Das verwundete Land - Covenant 04
Zerstörung des Stabes des Gesetzes als den Ursprung des Sonnenübels, schilderte seine eigene Rolle beim Verlorengehen des Stabes, damit die Riesen begreifen konnten, wieso die Herstellung eines neuen Stabes des Gesetzes in seiner Verantwortung lag. Und er gab das wieder, was er in Andelain erfahren hatte. All diese Angelegenheiten liefen in seinem Bewußtsein einfach ineinander; er hatte keine Ahnung, ob die Worte, die er laut sprach, für seine Zuhörer einen Sinn besaßen. Sobald er fertig war, verstummte er und bewahrte Schweigen.
»Du ersuchst um die Benutzung der Sternfahrers Schatz«, sagte die Erste nach einem Weilchen ziemlich nachdenklich, »um rings in der Welt nach diesem Einholzbaum zu suchen. Du ersuchst um unseren Beistand und um unsere Kenntnis des Erdkreises, so daß du bei deiner Suche Unterstützung hast.« Covenant schlug die Augen auf, ließ seine Gebrechlichkeit und Ermüdung für sich sprechen. Ja. Sieh mich an. Wie sonst sollte all das geheilt werden?
»Stein und See!« stieß die Erste unterdrückt hervor. »Das ist eine schwerwiegende Sache. Wenn du die Wahrheit sprichst, dann liegt der Weg unserer Suche auf deinem Weg.«
»Der Ur-Lord«, versicherte Brinn ohne Betonung, »spricht die Wahrheit.«
Die Erste reagierte auf seine Behauptung mit einem schroffen Schulterzucken. »Ich bezweifle nicht, daß er, was seine Überzeugungen anbelangt, die Wahrheit sagt. Aber sind Überzeugungen bereits unanfechtbares Wissen? Er fordert, wir sollen uns Sucher vollauf der Führung seiner Hand anvertrauen – ohne daß wir wahrhaft wissen, was es ist, das wir beginnen. Gewiß, er hat Macht, und er hat die Freundschaft von Riesen gekannt. Aber Macht und Wissen sind nicht immer Kinder derselben Eltern.«
»Wißt ihr ...« Covenant empfand Verzweiflung, weil er spürte, wie der zuvorige Stumpfsinn ihn von neuem zu übermannen drohte. »Wißt ihr, wo sich der Einholzbaum befindet?«
»Nein«, antwortete die Erste barsch. Sie zögerte für einen Augenblick. »Aber wir wissen, wo solche Kenntnis zu erlangen ist.«
»Dann bringt mich dorthin.« Seine Stimme klang aus Flehentlichkeit heiser. »Das Sonnenübel wird immer schlimmer. Jeden Tag werden Menschen geopfert, um es zu verstärken. Das Land liegt im Sterben.« Ich habe geschworen, nie mehr zu töten – es im Namen von Schaumfolgers Caamora geschworen. Aber ich kann nicht aufhören. »Bitte.«
Die Erste zeigte Unentschlossenheit. Sie erwog das Dilemma, in das Covenant sie gebracht hatte. Blankehans kniete am Feuer und schürte es, als hätte er lediglich das Bedürfnis, irgendwie seine Hände zu beschäftigen. Seeträumers Miene spiegelte Schmerz wider, als ob seine Stummheit ihn zermalme. In seiner Nähe warteten Sunder und Hollian in höchster Spannung. Indem er leise durch die Zähne vor sich hinpfiff, machte sich Pechnase daran, die Bündel der Riesen neu zu packen. Seine Gesichtszüge drückten vollständiges Vertrauen darauf aus, daß die Erste die richtige Entscheidung zu treffen verstand.
Plötzlich und ohne jede Warnung schoß ein weißes Aufblitzen durch die Tiefen des Sees. Es verflackerte, erlosch; leuchtete erneut auf. Sofort begann der ganze See silbern zu schimmern. Geisterhafter Lichtschein fiel hinaus in die Nacht. Das Wasser fing an zu schäumen. In der Ferne ging das Jammern des Lauerers wieder in Töne der Wut über. Von neuem schien die Luft sich wie von Furcht zu verdichten.
Sunder gab einen rauhen Fluch von sich; Harn und Hergrom liefen zu den Vorräten der Gefährten. Pechnase warf Blankehans ein Bündel zu. Blankehans fing es auf, lud es sich an den Riemen über die Schultern. Die Erste hatte schon das Lagerfeuer zertreten. Sie und Blankehans ergriffen nun brennendes Holz, um es als Fackel zu verwenden. Das andere Bündel warf Pechnase hinüber zu Seeträumer, dann bemächtigte er sich auch einer Fackel. Ceer und Cail hatten inzwischen Linden aufgehoben. Aber Lindens geschientes Bein machte sie für die beiden zu einer problematischen Last. Trotz seiner Verstörtheit sah Covenant, daß die Haruchai sie nicht tragen, nicht mit ihr laufen können würden, ohne daß sich nachteilige Folgen für Lindens gebrochenen Fuß ergaben.
Covenant wußte nicht, was er tun sollte. Seine Lungen schmerzten. Das Geheul des Lauerers, das nun erneut anschwoll, riß in ihnen die Narben vorangegangener Attacken wieder auf. Der Schweiß schien Covenant direkt aus den Schädelknochen zu quellen. Die Skest hatten sich von neuem in Bewegung
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