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Das versteckte Experiment (German Edition)

Das versteckte Experiment (German Edition)

Titel: Das versteckte Experiment (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Kramer
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Barbestand hergab. Jan war mit Empfehlungen von irgendwelchen Börsengurus selten gut gefahren, und ausgerechnet von der mysteriösen Christine ließ er sich nun zu einem Aktienkauf verleiten. Ihm war jetzt schon klar, dass er sich morgen darüber ärgern würde. Falls die Aktien sänken, wäre er natürlich enttäuscht, und die Faszination, die Christine auf ihn ausübte, würde sicher etwas schwinden. Sollten die Aktien steigen, so würde er sich ärgern, dass er nicht sein Konto überzogen und noch mehr Anteile geordert hatte.
    Jan suchte sich im Internet die Telefonnummer der Sportfluggruppe Husum heraus und rief dort an. Das Chartern eines Flugzeugs war anscheinend gar kein Problem. Jan konnte direkt mit dem Piloten über die Modalitäten verhandeln. Der Preis für den Charterflug war niedriger, als Jan erwartet hatte. Der Pilot schien zwar etwas verwundert zu sein, dass Jan alleine kommen und zu bestimmten Zielkoordinaten geflogen werden wollte, fragte aber nicht weiter nach, was er dort wollte. Jan war froh darüber, denn er hätte es ihm auch kaum erklären können. Am nächsten Morgen um 10 Uhr sollte Jan am Flugplatz sein. Die Wettervorhersage versprach Sonnenschein und gute Sichtverhältnisse.
     
    Nach dem Frühstück packte Jan sowohl Fotoapparat als auch Filmkamera in seinen Rucksack. Er wusste, dass seine Eltern etwas Bargeld dort versteckt hatten, wo Einbrecher nicht lange suchen mussten, in ihrem Kleiderschrank. Jan holte 200 Euro unter den säuberlich zusammengefalteten Bettlaken hervor und legte an dieselbe Stelle einen Zettel, auf den er geschrieben hatte: „Habe 200 Euro für einen Notfall entnommen.“ Jan wusste, dass das für seine Eltern in Ordnung war. Er ging leise zur Haustür hinaus, um die Katze nicht zu wecken, die selig im großen Blumentopf im Wohnzimmer schlummerte.
    Der Flugplatz war nicht einmal zehn Kilometer von seinem Wohnhaus entfernt. Jan legte den Weg mit seinem Fahrrad zurück. Er traf viel zu früh dort ein und beobachtete eine Weile die Starts und Landungen der Motor- und Segelflugzeuge, bevor er in das Vereinshaus ging. Zu seiner Überraschung war der Pilot schon etwas betagt. Nach der Stimme am Telefon hatte er einen etwa 40-Jährigen erwartet. Den Mann, der sich am Telefon mit Jörg Ketelsen gemeldet hatte, schätzte Jan auf mindestens 65 Jahre. Er hatte einen grauen Vollbart und graue, fast schulterlange Haare. Tiefe Falten zogen sich über seine Stirn und eine ausgeprägte Hakennase verlieh ihm einen fast verwegenen Ausdruck. Sein dürrer Körper steckte in vollständig schwarzer Kleidung. Er begrüßte Jan sehr freundlich. Auf dem Weg zum Hangar erzählte er, dass er viele Jahre eine Antonov AN-2 geflogen hatte, den größten einmotorigen Doppeldecker der Welt. Er erzählte noch etwas von einem Sternmotor und neun Zylindern und dass die Antonov in Wirklichkeit ein Anderthalbdecker sei, aber Jan war gedanklich bereits beim Überflug über die Koordinaten +54° 33‘ 21.74", +9° 1‘ 12.43". Obwohl er gleich erfahren würde, was dort Besonderes zu sehen war, malte er sich immer noch die unterschiedlichsten Alternativen aus. Aber nichts von dem, was ihm dazu einfiel, ergab irgendeinen Sinn im Zusammenhang mit den bisherigen Ereignissen und den Gesprächen mit Christine. Gerne hätte Jan bei seinem Abenteuer Sintja dabei gehabt.
    Ketelsen schwärmte immer noch von „seiner“ Antonov, als sie das Flugzeug erreichten, das sie zu dem ominösen Ort bringen sollte, eine relativ neue Cessna C-172.
    Vielleicht interpretierte Ketelsen Jans gedankliche Abwesenheit als Angst vor dem bevorstehenden Flug.
    „Also, nicht dass Sie denken, ich hätte die Anna im Zweiten Weltkrieg geflogen. So alt bin ich noch nicht, ich sehe nur so alt aus“, sagte er lachend. „Bis 2001 habe ich Rundflüge mit der Maschine im Bonner Raum gemacht. Aber jetzt bin ich zurück in meiner Heimat und fliege zwischen den beiden Meeren.“
    Jan lachte kurz höflich über den Scherz.
    „Was gibt es dort zu sehen?“, fragte Ketelsen. Jan hatte diese Frage befürchtet.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete er wahrheitsgemäß.
    Er bemerkte einen kurzen, prüfenden Blick des Piloten. Mit einem leichten Lächeln entgegnete dieser: „O. k., ich fliege Sie, wohin Sie wollen, wenn es sein muss, bis ans Ende der Welt.“
    Trotz seiner Anspannung genoss Jan den Flug. Über weite Strecken ging es über sehr dünn besiedeltes Gebiet. Die Landschaft unter ihnen sah aus wie ein bunter Flickenteppich. Je nach

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