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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Himmel vom einen bis zum anderen Horizont hellbraun geworden. Die Hitze der Sonne war von irgendwie staubtrockener Eigentümlichkeit. »Ich glaube, daß der Mörder hier unter euch weilt. Ich glaube, einer von euch ist der Mörder. Oder ist euch das auch scheißegal?« Auch darauf reagierte niemand. Jede einzelne Miene musterte ihn, als wäre er irgendein Unhold. Vollkommenes Schweigen herrschte. »Verdammnis ...« Covenant wandte sich Linden zu. »Ich mache mich bloß zum Narren. Haben Sie 'ne bessere Idee?«
    Lindens Blick zeichnete sich durch gequälte Flehentlichkeit aus. »Überhaupt nicht ... Ich war ja vorher noch nie hier.«
    »Ich scheinbar auch nicht.« Covenant konnte seinen Ärger nicht zurückhalten. »Nicht in einem derartig miesen Kaff. Früher galten Gastfreundschaft und Höflichkeit hier so viel, daß sich Leute schämten, wenn sie so was nicht zu bieten hatten.« Er entsann sich daran, welches Willkommen Trell und Atiaran, Lenas Eltern, ihm in ihrem Heim bereitet hatten, und biß die Zähne zusammen. Mit einem lautlosen Fluch richtete er sein Wort erneut an die Steinhausener. »Ist's in den anderen Orten auch so?« wollte er wissen. »Ist das gesamte Land krank vor Argwohn? Oder ist dies hier die einzige Ortschaft, wo man selbst den schlichtesten Anstand vergessen hat?« Der Mann mit dem Stab senkte seinen Blick. Sonst regte sich niemand. »Herrgott, wenn ihr uns nicht ausstehen könnt, laßt uns gehen! Wir werden unseres Weges ziehen und uns garantiert kein einziges Mal umschauen. Man wird uns in einem anderen Dorf geben, was wir brauchen.« Der Mann außerhalb des Kreises der Versammelten erlaubte sich ein Grinsen der Gehässigkeit und des Triumphs. »Verdammnis«, murmelte Covenant vor sich hin. Das Schweigen drohte ihn in den Wahnsinn zu treiben. Sein Schädel fing an zu pochen. Das ganze Tal glich einer Wüste. »Ich wollte, Mhoram wäre hier.«
    »Wer ist Mhoram?« erkundigte Linden sich matt. Ihr Blick war auf den Mann im Hintergrund gerichtet. Er zog ihre Aufmerksamkeit an wie eine offene Wunde.
    »Einer der Lords von Schwelgenstein.« Covenant fragte sich, was sie wohl an dem Mann sah. »Auch ein Freund. Er hatte ein richtiggehendes Talent dafür, mit komplizierten Situationen fertigzuwerden.«
    Linden löste ruckartig ihren Blick von dem Mann, der so hämisch grinste, und starrte Covenant an. Frust und Verdruß machten ihre Stimme herb. »Er ist tot. Ihre Freunde sind alle tot.« Ihre Schultern wölbten sich, als sie sich in ihren Fesseln wand. »Sie sind seit dreitausend Jahren tot. Sie leben in der Vergangenheit. Wie schlimm muß das alles eigentlich noch werden, bis Sie aufhören, die Verhältnisse so zu sehen, wie sie damals waren?«
    »Ich versuche zu begreifen, was sich ereignet hat!« Ihr Verweis verursachte ihm ein Schamgefühl. Er war ungerecht; trotzdem hatte er ihn verdient. Was er auch sagte, es verriet lediglich seine Unzulänglichkeit. Er kehrte sich von Linden ab. »Hört mich an!« beschwor er die Steinhausener. »Ich war schon früher hier – vor langer Zeit, während des großen Krieges gegen den Grauen Schlächter. Ich habe gegen ihn gekämpft. Damit das Land geheilt werden konnte. Und Männer und Frauen des Steinhausens Mithil haben mir geholfen. Eure Vorfahren. Das Land ist durch die Tapferkeit von Steinhausenern und Holzheimern, von Lords und Riesen, Bluthütern und Ranyhyn gerettet worden. Aber offensichtlich ist seitdem irgend etwas geschehen. Es ist etwas faul im Lande. Deshalb sind wir hier.« Er entsann sich an die alte Ballade um Kevin Landschmeißer. »›Daß nicht Übelschwämme‹«, fügte er in förmlichem Ton hinzu, »›aufs Schöne abfärben.‹« Mit Stimme und Gesichtsausdruck, mit seiner ganzen Haltung erflehte er irgendeine Reaktion, eine Kenntnisnahme seiner Worte aus dem Kreis der Versammlung, einen Kommentar. Doch die Steinhausener blieben ungerührt von seinem bittstellerischen Ersuchen. Covenants aufgeregte Bewegungen hatten die Fesseln um seine Handgelenke noch fester angezogen und dadurch die Taubheit seiner Hände verstärkt. Die Sonne begann in der Ferne Hitzewallen zu erzeugen. Covenant schwindelte; er fühlte sich überflüssig. »Ich weiß nicht, was ihr wollt«, keuchte er mit schwerer Zunge. »Ich habe keine Ahnung, wessen ihr uns für schuldig haltet. Aber was sie angeht, irrt ihr euch.« Mit dem Kopf wies er auf Linden. »Sie ist noch nie hier gewesen. Sie ist unschuldig.« Ein Schnauben der Geringschätzung unterbrach Covenant.

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