Das versteckte Experiment (German Edition)
Bildschirm erschien.
„Ist dir in letzter Zeit irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?“
„Nein, was meinst du?“
„Nichts Konkretes, fremde Besucher vielleicht.“
„Aus dem All?“
„Nein, natürlich nicht!“
„Vor meinem Haus steht ein Lieferwagen.“
„Tatsächlich? Ist etwas Besonderes an dem Lieferwagen?“
Jan war überrascht, dass Christine sich dafür interessierte.
„Er stand schon gestern da. Er hat die Aufschrift ‚SANDERS Elektroinstallation‘. Es scheint jemand im Transporterraum zu sein, lässt sich jedoch nicht blicken.“
Diesmal kam Christines Antwort nicht spontan. Jan versuchte deshalb noch weitere Bemerkungen zum Lieferwagen einzugeben, die Tastatur schien jedoch gesperrt zu sein.
Es dauerte fast eine Minute, bis schließlich der Bildschirm kurz aufflackerte und Christines Text erschien.
„Vielleicht wirst du belauscht.“
„Quatsch“, schrieb er jetzt, „aber ich glaube, mein Computer hat eine Macke.“
„Hat was?“
„Eine Störung.“
„Entschuldige, ich bin daran schuld.
„Wieso?“
„Auch wenn wir keine großen Geheimnisse besprechen, so möchte ich doch nicht, dass wir belauscht werden.“
„Wer soll uns schon belauschen? Wir können ja alle Texte verschlüsselt übertragen.“
„Dafür habe ich bereits gesorgt.“
„Wie und warum?“
„Ich habe eine Benutzer-zu-Benutzer-Verschlüsselung installiert. Ich habe wichtige Gründe dafür.“
„Und die Gründe kannst du mir nicht sagen.“
„Später, Jan.“
„Ich weiß! Aber was meinst du mit ‚belauschen‘?“
„Kompromittierende Strahlung.“
„Kompro… was?“
„Kompromittierende Strahlung! Dein PC, hauptsächlich deine Grafikkarte und auch der Monitor strahlen elektromagnetische Wellen ab. Mit etwas Aufwand kann man diese auch außerhalb des Gebäudes empfangen und alle Texte, die auf deinem Monitor erscheinen, auf dem Empfängerbildschirm darstellen.“
„Du hast recht, ich habe davon gehört. Du meinst, das Auto da draußen hat damit zu tun?“
„Ich weiß es nicht. Sicherheitshalber habe ich in den letzten Minuten den gesamten Bildschirm mit Zeichen gefüllt, die auf deinem Bildschirm nicht dargestellt werden können, aber mit abgestrahlt werden.“
„Deshalb ist mein Rechner so lahm geworden.“
„Ja, natürlich kann das nicht so bleiben. Du kannst deinen Computer, die Verbindungskabel und deinen Monitor abschirmen. Das ist jedoch etwas aufwendig. Es gibt aber eine einfachere Möglichkeit. Wenn du ein Programm installierst, das ich dir gerade gemailt habe, können wir das Problem direkt lösen. Es ist besser, wenn du es selber installierst und den Computer danach neu startest.“
„O. k., dann verlasse ich jetzt den Chat.“
Jan holte sich den Anhang von Christines E-Mail ab, beendete den Internetbrowser und installierte das Programm. Danach testete er verschiedene Anwendungen. Alles schien in Ordnung zu sein. Er konnte natürlich nicht prüfen, ob die Maßnahme tatsächlich wirkte. Jan legte die Tastatur auf den Schreibtisch und ging zum Fenster. Wenn er wirklich von jemandem belauscht wurde, dann konnte er jetzt vielleicht eine Reaktion erwarten. Es tat sich zunächst nichts. Nach etwa fünf Minuten hörte Jan, wie sich die Seitentür des Wagens öffnete. Einige Sekunden später kam ein Mann hinter dem Heck hervor, klein und rundlich, in gebückter Haltung. Mit flinken Schritten ging er bis zur Fahrertür, raufte sich die letzten zwei Haare, kehrte um und ging zurück zum Heck. Plötzlich holte er mit dem rechten Bein weit aus und trat mit voller Wucht gegen das Hinterrad des Automobils. Offensichtlich hatte er genau die Felge getroffen. Der Schrei war laut durch das geschlossene Fenster zu hören. Das Männlein trat kurz mit dem rechten Fuß auf den Boden, um sein Gleichgewicht wiederherzustellen, hob ihn wieder an, streifte blitzschnell mit der linken Hand seinen Schuh ab und hielt seine lädierten Zehen. Dabei hüpfte er auf dem linken Bein und drehte sich im Kreis.
Jan musste tierisch lachen. Ihm kam es so vor, als ob er die Szene schon einmal gesehen hätte. Ein Déjà-vu-Erlebnis? Nein, Rumpelstilzchen. Die Szene erinnerte Jan an das Märchen von Rumpelstilzchen: „Ach wie gut, dass niemand weiß, ...“
Ein voller Erfolg dachte er. Aber wer zum Teufel versuchte ihn da auszuspionieren und warum? Sicher, die Programme, die er für seinen Vater entwickelte, waren schon High-Tech-Produkte, aber so revolutionär waren sie auch wieder nicht, dass sich
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