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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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mit unbeabsichtigter Grobheit an.
    Sunder straffte sich ruckartig. Hollian blinzelte Covenant an, als habe er ihr eine Ohrfeige gegeben. Aber noch ehe Covenant sich soweit zusammenreißen konnte, um sich zu entschuldigen, streckte sie einen Arm aus und legte eine Hand auf seinen Unterarm. »Ur-Lord, du mißverstehst uns.« Ihre Stimme glich im Klang der schlichten Geste ihrer Berührung. »Schon längst haben wir aller Erwägungen entsagt, uns dir etwa zu verweigern.«
    Mit Mühe löste Sunder die Verkrampfung seiner Kiefer. »Das ist wahr. Hast du das nicht erkannt? Die Gefahren bedeuten uns nichts. Wir befinden uns bereits so weit jenseits unserer gewohnten Erfahrungen, daß eine Gefahr uns nicht mehr als die andere besagt. Und Linden Averys Worten zufolge wird die Bedrohung durch die Sonnengefolgschaft alsbald von uns genommen sein.« Covenant musterte den Steinmeister, die Sonnenseherin. »Nein, Covenant«, fügte Sunder hinzu. »Unsere Besorgnis ist gänzlich anderer Natur. Wir stehen davor, eine Gegend des Landes aufzusuchen, wo das Sonnenübel keine Macht besitzt. Keineswegs lieben wir das Sonnenübel. Wir sind nicht von Sinnen. Aber ohne es ...« Er zögerte, sprach dann weiter. »Welchem Zweck dienen wir noch? Welchen Wert haben wir für dich? Wir haben Andelain nicht vergessen. Das Sonnenübel hat uns zu dem gemacht, was wir sind. Unter einer anderen Sonne werden wir dir vielleicht nur zur Last fallen.«
    Das offene Eingeständnis der Verunsicherung, die das Paar empfand, rührte Covenant. Er war Leprotiker; er verstand vollkommen, was die beiden sagten. Aber er glaubte, daß das Sonnenübel sich beheben ließ, er mußte glauben, daß es für sie nicht die ganze Wahrheit ihres Lebens bleiben konnte. Wie sonst könnte er weitermachen? »Ihr seid meine Freunde«, sagte er durch die plötzliche Kloßigkeit in seiner Kehle. »Wir wollen's versuchen und abwarten, was sich ergibt.« Indem er um Beherrschung rang, wandte er sich ab, um etwas zu essen. Die Gefährten scharten sich um ihn. Sie aßen in völligem Schweigen, als ob sie auf dem Schrot ihrer inneren Angespanntheit kauten.
    Wenig später meldete Ceer, daß man einen Weg gefunden hatte, der über die Klippe nach unten führte. Hergrom und Cail begannen die Landläufer wieder zu beladen. Lange bevor Covenant genug Mut gesammelt hatte, waren sie allesamt von neuem aufgesessen und unterwegs. Ceer, Hergrom und Cail ritten auf Annoy voran. Dank der von Linden vorgenommenen Behandlung und der angeborenen Gesundheit der Haruchai hatte Cail sich von seiner Verletzung im großen und ganzen erholt. Brinn, Linden und Covenant folgten auf Clash. Danach kamen Harn und Hollian auf Clangor sowie Stell und Sunder auf Clang. Wie üblich machte Hohl den Schluß. Sie ritten eine halbe Länge weit nordwärts, bis sie einen breiten, aus der Steilwand des Landbruchs gehauenen Pfad erreichten. Es handelte sich dabei um einen Bestandteil der Wege, die einst die Riesen im Bereich der Sarangrave-Senke angelegt und auf denen die Entwurzelten das Gebiet zwischen der Wasserkante und Schwelgenstein bereist hatten. Covenant klammerte die Hände in Clashs Fell und widersetzte sich, als man sich an den Abstieg machte, dem bedrohlichen Schwindelgefühl. Die nahezu senkrechte Tiefe, in der das Unterland lag, schien ihn fortwährend anzuziehen. Aber der Pfad war von Riesen geschaffen worden; obwohl er steil und verwinkelt verlief, war er für die großen Landläufer breit genug. Dennoch vermittelte das Geschaukel von Clashs Rücken Covenant ununterbrochen das Empfinden, er müsse jeden Moment in den Abgrund stürzen. Sogar während einer kurzen Verschnaufpause, als Brinn anhalten ließ, um aus einem Rinnsal, das aus der Felswand sickerte, die Wasserschläuche aufzufüllen, hatte er den Eindruck, als wirbelte die Senke ihm von drunten entgegen wie ein grüner Sturm. Schweißbedeckt bewältigte er unter ständigem Schwanken das letzte Stück Gefälle und schlurfte mit einem Schmerz in der Brust in die klamme Luft der Vorhügel hinaus, als hätte er vergessen, wie man atmete.
    Eine gewisse Strecke weit waren die Vorhügel von Vegetation frei, bis sie abwärts in die gefahrvolle Zone der Sarangrave-Senke übergingen. Brinn versetzte die Landläufer in einen schwungvollen Galopp, als wolle er sich nachgerade kopfüber ins grüne Meer der Sarangrave werfen. Doch die Reiter hielten am Rande des dichten Sumpfgrases, das die Hügel säumte. Einen Moment lang betrachtete Brinn seine Begleiter,

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