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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wie verbittert. Wenn Linden sehen konnte, wo er blind war ... Während er noch vom alten Gram seiner Untüchtigkeit kostete, riß er sich zusammen. Er rechnete damit, daß Linden ihn frage, was nicht stimme. Und auch dieser Gedanke schmeckte ihm bitter; er mochte ihr seine Schwächen und Befürchtungen, die Verkehrtheit, die ihm innewohnte, nicht enthüllen. Aber sie fragte nicht. Sie war aus Überraschung oder Schrecken mitten im Schritt verharrt. Sie blickte den Hohlweg hinauf.
    Covenant fuhr herum und bemühte sich, durch das Herabrauschen des Regens etwas zu erkennen. Er sah es sofort: ein schwaches, gelbliches Licht in einiger Entfernung. Allmählich kam sein Flackern näher, schien sich den Pfad abwärts durch den Hohlweg mit großer Vorsicht zu suchen. Nach einem Weilchen offenbarte ein mehrere Sekunden langes Blitzen, daß es sich um eine Fackel in der Hand eines Menschen handelte. Dann brachen wieder Schwärze und Donner herab, und Covenant sah erneut nur die seltsame Flamme. Trotz des sintflutartigen Regens und der Stärke des Sturms brannte sie mit nachgerade unmöglicher Beständigkeit. Sie näherte sich, bis sie nahe genug war, um Licht auf den Mann zu werfen, der sie hielt. Er besaß eine untersetzte, gebeugte Gestalt und stak in einem durchnäßten Gewand. Regen strömte ihm durchs spärliche Haupthaar und den verfilzten Bart, rann ihm in regelrechten Rinnsalen durch die Falten des alten Gesichts, gab ihm das Aussehen eines Geisteskranken. Er blinzelte Covenant und Linden an, als wären sie zu seinem Schrecken irgendwelchen Alpträumen entsprungene Erscheinungen.
    Covenant blieb reglos stehen und erwiderte stumm den Blick des Alten. Linden berührte Covenants Arm, als wolle sie ihn vor irgend etwas warnen. Plötzlich hob der Alte mit einem Ruck die rechte Hand, die Handfläche nach vorn, und spreizte die Finger. Covenant ahmte die Geste nach. Er hatte keine Ahnung, ob Lord Foul diese Begegnung für ihn eingefädelt hatte oder nicht; aber sie brauchten eine Zuflucht, etwas zu essen, Informationen. Und er hegte die Bereitschaft, sich mit jedem einzulassen, der in diesem Regen eine Fackel am Brennen halten konnte. Als er seine Halbhand in die Nacht erhob, glänzte am zweiten Finger schwach sein Ring auf.
    Dieser Anblick schockte den Alten. Er zuckte zusammen, brabbelte bei sich etwas, wich aus Furcht einen Schritt zurück. Dann deutete er tattrig auf Covenants Ring. »Weißgold?« rief er. Seine Stimme bebte.
    »Ja!« antwortete Covenant.
    »Halbhand?«
    »Ja!«
    »Wie nennt man dich?« greinte der Alte.
    Covenant wandte alle Anstrengung auf, um jedes einzelne Wort seiner Erwiderung durch den Sturm verständlich zu machen. »Ur-Lord Thomas Covenant, Zweifler und Träger des Weißgolds!«
    »Übelender?« keuchte der Mann, als drohe der Regen ihn zu ersticken. »Bewahrer des Lebens?«
    »Ja!«
    Der Greis tat noch einen Schritt rückwärts. Im Fackelschein wirkte sein Gesicht wie ein vollendeter Ausdruck der Bestürzung. Unvermittelt drehte er sich um und begann wacklig durch Wasser und Schlick wieder nach oben zu klimmen. »Kommt!« heulte er über die Schulter.
    »Wer ist das?« erkundigte sich Linden kaum vernehmlich.
    Covenant schenkte der Frage so gut wie keine Beachtung. »Weiß ich nicht.«
    Linden musterte ihn. »Vertrauen Sie ihm?«
    »Bleibt denn eine Wahl?« Bevor sie etwas entgegnen konnte, stieß er sich vom Stein ab, bot alle Kräfte auf und zwang sich dazu, dem Alten zu folgen. Covenants Mund war voller Regen und dem bitteren Geschmack der Schwäche. Die Belastungen der vergangenen Wochen hatten seine Kondition beeinträchtigt wie vorzeitiger Verfall. Aber der Fackelschein half ihm dabei, an der Felswand und den Felsbrocken mit den Händen Halt zu finden. Mit Lindens Unterstützung schaffte er es, sich durch das schwere Herabrauschen des Regens nach oben zu schleppen. Langsam kamen sie voran.
    Eine Strecke weiter oben betrat der Alte einen Einschnitt im Gelände, der vom Hohlweg nach rechts abzweigte. Eine grob in die Seite der Kluft gehauene Treppe führte hinunter auf ihre Sohle. Endlich gegen die Ströme von Regen abgeschirmt, brachte Covenant genug Mut auf, um sich zu fragen: Traue ich ihm? Die Fackel jedoch galt ihm als eine gewisse Sicherheit. Außer den Meistern des Holzwissens kannte er niemanden im Land, der fähig gewesen wäre, in solchem Wetter das Feuer einer Fackel zu behaupten. Es sei denn, die Lords. Covenant war jedem zu vertrauen bereit, der seinen Dienst an Holz oder Stein

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