Das versteckte Experiment (German Edition)
Gravitation. Die Gravitation wirkt über jegliche Entfernung, und zwar immer anziehend und wird niemals null. Jeder Körper zieht somit jeden anderen Körper an. Die Anziehungskraft zwischen zwei Körpern ergibt sich aus dem Produkt beider Massen und der Gravitationskonstanten. Die Gravitationskonstante hat tatsächlich einen extrem kleinen Wert. Die Gravitation gehört zu den vier Grundkräften der Physik. Die anderen drei sind die schwache Kernkraft, die starke Kernkraft und die elektromagnetische Kraft. Im Gegensatz zu diesen ist aber die Gravitation stets anziehend und nicht abstoßend, sodass sie sich für große Massen zu einer beträchtlichen Größe addiert, wie du sie tagtäglich auf der Erde in Form der Schwerkraft zu spüren bekommst. Wäre nun die Gravitationskonstante etwas größer, so hätten die Sterne eine geringere Lebensdauer und Planeten, die um diese Sterne kreisen, hätten viel weniger, vielleicht zu wenig Zeit zur Verfügung, um Leben hervorzubringen. Wäre die Sonne bereits nach vier Milliarden Jahren erloschen, hätte es auf der Erde nie intelligente Lebewesen gegeben.
Das ist nur ein Beispiel für die Feinabstimmung einer Naturkonstante. Es gibt aber eine Vielzahl von weiteren Konstanten, wie die Massen und die Ladungen der Elementarteilchen. Bereits kleine Veränderungen der Werte würden stabile Atome unmöglich machen. Man kann weiter zeigen, dass auch die schwache Kernkraft, die starke Kernkraft und die elektromagnetische Kraft ganz bestimmte Werte haben müssen, damit es Atome und Moleküle geben kann. Errechnet man die Wahrscheinlichkeit für eine zufällige Feinabstimmung der Naturkonstanten, sodass ein sinnvolles Universum mit Sternen, Planeten und Lebewesen entstehen kann, so erhält man eine unglaubliche Zahl von etwa 1 zu 10 229 (eine 1 mit 229 Nullen), wie Lee Smolin, ein Professor an der Pennsylvania State University, errechnet hat.“
„Also ist ein solcher Zufall wohl auszuschließen. Dann hat wohl Gott diese Feinabstimmung vorgenommen, oder es gibt doch fundamentale Zusammenhänge zwischen den Konstanten. Damit würde der Zufall verschwinden. Glaubst du an Gott?“
„Nicht so, wie die Kirchen sich Gott vorstellen.“
„Ein Gott, der nur die Feinabstimmung des Universums vollbringt und dann die Welt ihrem Schicksal überlässt, ist sicher auch keine tröstliche Vorstellung.“
„Am besten lassen wir Gott aus der wissenschaftlichen Betrachtung heraus!“
„O. k., was gibt es denn noch für Möglichkeiten, diesen Zufall zu beseitigen?“
„Es könnte unendlich viele Universen geben oder zumindest annähernd 10 229 .
Bei 10 229 wäre es immerhin wahrscheinlich, dass es ein weiteres mit gleichen Eigenschaften gäbe. Gäbe es unendlich viele Universen und hätten die Naturkonstanten zufällige (aber endlich viele) Größen, dann existierten unendlich viele Universen, die unserem glichen, ja sogar unendlich viele Jans und Christines.“
„Eine merkwürdige Vorstellung und eine unglaubliche Verschwendung!“
„Das ist wahr, aber die Natur ist ja in vielerlei Hinsicht ‚verschwenderisch‘. Sieh dir nur an, wie viele Milliarden Sterne es gibt und wie viele Milliarden Galaxien. Vom Standpunkt des Menschen aus gesehen würde es sicher ausreichen, wenn es nur einen Stern gäbe und einen Planeten (vielleicht noch einen Mond). Die Natur ist aber offenbar so verschwenderisch, sich sehr viele davon zu leisten, warum nicht auch unendlich viele (oder sehr zahlreiche) Universen?“
„Das gefällt mir nicht, hast du nicht noch eine andere Lösung?“
„Nach Lee Smolin könnte sich unser Universum durch Evolution entwickelt haben. Nach seiner Theorie entsteht in einem Universum immer dann ein Babyuniversum, wenn ein Schwarzes Loch entsteht. Die Naturkonstanten in den Babyuniversen unterscheiden sich auf rein zufällige Art vom Mutteruniversum. Sind die Naturkonstanten des Babyuniversums ungünstig für die Sternenentwicklung, so werden sich auch wenige oder gar keine Schwarzen Löcher darin bilden, denn diese entstehen aus massereichen Sternen, nachdem die Kernfusion erloschen ist. Daraus ergibt sich, dass Mutteruniversen umso mehr Nachkommen haben werden, je näher die Naturkonstanten den idealen Werten für die Sternenbildung kommen. Diese Auslese führt zwangsläufig zu einem Universum wie dem, in dem wir beide leben.“
„Sehr interessant, damit würde die Verschwendung dann wesentlich geringer ausfallen. Die Zahl Unendlich kenne ich natürlich von der Mathematik her.
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