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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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mit so nachdrücklicher Kraft verrichtete.
    Umsichtig folgte er dem Greis durch den Grund des Einschnitts, der sich immer mehr verengte, bis er die Beschaffenheit einer tiefen, kahlen Furche im Gestein des Berges besaß. Dann wechselte die Geländerinne abrupt die Richtung und mündete in ein kleines, schmales Tal. Die Gipfel, die sich ringsum emportürmten, schützten das Tal vor dem Wind; aber vorm Regen gab es keinen Schutz. Er prasselte Covenant auf den Kopf und die Schultern wie mit Keulenhieben. Während der Alte das Tal durchquerte, konnte Covenant hinter ihm das Licht der Fackel kaum noch erkennen.
    Gemeinsam mit Linden watete Covenant durch einen angeschwollenen Bach; und wenige Augenblicke später erreichten sie ein flaches, steinernes Haus, an einen Berghang gebaut. Der Eingang wies keine Tür auf; Feuerschein fiel ihnen aus dem Innern der Behausung entgegen, als sie sich näherten. Mit erhöhter Eile hasteten sie, zerzaust und triefnaß, in die einzige Räumlichkeit des Bauwerks. Der Alte blieb mitten im Raum stehen und umklammerte noch immer die Fackel, obwohl hinter ihm in einem Kamin ein helles Feuer brannte. Er stierte Covenant in banger Erwartung an, sichtlich bereit zum Ducken, ganz wie ein Kind, das mit Bestrafung rechnet.
    Covenant verharrte. Sein wie zermarterter Leib lechzte nach der Nähe des Feuers; doch er verweilte auf der Stelle, um sich in der Räumlichkeit umzuschauen. Augenblicklich erlitt er eine Aufwallung starker Betroffenheit. Schon jetzt konnte er sehen, daß sich in der Tat im Land etwas verändert hatte. Ganz fundamental verändert. Das Haus war mit einem unvermuteten Gemisch von Holz und Stein möbliert. Steinerne Schüsseln und Töpfe standen in hölzernen, an den Seitenwänden befestigten Regalen; in einer aus Stein gemauerten Ecke umgaben hölzerne Stühle einen Holztisch. Und da war Eisen – in den Regalen befanden sich eiserne Gebrauchsgegenstände, Eisennägel staken in den Stühlen. Früher hatten die Meister von Stein und Holz, die Steinhausener und Holzheimer, sich ausschließlich an ihr jeweiliges eigenes Wissen gehalten – nicht aus dem Wunsch, damit für sich zu sein, sondern weil ihre besonderen Begabungen und Kenntnisse ihre vollständige Hingabe erforderten. Für einen Moment wandte sich Covenant dem Mann zu, ertrug den greisenhaften, halbwilden Blick. Auch Linden beobachtete den Alten, versuchte unsicher, ihn einzuschätzen. Allerdings wußte Covenant, daß sie sich gänzlich andere Fragen stellte als jene, die ihn beschäftigten. Waren die Steinhausener und Holzheimer irgendwie zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen, hatten sie ihr Wissen verschmolzen? Oder waren sie ...?
    Die Welt ist nicht wie einst. Banges Grausen packte Covenants Herz. Schlagartig bemerkte er den Rauch, nach dem es im Haus roch. Qualm! Er drängte sich an dem Alten vorüber, stürzte zum Kamin. Auf einem Haufen Asche lag Holz geschichtet und brannte, verbreitete Wärme. Verkohlte Stücke knackten und fielen von den Scheiten, rotes feuriges Gewürm fraß das Fleisch der Bäume. Ab und zu kräuselten sich Rauchschwaden aus dem Kamin ins Haus. Der Regen erzeugte im Abzug ein gedämpftes Zischgeräusch. Hölle und Verdammnis! Die Menschen, die er damals im Land kennengelernt hatte, hätten niemals und für keinen Zweck absichtlich Holz verfeuert. Immer hatten sie danach gestrebt, das Leben des Holzes, die Erdkraft, die darin wohnte, für sich zu nutzen, ohne es zu zerstören. Holz, Erde, Stein, Wasser – die Bewohner des Landes hatten jede Manifestation von Leben in hohen Ehren gehalten.
    »Ur-Lord«, stöhnte der alte Mann. Covenant drehte sich heftig um. Der Kummer wütete in ihm, als wäre er in Wirklichkeit Zorn. Was hast du getan? hätte er jetzt gerne den Verächter angebrüllt. Doch sowohl Linden wie auch der Alte starrten ihn an. Lindens Blick spiegelte Sorge wider, als befürchte sie, sein Verstand sei nun über die Grenze zur Wirre abgekippt. Und der Alte war ganz befangen im Bann der eigenen Besorgnis. Mit Entschiedenheit meisterte Covenant seine leidenschaftliche Aufgewühltheit. Aber man merkte seinem Tonfall die Mühe seiner Selbstbeherrschung an.
    »Was hält die Fackel am Brennen?«
    »Ich bin beschämt!« Die Stimme des alten Kerls klang brüchig, als wäre er den Tränen nah. Ihm entging Covenants Frage; das eigene Mißbehagen nahm ihn vollauf in Anspruch. »Das Heiligtum«, schnaufte er, »erbaut durch die entferntesten Ahnen von meines Vaters Vater ... in Vorbereitung auf

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