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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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unversehens wieder auf. Linden stand vor ihm. Irgendwie hatte sie ihre innere Abschlaffung überwunden. Ihre Augen ruhten auf ihm. »Mir ist, als hätte ich gesehen, daß ...« Sie betrachtete das wirre Gestrüpp seines Bartes, als hätte es sie vorhin daran gehindert, ihn wiederzuerkennen. Dann fiel ihr Blick auf die breiten roten Narben an seinen Handgelenken. Ein scharfer Keuchlaut kam durch ihre Zähne. Unverzüglich packte sie seine Unterarme, hielt sie in den Feuerschein. »Ich habe recht gehabt. Du hast Blut verloren. Sehr viel.« Ihre medizinische Ausbildung errang in ihr die Oberhand. Sie musterte ihn, schätzte mit Augen und Händen seine Verfassung ein. »Du benötigst eine Bluttransfusion.« Im nächsten Moment bemerkte sie, wie frisch die Narben waren; ihr Blick ruckte hoch in sein Gesicht. »Was haben sie dir angetan?« Zuerst wußte Covenant nicht zu antworten. Die Wahrsagung war eine zu umfangreiche, zu vielschichtige Sache gewesen; er fühlte sich nicht dazu in der Lage, Linden die Auskunft zu erteilen, die sie wünschte. Doch sie verstand sein Schweigen falsch. Abscheu verzerrte ihre Miene. »Hast du ...?«
    Ihre Abgestoßenheit schreckte ihn aus seiner Lähmung. »Nein. Das nicht. Das ist mit mir gemacht worden. Es ist schon wieder in Ordnung.«
    Ein Ausdruck von Erleichterung milderte Lindens Mienenspiel. Ihr Blick jedoch wich nicht von seinem Gesicht. Sie rang um Worte, während der innere Konflikt ihrer Emotionen ihr die Kehle zuschnürte. »Ich habe dich rufen gehört«, sagte sie schließlich mit heiserer Stimme. »Die Freiheit war so nah.« Ihr Blick verlor den Fokus, wandte sich nach innen. »Für eine Weile hätte ich meine Seele dafür hingegeben, dich noch einmal rufen hören zu können.« Erinnerungen zwangen sie jedoch dazu, wieder in die Außenwelt zu flüchten. »Erzähl mir ...« Sie bemühte sich um Ernst, als wäre Selbstdisziplin für sie von erheblicher Wichtigkeit. »Erzähl mir, was passiert ist.«
    Covenant schüttelte den Kopf. »Ich bin in Ordnung.« Was sollte er anderes sagen? »Gibbon wollte Blut. Ich hatte keine Chance, es ihm zu verweigern.« Er war sich dessen bewußt, daß es angebracht gewesen wäre, eine ausführliche Erklärung zu liefern, daß alle diese Menschen, die sich um ihn gesammelt hatten, ein Recht darauf besaßen zu erfahren, was ihm durch die Wahrsagung offenbart worden war; aber es fehlte ihm dafür schlichtweg an der Kraft.
    »Des Ur-Lords Leben«, sagte Brinn ausdruckslos, als wolle er Covenant die Antwort ersparen, »war zum Zwecke der Wahrsagung verwirkt. Doch er hat sich selber mit wilder Magie geheilt.«
    Daraufhin verdüsterten sich Lindens Augen. Geheilt? wiederholten ihre Lippen stumm. Ihr Blick senkte sich auf die alte Narbe hinter dem Schnitt in Covenants T-Shirt. Die wiedergewonnene Entschiedenheit, die sie aus ihrer Versenkung zurückgeholt hatte, zerbröckelte anscheinend von neuem. Verlusterlebnisse spiegelten sich in ihren Augen wider, die Covenant nicht einmal in Ansätzen nachzuvollziehen vermochte. Sie wandte sich ab, ihr Gesicht der Nacht zu. »Dann brauchst du mich nicht.«
    Hollian hob ihr die Hände entgegen. Wie ein Kind schlang Linden die Arme um Hollians Hals und preßte das Gesicht an die Schulter der Sonnenseherin. Covenant reagierte nicht. Nur der innere Druck seines Zorns und Grams bildeten noch ein Hindernis zwischen ihm und der Finsternis. Er konnte nichts mehr tun, ohne gleich zusammenbrechen zu müssen. Was hat der Halunke mit dir angestellt?
    »Ur-Lord«, sagte Brinn, »wir dürfen nicht länger säumen. Der na-Mhoram lebt. Gewiß wird die Sonnengefolgschaft alsbald Maßnahmen wider uns ergreifen.«
    »Ich weiß.« Linden! jammerte sinnlos Covenants Herz, und heiße Ströme des Selbstvorwurfs rannen ihm aus den Augen; aber seine Stimme zeichnete sich durch eherne Härte aus. »Wir brechen auf, sobald Memla da ist.« Er bezweifelte nicht, daß Memla sich einfinden würde. Sie hatte keine Wahl; sie war bereits für ihn an der Sonnengefolgschaft zur Verräterin geworden. Schon wieder hatten zu viele Menschen zuviel für ihn getan.
    »Das ist gut«, antwortete Brinn. »Wohin werden wir gehen?«
    Covenant zögerte nicht. Er fühlte sich dessen, was er zu tun hatte, völlig sicher. Seine Toten hatten ihn in Andelain darauf vorbereitet. »Den Einholzbaum suchen. Ich will einen neuen Stab des Gesetzes anfertigen.«
    Schlagartig verfielen alle, die ihn hörten, in vollkommenes Schweigen. Unverständnis verdunkelte Hollians

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