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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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mit ihrem Gesicht im Profil. Ihr Körper gegen ein großes, dickes Kissen gelehnt.
    Sie hielten einander bei den Händen in einem fest zusammengeschweißten Todesgriff. Hinterher, hatte Pia gesagt. Die Finger sind erst hinterher ineinander verflochten worden.
    Er schaltete das Band ein, während er die Bilder betrachtete. Die Gitarren so laut wie möglich. Ein unerhörtes Tempo. Vor allen Dingen war es das Schlagzeug, bei jedem Taktschlag wurden sie stärker vorangetrieben. Die Bässe, pangpangpangpang. Die Stimme zischte, wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Eine Hexe? Waren das Wörter?
    »Selbst wenn man Übung hat, ein Satanist also, versteht man nicht immer alles.«
    Johan Setter hatte Winter gegenübergesessen. Seine Lederjacke war gleichmäßig verschlissen. Bondelid, dachte Winter. Setter hatte feine Runzeln auf der Stirn.
    »Ich hab das Band mit zu Madhouse in der Drottninggatan genommen, aber denen ist nichts dazu eingefallen. Sie haben es sich angehört, konnten aber nichts Genaues sagen.«
    »Was Genaues? Was soll das heißen?«
    »Das heißt, dass sie eigentlich keine Ahnung hatten. Schließlich ist es einer der besten Läden für Metalmusik in der Stadt. Doch, das Mädchen hat gesagt, es wäre mehr Black Metal. Mehr als Death Metal. Aber es gäbe keinen großen Unterschied. Das macht es so schwer, hat sie gesagt.«
    »Was ist denn der Unterschied?«
    »Bei Black Metal ist die Musik temporeicher, der Gesang schriller. Bei Death Metal klingt er tiefer. Mehr aus dem Hals.«
    »Und die Texte?«
    »Tja, die Texte bei Black Metal sind entschieden, eh... mythologischer. Ein bisschen Wikingerromantik und so 'n Scheiß. Ein bisschen Satanismus.«
    »Satanismus?«
    »Die Fans lassen sich jedenfalls inspirieren... mehr als die, die sich Death Metal anhören.«
    »Von den Texten inspirieren?«
    »Offenbar.«
    »Wie zum Teufel kann man sich inspirieren lassen, wenn man den Gesang nicht mal versteht?«
    »Dazu braucht man die Songtexte«, sagte Setter. »Die kriegt man immer dazugeliefert.«
    »Das Ganze scheint also intellektueller zu sein, als es einem zunächst vorkommt«, sagte Winter. Setter suchte nach einem Lächeln in seinem Gesicht, fand aber keins.
    »Dann brauchen wir also das Textheft dazu.« Winter nickte zu der Kassettenkopie, die Setter vor sich hingelegt hatte. »Und dann wissen wir, wer da spielt. Und singt. Und faucht.«
    »Ich hab mir das alles so einfach vorgestellt«, sagte Setter. »Und die bei Madhouse waren auch ganz erstaunt, dass sie das Zeug nicht identifizieren konnten. Aber sie haben gesagt, dass die Bänder alle gleich klingen.«
    »Konnten sie nicht sagen, ob es eine schwedische oder eine ausländische Produktion ist?« »Nicht mal das. Das ist nicht leicht zu untersuchen.«
    »Wer hat gesagt, dass es leicht sein soll?« Winter fand seine Stimme selbst nörgelig. »Aber du hast stillschweigend ausgeschlossen. Es ist nicht Death Metal.«
    »Ich hab die Zeitungen gekauft und das Fanzine, das es da gab«, sagte Setter, bückte sich und holte einen kleinen Stapel aus seiner Schultertasche und legte ihn auf den Tisch. »Ich hatte noch keine Zeit, reinzugucken.«
    Winter hielt einige der einfacheren Hefte hoch. Nekrologium -the 9h book of blasphemy. Die acht vorangegangenen waren schon ausverkauft gewesen. Combichrist. Fear. Reinforced. Beim nächsten Titel zögerte er: Amputation Magazine.

21
    Das Bild lag auf dem Küchentisch, er nahm es in die Hand und betrachtete es. Wer hatte das getan? Wer konnte so etwas tun? Wer das gemacht hat, hebe die Hand und melde sich. Melde dich einfach!
    Er hob seine rechte Hand und hielt das Polaroidbild in der linken, da er Linkshänder war. So macht man es doch, oder? Warum sollte er das Gegenteil tun? Das Bild in der rechten Hand halten? Er schüttelte den Kopf und überlegte, was er mit dem Foto machen sollte. Er konnte sich nicht entscheiden. So war es immer.
    Aber er hatte sich doch schon entschieden, oder?
    Er nahm die Rechte herunter und befestigte das Foto mit einer Stecknadel, die einen schwarzen Kopf hatte, an der Wand. Er stand nah davor und guckte, sie guckten zurück, ihn an, aber irgendwas war nicht so, wie es sein sollte. Oder? Der da auf dem Sofa war wohl kurz vorm Einnicken, hatte sich offenbar im letzten Moment jedoch beherrscht, bevor sein Kopf nach vorn fiel. Das war gut gemacht. Mit ihr war es dasselbe. Gut gemacht.
    Jetzt weinte er. Im übrigen war es überall still. Still. Der Schnee erstickte jeden Laut. Er weinte und hörte sein

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