem anhielt, spürte sie seine Fingerspitzen auf ihrer Wange. »Dadurch halten sie uns hier fest 一 effektiver als mit Fesseln, und das gilt auch für die verdammten Halsbänder.«
Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Während sie neben Kyle im Dunkel lag, beschloss sie, an gar nichts mehr zu denken. Wozu auch? Ihre Gedanken hatten sie nur in Schwierigkeiten gebracht, seit der Ankunft auf dem Izquierdo. An ihrem Gesicht spurte sie Kyles Bartstoppeln. Sie liebte seinen Geruch. Um ihn noch intensiver wahrzunehmen, holte sie tief Luft. Sofort spurte sie die Wirkung, die das Lachgas auf ihr Gehirn ausübte. Eine Zeit lang kämpfte sie dagegen an, dann überlegte sie, warum sie sich die Mühe machte.
Was für ein opulentes Zimmer … Wie in einem französischen Schloss. Das Bett war komfortabel, die Finsternis
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