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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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musterte flüchtig Hohl, als frage er sich, was von dem Dämondim-Abkömmling zu erwarten sei. Dann wandte er sich an Linden. »Auserwählte«, sagte er in tonloser Förmlichkeit, »die alten Erzähler berichten, daß die Bluthüter Augen besaßen, die deinen glichen. Für uns jedoch gilt das nicht. Wir verstehen vorsichtig zu sein. Aber gleichfalls haben wir verstanden, daß deine Art des Sehens unser Augenlicht bei weitem übertrifft. So mußt du denn mit mir gemeinsam achtgeben, damit wir den Fährnissen der Sarangrave nicht zum Opfer werden.«
    Linden schluckte. Ihre Haltung war verkrampft, durch Grausen in solchem Maß angespannt, daß sie außerstande war zu sprechen. Aber sie antwortete mit einem ruckhaften Nicken. Von da an zog Clash voran. Covenant schaute an Linden und Brinn vorüber, über Clashs wuchtigen Kopf hinweg, in die Sarangrave-Senke aus. Der Abhang mündete in eine vom Wind gekräuselte Ausdehnung von Sumpfgras, und hinter dem Gras stand das erste knorrige Gehölz der Senke. Düsteres Strauchwerk wucherte vor Reihen von Bäumen, die den Horizont verbargen. Das Grün des Laubs wirkte unter der bläßlich-roten Sonne irgendwie giftig. In der Ferne schrie ein Vogel, verstummte schlagartig. Die Sarangrave-Senke lag still vor den Reitern, als warte sie mit angehaltenem Atem. Covenant selbst brachte lediglich mit Mühe ein einziges Wort heraus. »Vorwärts.«
    Brinn trieb Clash an. In dichtgedrängter Gruppierung, wie eine geballte Faust, drangen die Reiter in die Sarangrave-Senke vor. Clash betrat das Sumpfgras und sank umgehend bis zu den Knien in unerkennbaren Schlick ein. »Auserwählte«, sagte Brinn leise und wie im Vorwurf, während der Landläufer rückwärts stapfte, um sich aus dem Morast zu befreien.
    Linden fuhr zusammen. »Entschuldigung. Ich bin nicht ...« Sie schöpfte tief Atem und straffte ihren Rücken. »Links ist fester Boden.« Clash bog nach dieser Seite ab. Diesmal gelangte er auf begehbaren Untergrund. Gleich darauf pflügte das Tier durch das Gras, das ihm bis zur Brust reichte. Unvermutet wand sich ein Vieh von der Größe eines Krokodils zwischen Clashs Hufen davon, ein Raubtier, dem nach so großer Beute nicht der Sinn stand. Clash scheute; aber der Rukh bändigte ihn sofort wieder. Covenant hielt sich angestrengt auf dem Rücken des Landläufers fest und spähte angelegentlich nach vorn, darum bemüht, nicht zu glauben, daß er in eine Sumpflandschaft hinausritt, aus der es keine Flucht und keinen Ausweg mehr geben mochte.
    Geleitet durch Lindens Sinne, führte Brinn die Gefährten in die Richtung der Bäume. Trotz all der früheren Sonnen der Fruchtbarkeit besaß die Vegetation hier eine normale Größe; doch sogar für Covenants unzureichendes Gespür war die Atmosphäre dumpfig und faulig, als wäre sie die Ausdünstung einer Krankheit, eine wahrnehmbare Leprose aus Verunreinigung. Sobald die Reiter zu den Bäumen gelangten, gerieten sie in nach und nach immer tieferen Schatten. Anfangs erstreckte sich oft freies Gelände zwischen den Baumstämmen; vom Wind durchwallte Schwaden faden Grases verhehlten Dinge, von denen Covenant sich nicht einmal eine Vorstellung machen konnte. Doch während die Reiter den Weg fortsetzten, verminderten sich die Abstände zwischen den Bäumen. Das Gras wich flachen Tümpeln, Flächen von Schlamm, der wie hungrig an den Hufen der Landläufer saugte. Astwerk und Ranken zeichneten sich gegen den Himmel ab. Leise machten sich die Geräusche von Wasser bemerkbar, fast noch unterschwellig, als tränken aus einem nahen Teich übervorsichtig irgendwelche Ungeheuer. Die Klammheit der Sarangrave setzte sich in Covenants Brustkorb fest wie eine Ansteckung.
    Urplötzlich flatterte aus dem Unterholz ein schillernd-bunter Vogel mit Gekrächze himmelwärts. Mulmigkeit befiel Covenants Magengegend. Er schaute schweißüberströmt rundum. Der Dschungel war nun an allen Seiten dicht; in keiner Richtung konnte man weiter als etwa fünfzehn Meter sehen. Die Landläufer nahmen einen Weg, dessen fernerer Verlauf immer zwischen stämmigen gräulichen Bäumen mit aufgequollenen Stämmen und geborstener Rinde außer Sicht blieb. Doch als sich Covenant umblickte, sah er nichts mehr von dem zuvor beschrittenen Weg. Die Sarangrave schien sich hinter den Gefährten zu versiegeln. Irgendwo, nicht allzu weit entfernt, hörte Covenant Wasser sickern; es klang in seinen Ohren wie das letzte Blut aus Marids Kehle. Auch die Nerven seiner Begleiter waren aufs äußerste

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