Das versteckte Experiment (German Edition)
Mathe-Gebilde?“
„Hast du dich schon einmal gefragt, warum wir die Natur durch Gesetze, Naturgesetze beschreiben können?“
„Ich denke, dass wir unsere Mathematik eben so anpassen, dass sie die Natur beschreiben kann.“
„Es gibt aber in den Naturwissenschaften jede Menge Beispiele dafür, dass zwar zunächst Formeln aufgestellt wurden, die einen speziellen Vorgang beschreiben, aber anschließend neue, zum Teil sehr überraschende Schlussfolgerungen aus ihnen gezogen werden konnten. Ein gutes Beispiel dafür ist die Schrödinger-Gleichung, die von dem österreichischen Physiker Erwin Schrödinger 1926 aufgestellt wurde. Sie bildet die Grundlage der gesamten Quantenmechanik. Aus der Gleichung wurden (und werden immer noch) viele Eigenschaften und Wechselwirkungen der Teilchen hergeleitet und vorhergesagt, die in zahlreichen Versuchen bestätigt wurden. In den Gleichungen, mit denen wir die Natur beschreiben, scheint also wesentlich mehr zu sein, als wir sozusagen hineinstecken. Sie scheinen eine unabhängige Existenz zu führen. Natürlich kann man manche Vorgänge in der Natur mit verschiedenen mathematischen Modellen beschreiben. Oft hat sich jedoch gezeigt, dass sie sich dann, wenn sie korrekt sind, ineinander überführen lassen. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass die Wissenschaft keine Formeln entwickelt, sondern sie entdeckt.“
„Aber es hat doch auch schon viele Formeln und mathematische Modelle gegeben, die jahrelang angewendet wurden und sich dann als fehlerhaft herausstellten.“
„Natürlich, aber das ist ja kein Widerspruch. Die mathematische Beschreibung wird eine Zeit lang ihre Dienste geleistet haben (sonst wäre sie natürlich sinnlos gewesen), bis schließlich jemand entdeckt hat, dass sie nicht vollständig war. Vielleicht wurde sie abgeändert oder durch eine übergreifende Beschreibung ersetzt (wie z. B. die klassische Mechanik Isaak Newtons durch die relativistische Theorie Albert Einsteins).“
„Nach deinen Darstellungen müssten Außerirdische auf die gleiche Beschreibung der Natur kommen.“
„Das wird auch so sein. Gleiche Versuche werden auch bei ihnen zu gleichen Ergebnissen führen. Das heißt natürlich nicht, dass sie z. B. auf ihrem Planeten die gleiche Fallbeschleunigung messen werden, da die Masse des Planeten nicht identisch mit der der Erde sein wird. Jedoch werden die aus den Versuchen abgeleiteten verallgemeinerten physikalischen Gesetze äquivalent sein. Sie werden gegebenenfalls einen anderen Wissensstand haben als die Erdbewohner, andere Definitionen und andere physikalische Einheiten benutzen. Aber z. B. die Formel E = m*c 2 wird auch ihnen bekannt sein (zumindest als abgeleitete Formel der inzwischen von ihnen gefundenen Weltformel). Ganz sicher kennen sie auch die Zahl Pi, das Verhältnis des Durchmessers zum Umfang eines Kreises, und sie wird für beliebige Stellen identisch sein mit der Zahl, die die Erdbewohner ermittelt haben.“
„Gut, was ist jetzt mit dem kosmischen Code?“
„Die einzelnen Elemente dieses Codes (die einzelnen physikalischen Gesetze) führen zu einem Gesamtcode, dem Universum. In Analogie zu deinem Softwareprogramm führen die Funktionen zu deinem fertigen Statikprogramm.“
„Mein Programm benötigt jedoch einen ‚Gott‘, nämlich mich, der aus den Funktionen ein fertiges Programm macht. Die Funktionen alleine sind nutzlos, erst das Zusammensetzen in ein sinnvolles Gesamtwerk erweckt sie zum Leben. Durch das kreative Verknüpfen der Funktionen zu dem Gesamtwerk entsteht etwas, das mehr ist als die Summe der Einzelteile.“
„In der Tat. Schon hast du wieder Gott ins Spiel gebracht.“
„Das hat immer einen Vorteil, wenn man keine bessere Erklärung findet. Schließlich hatte man auch früher schon für alle möglichen Gelegenheiten einen Gott, die Griechen z. B. Zeus für Blitz und Donner, Aphrodite für die Liebe und Athene für die Weisheit.“
„Zumindest Zeus dürfte heute ausgedient haben, seit wir wissen, wie Blitz und Donner entstehen.“
„Gut, ich verstehe, was du meinst. Wir sollten besser eine Erklärung finden.“
„Zugegeben, das ist nicht einfach. Aber wir wissen, dass sich komplexe Systeme selbst organisieren können.“
„Ich glaube, ich brauche eine Pause, Christine!“
Jan war erschöpft. Er lehnte sich zurück, legte beide Füße auf seinen Schreibtisch und die Tastatur auf seinen Schoß. Er wollte sich gerade von Christine verabschieden, als schon wieder eine Zeile auf dem
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