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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Djanali. »Tussis.«
    Sie nahmen die Linie vier nach Hagen. Angela war erstaunt, als er das vorschlug. »Du fährst doch sonst nie Straßenbahn?« »Heute Abend fahr ich Straßenbahn.« »Warum das denn?«
    Was sollte er antworten? Dass er die Stadt sehen wollte, wie die meisten Leute sie sahen? Nee. Er wollte nur kein Taxi nehmen oder sich selber hinters Lenkrad klemmen.
    »Ich brauch ein bisschen Bewegung. Wir gehen zur Avenyn und steigen da in die Straßenbahn. Bist du fertig?«
    »Du siehst doch, dass ich noch nicht fertig bin«, antwortete sie aus dem Badezimmer. »Okay. Ich warte.«
    Sie strich sich übers Haar und legte ein bisschen Glanz auf die Lippen. Sie riss die Augen im Spiegel auf. Das Licht im Bad schmeichelte nicht gerade. Hier drinnen hatte sie Tränensäcke unter den Augen. Als sie im Krankenhaus in den Spiegel geschaut hatte, waren da keine Tränensäcke gewesen. Sie zog ihrem Spiegelbild eine Grimasse.
    Winter war ins große Zimmer gegangen und stand am Fenster. Coltrane spielte mit Red Garland. Soft Lights and Sweet Music.
    Alles war wie in Gaze gehüllt. Weiches Licht ragte aus dem Gewebe. Die hohen Punkte der Stadt blinkten. In den letzten Jahren hatte sich die Topographie der Stadt verändert, sie reckte sich dem Himmel entgegen, in dem die Flugzeuge auf dem Weg nach unten kreuzten.
    Er senkte den Blick. Dort unten. Irgendwo. Wie viele Male hab ich hier gestanden und gedacht: Da unten gibt es die Antwort, die Lösung. Da läuft der herum, den ich suche, vielleicht geht er in diesem Augenblick da unten vorbei. Er, der den Park durchquert. Jetzt geht er am Obelisk vorbei. Wenn ich ihn gefunden habe, ist es erledigt. Immer habe ich ihm gefunden.
    »Fertig«, sagte Angela aus dem Flur. Die Musik endete im selben Moment, es war der letzte Song. Er drückte auf Aus und verließ den Raum.
    Während sie auf den Fahrstuhl warteten, kam ein älterer Mann aus Frau Malmers Wohnung und schloss vorsichtig die Tür hinter sich. Er zögerte, als er sie sah, stellte sich dann aber mit einem Nicken neben sie und wartete. Er war groß, grau meliert, Leberflecken im Gesicht.
    »Wer war das?«, fragte sie draußen. Sie gingen nach Westen, der Fremde ging hinunter zur Allee.
    »Noch nie gesehen.«
    »Hm.«
    »Was ist?« »Nichts.«
    An den Haltestellen am Vasaplatsen warteten viele Menschen. Aus ihren Mündern stiegen Dunstwölkchen auf. Die Kälte drang durch den Mantel, und Angela ärgerte sich, dass sie keine Mütze aufgesetzt hatte. Sie spürte die Kälte schon an den Ohren.
    »Da ist ein Kollege von dir«, sagte sie. »Wie?«
    »Das Polizeiauto auf der anderen Seite.«
    »Ja, ich sehe.«
    »Es steht so da.«
    »Tja... «
    »Kannst du sehen, woher es kommt?«
    »Der Bezirk? Müsste Lorensberg sein. Wieso?«
    Der Streifenwagen startete, wendete auf der Kreuzung und fuhr an ihnen vorbei. Winter hob die Hand.
    »Simon«, sagte er.
    »Der Fahrer? Kennst du ihn?«
    »Ja, ich weiß, wer es ist.«
    Die Straßenbahn war voll, als sie einstiegen. Sie blieben im Gang stehen und hielten sich an den Halteschlaufen fest. Angela stellte sich breitbeinig hin, um die Balance zu halten, und es wirkte, als wollte sie ihren Bauch schützen. Keine gute Idee mit der Straßenbahn, Erik, dachte Winter.
    Am Kungsportsplatsen stiegen viele Fahrgäste aus, und Angela konnte sich setzen. In ihrem Teil des Wagens war es still, aber hinten in der Bahn schrie jemand, drohte, brummte. Alle sahen in eine andere Richtung. Am Brunnsparken stiegen mehrere Betrunkene ein. Winter musste beiseite rücken.
    Zwei Haltestellen später wurde der Platz neben Angela frei. Im Wagen roch es nach Rauch und Alkohol und nach Schweiß von dem Dicken vor ihm. Ein paar junge Mädchen sahen Winter an. Ein Farbiger hörte Walkman, was Winter veranlasste, den Kopf zu drehen. Am Järntorget stieg eine Clique von Jungen in schwarzen Lederjacken voller Namen und Symbole zu. Ein Teufel, zwei Hexen. Eine Axt, von der Blut troff. Bierdosen klirrten, als sie ihre Tüten auf dem Boden abstellten, der schmutzig von schwarzem Schneematsch war. Ein junges Paar drei Reihen vor ihnen drehte sich einige Male nach ihnen um.
    Das Mädchen kam ihm bekannt vor. Er sah auf die Straße. Ein Polizeiwagen fuhr vorbei, bevor sie zum Stigberget hinauffuhren. Wieder der Arm des Gesetzes, dachte er.
    Lotta Winter empfing sie mit einem Duft von Knoblauch und Kräutern.
    »Wo sind die Mädchen?«, fragte Winter.
    »Es ist Freitagabend, acht Uhr, die bleiben nicht mal deinetwegen länger zu

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