Das verwundete Land - Covenant 04
betone Hamako irgend etwas, dränge auf irgendeine Maßnahme; die Antworten des Wegwahrers klangen nachdenklich und wenig überzeugt. Doch zuletzt gab die Kreatur eine Äußerung von sich, die Hamako zufriedenstellte. Als der Wegwahrer ging, wandte Hamako sich wieder an Covenant. » Durhisitar wird die Weissagung der Wegwahrer befragen«, sagte der Mann. »Ich zweifle jedoch nicht daran, daß man Beistand gewähren wird. Kein Wegwahrer wird Dhragas Rettung jemals vergessen – und ebensowenig die Tücke der Falle, die man dir gestellt hat. Ruhe dich nun aus und sorge dich nicht. Dies Rhysh wird dir die Kräfte verleihen, deren du bedarfst, um deinen Gefährten zu folgen.«
»Wie denn? Wie will man das machen?«
»Die Wegwahrer sind zu mancherlei fähig«, erwiderte Hamako und drängte Covenant dazu, sich wieder auszustrecken. »Ruh aus, ich sag's. Bringe nur soviel Vertrauen auf, um unbesorgt abzuwarten. Es wäre allzu bitter, böte man dir Hilfe, und du wärst zu schwach, um sie nutzen zu können.«
Covenant konnte nicht widerstehen. Das Gras unter ihm übte auf ihn eine besänftigende Wirkung aus. Sein Körper fühlte sich aus Ermattung bleischwer an; und das Stärkungsmittel, das er getrunken hatte, schien seine Unruhe zu lindern. Er ließ zu, daß Hamako ihn auf das Lager bettete. »Erzähle mir wenigstens noch«, sagte er wie geistesabwesend, als der Mann sich anschickte zu gehen, »wie ich hergelangt bin. Das letzte, woran ich mich entsinne, war nämlich ...« Er vermied es, Hohl anzuschauen. »Ich war so gut wie tot. Wie habt ihr mich gerettet?«
Hamako nahm neben seinem Lager Platz. Wiederum zeugte sein Verhalten von unbeholfenem Mitgefühl. »Darüber kann ich dir Aufschluß geben«, sagte er. »Doch muß ich dir unverhohlen gestehen, wir haben dich nicht gerettet.«
Covenants Kopf ruckte hoch. »Nicht?«
»Behutsam.« Hamako drückte ihn wieder aufs Gras. »Es besteht kein Anlaß zu solcher Erregung.«
Mit beiden Händen packte Covenant den Mann an den Armen, zog sich daran empor, bis er ihm aus unmittelbarer Nähe ins Gesicht starrte. »Und wieso, zum Teufel, lebe ich dann noch?«
»Covenant«, meinte Hamako mit einem Schmunzeln, »wie soll ich dir die Geschichte erzählen, wenn du dich so unmäßig erregst?«
Langsam ließ Covenant ihn los. »Na schön.« Gespenster huschten ihm durch den Kopf; aber er zwang sich zur Entspannung. »Also erzähl.«
»Es begab sich folgendermaßen«, fing der Mann mit dem Bericht an. »Als du den Wegwahrer Dhraga mit eigener Hand befreit hattest, war's sein Bestreben, dieweil er sah, daß dieser Dämondim-Abkömmling dem Wort des Gebots nicht gehorchte, du mögest mit ihm die Flucht antreten. Doch es war ihm unmöglich, sich dir verständlich zu machen. Daher bot Dhraga alle Eile auf, die ihm sein mißhandelter Leib gestattete, und schonte sich nicht, um dies Rhysh von deiner Gefährdung in Kenntnis zu setzen. Dhraga war als Köder einer Falle mißbraucht worden. Selbige Falle ...«
Covenant fiel ihm ins Wort. »Was ist ein Rhysh? «
»Ah, vergib mir. Viele Monde lang habe ich keines Menschen Stimme vernommen, außer den Stimmen jener, die das Sonnenübel entstellt hat. Deshalb vergesse ich leicht, daß du die Sprache der Wegwahrer nicht beherrschst. In unserer Sprache bedeutet das Wort Rhysh Stätte. Damit bezeichnet man eine Gemeinde der Wegwahrer. Es gibt im ganzen Land viele hundertmal zwanzig Wegwahrer, doch leben sie in Rhysh von jeweils einmal oder zweimal zwanzig zusammen. Jedes Rhysh ist auf sich selbst gestellt, wenngleich mir bekannt ist, daß sie untereinander in Verbindung stehen. In der großen Schlacht um Schwelgenstein vor ungefähr zweimal zwanzig Jahrhunderten fochten fünf Rhysh gemeinsam wider die Urbösen des Verächters. Doch solches Zusammenwirken kommt selten vor. Jedes Rhysh bleibt für sich und legt die Weissagung auf seine Art aus. Dies Rhysh lebt schon lange hier und dient den eigenen Gesichten.« Covenant hätte sich noch gerne danach erkundigt, was in diesem Zusammenhang ›Weissagung‹ bedeuten sollte; doch er bereute es schon, Hamako beim Erzählen behindert zu haben. »Dies Rhysh «, begann Hamako von neuem, »erfuhr also durch Dhraga von deinem Schicksal. Unverzüglich machten wir uns auf den Weg, um dir Hilfe zu bringen. Doch die Entfernung war zu groß. Als Dhraga in Gefangenschaft geraten war, hatte man ursprünglich die Entscheidung gefällt, keinen Versuch zu seiner Befreiung zu unternehmen. Bitter war es dem ganzen Rhysh
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