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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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überwältigen. Sie mochte gar nicht sehen, was mit ihm nicht stimmte. Sie hatte schon zuviel gesehen; die Abscheulichkeit des Sonnenübels hatte ihre Nerven bereits so lange, so sehr bis ins Innerste zermartert, daß sie halb glaubte, längst um den Verstand gebracht worden zu sein. Aber sie war Ärztin; sie hatte diesen Beruf aus Beweggründen gewählt, die auf Vorwände wie Furcht, Ekel oder Verhinderung keine Rücksicht nahmen. Indem sie ihr Ich zurückstellte, lenkte sie die neue Dimension ihrer Sinneswahrnehmung auf Covenant.
    Konvulsionen brachten ihn dermaßen ins Schlottern, als strömte ihm aus einem fiebrigen Hirn Glut in den Körper. Rings um zwei von Bienen zugefügte Stiche verquoll sein Gesicht. Die Stiche waren von hellem Rot und schwollen schnell; doch sie waren nicht ernst. Oder sie mußten in irgendeiner völlig anderen Hinsicht ernst genommen werden.
    Linden schluckte ihr Widerstreben hinunter und verlagerte ihre Untersuchung in tiefere Schichten. Covenants Leprose enthüllte sich ihr. Sie ruhte in seinem Fleisch wie eine bösartige Entzündung, in hohem Maße kritisch. Aber sie befand sich in inaktivem Zustand. Irgend etwas anderes wütete in Covenant. Während sie weitere Eindrücke auf ihre Sinne eindrängen ließ, entsann sich Linden an das, was Sunder über die Sonne der Seuchen gesagt hatte – und seine im Zusammenhang damit gemachten Andeutungen über Insekten. Sunder stand neben ihr. Trotz seiner Schmerzen hieb er grimmig nach Moskitos, die so groß waren wie Libellen, um sie von Covenant fernzuhalten. In gespannter Sorge biß sich Linden auf die Lippen, betrachtete Covenants rechten Unterarm. Die Haut rund um die hellen Narben, die Marids Schlangenzähne und Sunders Dolch zurückgelassen hatten, war bereits angeschwollen und dunkel, als wäre neues Gift zugeführt worden. Die Schwellung verschlimmerte sich vor Lindens Augen. Die Stelle war fest und heiß, so gefährlich wie ein gerade erst beigebrachter Schlangenbiß. Wieder bekam Linden den lebhaften Eindruck moralischer Schlechtigkeit, als besäße das Gift nicht nur körperliche, sondern auch seelische Wirkung. Marids Gift war aus Covenants Körper nie ganz verschwunden. Schon während der vergangenen Tage hatten schwache Anzeichen davon sie zeitweilig in Unruhe versetzt, doch sie war dazu außerstande gewesen, die Bedeutung zu erkennen. Durch die Aliantha unterdrückt, war das Gift latent in Covenant geblieben, auf der Lauer ... Sowohl Marid wie auch die Bienen waren vom Sonnenübel beeinflußt, beide von einem Wütrich zu ihrem Tun getrieben worden. Die jetzige Reaktion mußte auf die Stiche der Bienen zurückgehen. Sie mußte der Grund für den Überfall des Bienenschwarms gewesen sein, der Grund, weshalb der Wütrich ausgerechnet Bienen seinem Willen unterworfen hatte. Das Auslösen dieses Rückfalls.
    Covenant stierte Linden blicklos an. Indem seine Muskulatur an Kraft verlor, fingen seine Spasmen an nachzulassen. Er entglitt in einen Schockzustand. Für einen Augenblick ersah sie hinter seiner anscheinmäßigen Paranoia, seinem Glauben an einen Feind, der danach trachtete, ihn zu vernichten, ein Gerüst von Wahrheit. All ihre Empfindungen lehnten sich gegen eine solche Vorstellung auf. Und doch war ihr nun, als könne sie hinter dem Sonnenübel einen Vorsatz und hinter diesen Dingen, die Covenant zustießen, Absicht und Arglist erkennen. Dieser flüchtige Einblick raubte ihr alles Selbstvertrauen. Sie kniete neben Covenant, unfähig zum Handeln, nicht dazu imstande, wenigstens irgendeinen Entschluß zu fällen. Das gleiche Grauen befiel sie, das sie handlungsunfähig gemacht hatte, als sie zum erstenmal vor Joan stand.
    Aber dann drangen Laute des Schmerzes ihr ins Bewußtsein – das Stöhnen von Sunders qualvoller Atmung. Sie hob den Blick zu ihm, fragte stumm nach Antworten. Er mußte den Zusammenhang zwischen dem Schlangengift und den Bienenstichen intuitiv begriffen haben. Deshalb trotzte er dem eigenen Schmerz, um zu verhindern, daß noch mehr Insekten Covenant stachen. »Etwas in mir ist zerrissen«, sagte Sunder, indem er Lindens wunden Blick erwiderte. Jedes Wort bereitete ihm neue Pein. »Es schmerzt sehr ... aber ich ... glaube, 's ist nicht gefährlich. Noch nie habe ich dem Sonnenstein solche Macht entrungen.« Linden spürte seine Schmerzen wie eine meßbare Ausstrahlung; eindeutig waren einige Bänder zwischen seinen Rippen gerissen, aber weder hatte er sich Rippen selbst gebrochen, noch waren irgendwelche

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