Das verwundete Land - Covenant 04
brannte durch Linden Averys Nerven, als habe ein Blitz sie getroffen, lähmte sie. Sie vermochte sich nicht zu rühren. Covenant stieß sie hinter seinen Rücken, drehte sich dem Schwarm zu, um dem Angriff irgendwie zu begegnen. Lindens Aufschrei erstickte, als Wasser über ihr zusammenschwappte.
Dann stürzte sich der Bienenschwarm herab. Schwarzgelbe Leiber, so lang wie ein Daumen, torkelten durch die Luft, klatschten wie im Irrsinn in den Fluß. Linden spürte den Wütrich überall rings um sich – einen Geist der Zerstörungswut und räuberischer Lust, der die Bienen beherrschte und sie voller Bosheit antrieb. Durch ihre Furcht zum Handeln gedrängt, tauchte Linden. Das Wasser unterm Floß war klar; sie sah nahebei Sunder untertauchen. Er hielt sein Messer und den Sonnenstein, als gedächte er den Bienenschwarm mit bloßen Händen zu bekämpfen.
Covenant blieb auf dem Floß. Seine Gestalt warf sich hin und her, und er trat mit den Beinen; anscheinend hatte er auf die Attacke der Bienen mit wildem Gefuchtel reagiert. Sofort wechselte sich Lindens Furcht aus, verwandelte sich in Furcht um ihn. Sie streckte sich nach ihm, erhaschte einen seiner Fußknöchel, zog so kräftig, wie sie nur konnte. Ziemlich ruckartig rutschte er ihr in die Arme. In seinem Gesicht saßen noch zwei Bienen festgekrallt. In Abscheu und Wut fetzte Linden sie fort. Dann mußte sie auftauchen und Luft schnappen.
Unweit von ihr tauchte Sunder auf. Im gleichen Moment schwang er das Messer. Blut strömte von seinem linken Unterarm. Linden durchbrach die Wasseroberfläche, rang um Atem und tauchte wieder unter. Der Steinmeister jedoch nicht. Durch das Wasser verzerrt, sah Linden rotes Sonnenfeuer aus dem Orkrest schießen. Dunkel ballte sich der Bienenschwarm um Sunder zusammen. Dessen Beine teilten sich wie eine Schere, seine Schultern hoben sich aus den Fluten. Glut loderte aus seinem Stein, versengte den Schwarm; Bienen flammten auf wie erglühter Flitter. Im nächsten Moment war der Angriff vorüber.
Linden tauchte erneut auf, sah sich hastig nach allen Seiten um. Aber der Wütrich war wirklich fort. Verbrannte Leiber von Bienen trieben auf der Oberfläche des Mithil. Sunder klammerte sich ans Floß und keuchte, als habe das Aufbieten von soviel Kraft in seiner Brust etwas zersprengt. Linden achtete nicht auf ihn. Ihre rasche Umschau zeigte ihr, Covenant war nicht wieder an die Wasseroberfläche gekommen. Linden füllte ihre Lungen mit Luft und tauchte von neuem, um ihn zu suchen.
Sie schwamm in weiten Kreisen und suchte das Wasser in einigem Umkreis ab. Zunächst entdeckte sie ihn nicht. Doch dann bemerkte sie ihn. Er trudelte ein Stück weiter flußabwärts in der Strömung, mühte sich ab, um nach oben zu gelangen. Seine Bewegungen bezeugten Verzweiflung. Trotz des Wassers und des Abstands zwischen ihnen konnte Linden erkennen, daß seine Verzweiflung nicht allein auf dem Luftmangel beruhte. Mit aller Kraft, die ihre Glieder hergaben, schwamm Linden ihm nach. Er kam an die Oberfläche; noch immer schlug er um sich, als werde er nach wie vor von Bienen attackiert. Linden schwang sich neben ihm an die Oberfläche, eilte ihm zu Hilfe.
»Hölle und Verdammnis!« fauchte Covenant, als befände er sich in einem Krampf des Zorns oder der Furcht. Wasser rann ihm durchs Haar und den struppigen Bart, als wäre er in Wahnsinn getaucht worden. Seine Hände patschten in seinem Gesicht herum.
»Covenant!« schrie Linden. Er hörte sie nicht. Wild wehrte er sich gegen unsichtbare Bienen, drosch sich ins Gesicht. Der Ansatz eines Schreis röchelte ihm aus der Kehle. »Sunder!« keuchte Linden. »Hilf mir!« Sie duckte sich unter Covenants Fuchtelei hindurch, umfaßte hinterrücks seine Brust und begann ihn in die Richtung des Ufers zu ziehen. Das hautnahe Gefühl seiner Zuckungen verursachte ihr Übelkeit; doch sie rang den Widerwillen nieder und zerrte ihn durch den Fluß mit, in ständigem Kampf mit Covenants Gezappel begriffen.
Der Steinmeister kam langsamer hinterdrein, im Schlepptau das Floß. Seine Miene war aus Pein verkniffen. Ein schmales Rinnsal Blut befleckte seine Lippen.
Sobald Linden das Ufer erreichte, schleifte sie Covenant aus dem Wasser. Krämpfe schüttelten all seine Muskeln, so daß er ihr unbeabsichtigten Widerstand leistete. Doch seine Not gab ihr Kraft; sie streckte ihn auf dem Untergrund aus und kniete sich an seine Seite, um ihn zu untersuchen. Für einen scheußlichen Augenblick kehrte ihre Furcht zurück, drohte sie zu
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